ForscherInnen untersuchten Rolle der S-Schicht in Mikroorganismen
Wien (universität) - Mikroorganismen besitzen eine besonders schützende Zellwand – die sogenannte
S-Schicht. Aber was passiert, wenn diese entfernt wird? Ein Team um Christa Schleper vom Department für Ökogenomik
und Systembiologie der Universität Wien hat eine Methode, basierend auf einer CRISPR-Genschere entwickelt,
um die Zellwand abzulösen und so ihre Funktion genauer zu untersuchen. Die ForscherInnen zeigen in ihrer aktuellen
Studie, dass die fehlende S-Schicht einen großen Effekt auf die Zellteilung und die Infektion mit Viren hat.
Die Publikation erscheint in Nature Communications.
Archaea sind einzellige Mikroorganismen, die oft extreme Lebensräume lieben. Man findet sie in Seen mit hoher
Salzkonzentration, Habitaten mit sehr niedrigen oder hohen pH-Werten, unter dem Eis der Arktis oder in vulkanischen
heißen Quellen. In der aktuellen Untersuchung haben die ForscherInnen um Schleper mit Sulfolobus solfataricus
gearbeitet – einem extrem thermophilen Archaeon, das aus einer sprudelnden 80°C-heißen, sauren und schwefeligen
Quelle in Pozzuoli, Italien, stammt.
Um diese hohen Temperaturen und niedrigen pH-Werte aushalten zu können, muss Sulfolobus eine wahrlich "dicke
Haut" haben. Das ist auch der Fall, denn betrachtet man diese Archaea unter dem Elektronenmikroskop, so erkennt
man eine symmetrisch-angeordnete Zellwand, die wie ein schützendes Kettenhemd die einzelne Zelle umgibt. Diese
proteinhaltige Zellwand wird S-layer ("surface layer" oder auch S-Schicht) genannt. Sie bildet – im Gegensatz
zur sonst eher fluiden Zelle – einen starren und stabilen Zellpanzer.
Die S-Schicht ist weit verbreitet bei Archaea und findet sich auch bei einigen Bakterien, weshalb sie wahrscheinlich
eine frühe Erfindung der Evolution darstellt und womöglich schon die ersten Mikroorganismen unserer Erde
geschützt hat. Das lässt darauf schließen, dass sie eine wichtige Rolle für das Leben eines
Mikroorganismus spielt, die möglicherweise über die Funktion des schützenden Panzers hinausgeht.
Ohne S-Schicht kann sich die Zelle nicht mehr teilen
In der aktuellen Publikation hat die Forschungsgruppe um Schleper zusammen mit der Arbeitsgruppe von Bernhard Schuster
der Universität für Bodenkultur Wien wichtige physiologische Rollen der S-Schicht erforscht. Mit Hilfe
einer eigens etablierten, auf einer CRISPR Genschere basierenden Methode konnten die ForscherInnen die Expression
des S-Schicht-Gens verringern und somit die Zellwand an der Zelloberfläche stark reduzieren bzw. ablösen.
Bei der Untersuchung konnten die ErstautorInnen Isabelle Anna Zink und Kevin Pfeifer zeigen, dass die reduzierten
Zellen bis zu fünfmal größer und deformiert waren. Zudem trugen sie mehr Genom-Kopien als gewöhnlich.
Diese Beobachtungen lassen darauf schließen, dass sich die Zellen nicht mehr teilen konnten und die S-Schicht
daher wichtig für eine kontrollierte und erfolgreiche Zellteilung ist. Zudem konnte das Sulfolobus-spezifische
Virus "SSV1" die Zellen weniger gut infizieren, was eine Rolle der Zellwand als Virusrezeptor vermuten
lässt. "In dieser Studie zeigen wir erstmals wichtige Funktionen der S-Schicht für die Zellteilung
und die Viren-Infektion. Zudem haben wir eine neue Methode etabliert, um lebenswichtige Gene in Mikroorganismen
besser untersuchen zu können", sagt Christa Schleper.
Publikation in Nature Communications
"CRISPR-mediated gene silencing reveals involvement of the archaeal
S-layer in cell division and virus infection". AUTOREN. Nature Communications.
DOI 10.1038/s41467-019-12745-x
|