Aktuelle Ergebnisse des Finanzverhaltens österreichischer Haushalte
Wien (oenb) - Österreichische Haushalte setzen überwiegend auf liquide Anlageformen und nehmen
dabei selbst negative reale Erträge in Kauf. Trotz des anhaltend geringen Zinsniveaus fließt der Großteil
der Finanzmittel weiterhin in rasch verfügbare Einlagen. Wertpapierveranlagungen spielen kaum eine Rolle und
auch die kapitalgedeckte Altersvorsorge stößt – vor allem infolge der abnehmenden Bedeutung von Lebensversicherungen
– auf geringes Interesse. Die Sparquote liegt weiterhin über jener des Euroraums.
„Flexibilität hat für Österreichs Sparer weiterhin höchste Priorität“, erläuterte
Vize-Gouverneur Gottfried Haber das bestimmende Veranlagungsmotiv privater Haushalte im Rahmen einer Pressekonferenz
in der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB). Im Jahr 2018 flossen nicht weniger als 85 Prozent der Geldvermögensbildung
bzw. 12,2 Mrd EUR in Einlagen (einschließlich Bargeld). Selbst die ausgesprochen schlechten Ertragsmöglichkeiten
– zwischen 2015 und 2018 warf diese Anlageform real eine negative Rendite von –1,3 Prozent ab – änderten nichts
an der hohen Präferenz der Haushalte für liquide Finanzmittel. Mit monatlich 160 Euro wird heute pro
Kopf zwar weniger gespart als vor der Finanzkrise, gleichzeitig fließt mit 117 EUR aber immer mehr davon
in Einlagen (einschließlich Bargeld). Handelbare Wertpapiere wurden im Jahr 2018 nur im Ausmaß von
rund 0,4 Mrd EUR gekauft (knapp 3 Prozent der Geldvermögensbildung), die kapitalgedeckte Altersvorsorge wurde
ebenfalls nur um 0,4 Mrd EUR ausgebaut. Letztere entwickelte sich vor allem deshalb schwach, weil das Interesse
an Lebensversicherungen seit einigen Jahren abnimmt (2018 netto –1,3 Mrd EUR). Insgesamt folgt die Geldvermögensbildung
seit 2013 einem deutlich steigenden Trend und erreichte mit 14,3 Mrd EUR den höchsten Wert seit 2009. Das
Vorkrisenniveau (2007: 22,6 Mrd EUR) wird jedoch weiterhin klar unterschritten.
„Bereits seit 2015 ist deutlich erkennbar, dass sich österreichische Haushalte kaum noch an langfristige Anlagen
binden möchten“, ergänzte Johannes Turner, Direktor der OeNB-Hauptabteilung Statistik. Seither wurden
rund 77 Mrd EUR in flexible Instrumente veranlagt und gleichzeitig gebundene Formen der Geldanlage im Ausmaß
von rund 19 Mrd EUR abgebaut. Auch in einigen anderen Ländern des Euroraums wie Deutschland oder Spanien geben
private Haushalte liquiden Anlageformen zunehmend den Vorzug.
Österreichs Haushalte sparten 2018 7,7 Prozent des verfügbaren Einkommens und damit deutlich mehr als
der durchschnittliche Haushalt im Euroraum (5,1 Prozent). Im Durchschnitt der letzten zehn Jahre stieg das Einkommen
österreichischer Haushalte pro Jahr um 2,2 Prozent, im gesamten Euroraum nur um 1,4 Prozent. Allerdings ist
auch der Konsum in Österreich mit 2,7 Prozent überdurchschnittlich gewachsen (Euroraum: 1,6 Prozent).
Das Geldvermögen der österreichischen Haushalte lag Ende Juni 2019 bei 715 Mrd EUR. Der Anteil der flexiblen
und risikofreien Veranlagung in Form von Bargeld (23,9 Mrd EUR) und täglich fälligen Einlagen (165,3
Mrd EUR) machte etwa ein Viertel des gesamten Geldvermögens aus. Nicht flexible, risikofreie Veranlagungen
in Form von gebundenen Einlagen (101,6 Mrd EUR) beliefen sich auf 14 Prozent des Geldvermögens. Die Altersvorsorge
nahm Ende Juni 2019 mit 142 Mrd EUR einen Anteil von rund einem Fünftel am gesamten Geldvermögen ein.
Sie besteht aus Lebensversicherungsansprüchen (83,2 Mrd EUR), kapitalgedeckten Pensionsansprüchen (46,5
Mrd EUR) sowie Ansprüchen an betriebliche Vorsorgekassen (12,4 Mrd EUR). Handelbare Wertpapiere in Form von
Investmentzertifikaten (64,7 Mrd EUR), Anleihen (30,7 Mrd EUR) und börsennotierten Aktien (26,2 Mrd EUR) spielten
mit einem Anteil von insgesamt 17 Prozent eine untergeordnete Rolle im Portfolio des Haushaltssektors.
Während die nominelle Rendite aus Einlagen, handelbaren Wertpapieren und Altersvorsorgeprodukten zwischen
2001 und 2008 durchschnittlich noch 2,9 Prozent betrug, sank sie in den letzten zehn Jahren auf 2,4 Prozent und
in den letzten vier Jahren auf nur noch 1,4 Prozent. Nach Abzug der Inflation ergab sich im Durchschnitt der letzten
vier Jahre eine negative Rendite von –0,1 Prozent (2018: 2,8 Prozent p.a.).
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