Liquidität für Haushalte wichtiger als Rendite

 

erstellt am
22. 10. 19
13:00 MEZ

Aktuelle Ergebnisse des Finanzverhaltens österreichischer Haushalte
Wien (oenb) - Österreichische Haushalte setzen überwiegend auf liquide Anlageformen und nehmen dabei selbst negative reale Erträge in Kauf. Trotz des anhaltend geringen Zinsniveaus fließt der Großteil der Finanzmittel weiterhin in rasch verfügbare Einlagen. Wertpapierveranlagungen spielen kaum eine Rolle und auch die kapitalgedeckte Altersvorsorge stößt – vor allem infolge der abnehmenden Bedeutung von Lebensversicherungen – auf geringes Interesse. Die Sparquote liegt weiterhin über jener des Euroraums.

„Flexibilität hat für Österreichs Sparer weiterhin höchste Priorität“, erläuterte Vize-Gouverneur Gottfried Haber das bestimmende Veranlagungsmotiv privater Haushalte im Rahmen einer Pressekonferenz in der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB). Im Jahr 2018 flossen nicht weniger als 85 Prozent der Geldvermögensbildung bzw. 12,2 Mrd EUR in Einlagen (einschließlich Bargeld). Selbst die ausgesprochen schlechten Ertragsmöglichkeiten – zwischen 2015 und 2018 warf diese Anlageform real eine negative Rendite von –1,3 Prozent ab – änderten nichts an der hohen Präferenz der Haushalte für liquide Finanzmittel. Mit monatlich 160 Euro wird heute pro Kopf zwar weniger gespart als vor der Finanzkrise, gleichzeitig fließt mit 117 EUR aber immer mehr davon in Einlagen (einschließlich Bargeld). Handelbare Wertpapiere wurden im Jahr 2018 nur im Ausmaß von rund 0,4 Mrd EUR gekauft (knapp 3 Prozent der Geldvermögensbildung), die kapitalgedeckte Altersvorsorge wurde ebenfalls nur um 0,4 Mrd EUR ausgebaut. Letztere entwickelte sich vor allem deshalb schwach, weil das Interesse an Lebensversicherungen seit einigen Jahren abnimmt (2018 netto –1,3 Mrd EUR). Insgesamt folgt die Geldvermögensbildung seit 2013 einem deutlich steigenden Trend und erreichte mit 14,3 Mrd EUR den höchsten Wert seit 2009. Das Vorkrisenniveau (2007: 22,6 Mrd EUR) wird jedoch weiterhin klar unterschritten.

„Bereits seit 2015 ist deutlich erkennbar, dass sich österreichische Haushalte kaum noch an langfristige Anlagen binden möchten“, ergänzte Johannes Turner, Direktor der OeNB-Hauptabteilung Statistik. Seither wurden rund 77 Mrd EUR in flexible Instrumente veranlagt und gleichzeitig gebundene Formen der Geldanlage im Ausmaß von rund 19 Mrd EUR abgebaut. Auch in einigen anderen Ländern des Euroraums wie Deutschland oder Spanien geben private Haushalte liquiden Anlageformen zunehmend den Vorzug.

Österreichs Haushalte sparten 2018 7,7 Prozent des verfügbaren Einkommens und damit deutlich mehr als der durchschnittliche Haushalt im Euroraum (5,1 Prozent). Im Durchschnitt der letzten zehn Jahre stieg das Einkommen österreichischer Haushalte pro Jahr um 2,2 Prozent, im gesamten Euroraum nur um 1,4 Prozent. Allerdings ist auch der Konsum in Österreich mit 2,7 Prozent überdurchschnittlich gewachsen (Euroraum: 1,6 Prozent).

Das Geldvermögen der österreichischen Haushalte lag Ende Juni 2019 bei 715 Mrd EUR. Der Anteil der flexiblen und risikofreien Veranlagung in Form von Bargeld (23,9 Mrd EUR) und täglich fälligen Einlagen (165,3 Mrd EUR) machte etwa ein Viertel des gesamten Geldvermögens aus. Nicht flexible, risikofreie Veranlagungen in Form von gebundenen Einlagen (101,6 Mrd EUR) beliefen sich auf 14 Prozent des Geldvermögens. Die Altersvorsorge nahm Ende Juni 2019 mit 142 Mrd EUR einen Anteil von rund einem Fünftel am gesamten Geldvermögen ein. Sie besteht aus Lebensversicherungsansprüchen (83,2 Mrd EUR), kapitalgedeckten Pensionsansprüchen (46,5 Mrd EUR) sowie Ansprüchen an betriebliche Vorsorgekassen (12,4 Mrd EUR). Handelbare Wertpapiere in Form von Investmentzertifikaten (64,7 Mrd EUR), Anleihen (30,7 Mrd EUR) und börsennotierten Aktien (26,2 Mrd EUR) spielten mit einem Anteil von insgesamt 17 Prozent eine untergeordnete Rolle im Portfolio des Haushaltssektors.

Während die nominelle Rendite aus Einlagen, handelbaren Wertpapieren und Altersvorsorgeprodukten zwischen 2001 und 2008 durchschnittlich noch 2,9 Prozent betrug, sank sie in den letzten zehn Jahren auf 2,4 Prozent und in den letzten vier Jahren auf nur noch 1,4 Prozent. Nach Abzug der Inflation ergab sich im Durchschnitt der letzten vier Jahre eine negative Rendite von –0,1 Prozent (2018: 2,8 Prozent p.a.).

 

 

 

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