HR-Tourismusgipfel in Tirol

 

erstellt am
30. 10. 19
13:00 MEZ

Wertschätzung ist das zentrale Thema in der Mitarbeiterführung
Wattens/Villach (kohl) - Unter dem Motto „Im Mittelpunkt der Mensch“ stand der Human Resources Tourismusgipfel der Hotel- und Tourismusberatung Kohl & Partner. Über 100 Führungskräfte der Tourismusbranche aus Österreich, Deutschland und Südtirol waren für einen Tag in den Swarovski Kristallwelten in Wattens nahe Innsbruck zu Gast, um hier in acht Vorträgen neueste Erkenntnisse und Bestätigung rund um die Themen Employer Branding, Recruiting und Personalführung zu erlangen.

Die Branche kämpft im Personalbereich seit Jahren mit Herausforderungen wie Fachkräftemangel, Fluktuation, demographischem Wandel und Generationenwechsel. Der Frage, wie dem am besten zu begegnen ist, gingen alle acht Referenten des Tages in ihren spezifischen Bereichen nach. Ein zentraler Lösungsansatz, der immer wieder auftaucht, lautet „Wertschätzung“. Egal ob bei der Frage, wie eine Destination oder ein Betrieb zur starken Arbeitgebermarke werden kann, wie neue Mitarbeiter gewonnen oder bestehende gut geführt und eine angenehme und gleichzeitig erfolgreiche Arbeitsatmosphäre geschaffen werden kann: gegenseitige Wertschätzung bildet die Basis.

In seiner Key Note betonte Thomas Steiner, Berater bei Kohl & Partner: „HR muss zur zentralen Management-Aufgabe werden.“ Wie zur Gästegewinnung müssen Destinationen und Betriebe auch im HR-Bereich eine Mitarbeiter-Marketing-Strategie entwickeln. Die aus dem klassischen Marketing bekannte Unique Selling Proposition wird im modernen Mitarbeiter-Marketing zur Employer Value Propostion und neben dem Customer Relationship Management System sollte es auch ein Employee Management System geben. Ziel ist es, das bestehende Team ins Boot zu holen, und Mitarbeiter zu Markenbotschaftern zu machen.

Die Schladming-Dachstein Tourismusmarketing GmbH ist in diesem Bereich einer der Vorreiter. „Beim Reden kommen die Leute zusammen“, meint Geschäftsführer Mag. Mathias Schattleitner. Deshalb ist es das Ziel der DMO, die einzelnen touristischen Leistungsträger der Region zusammen zu bringen und als Link zu fungieren, um Ressourcen zu bündeln und so Synergiepotenziale besser zu nutzen. Um Mitarbeiter langfristig zu binden, bietet die Region so innovative Programme wie den „Rezeptionisten-Treff“, der die Front Desk Mitarbeiter der Region untereinander vernetzt, zahlreiche Weiterbildungsangebote oder die Mitarbeiter Benefit Card an, bei der Beschäftigte der Region - ähnlich wie in Gästekarten-Programmen - von Sonderkonditionen bei den lokalen Freizeitangeboten profitieren. Schattleitners Wunsch an die Betriebe: „Machen Sie aktiv mit und bringen Sie Ihre Ideen ein.“

Aus Betriebssicht berichtete Dr. Jaro Rataj, Senior Berater der So.is.it GmbH Unternehmensberatung und ehemaliger Direktor des Allegria Resort Stegersbach by Reiters. „Wir legen Wert darauf, nicht die besten Mitarbeiter zu suchen, sondern die passenden“, so Rataj. Sind diese gefunden, muss aber auch der Onboarding Prozess stimmen, die Teams müssen die Möglichkeit bekommen, sich einzubringen und auch langjährige Mitarbeiter dürfen nicht vergessen werden. Eine der wichtigsten Aufgaben der Geschäftsführung ist es laut Rataj jedoch, die Philosophie der gegenseitigen Wertschätzung von oben vorzuleben, da nur so das Team-Gefühl „WIR statt ICH“ geschaffen werden kann.

Nach wie vor ist es jedoch sowohl für Betriebe als auch für Destinationen eine Herausforderung, qualifizierte Mitarbeiter zu rekrutieren. Heinz Herczeg, Geschäftsführer der lifeCREATOR CONSULTING GmbH berät Betriebe darin, die richtige Recruiting-Strategie zum passenden Mitarbeiter zu entwickeln. Herczeg rät seinen Kunden umzudenken: weg vom Recruiting, hin zum „job selling“. Der Bewerber wird zum Kunden. Und genau wie im klassischen Marketing gilt es hier, genau zu analysieren, wer die Zielgruppe ist, was die Zielgruppe will und auf welchen Kanälen die Zielgruppe am besten erreicht werden kann. Die klassische Stellenausschreibung hat ausgedient. Es geht auch hier darum, sich von den Anderen abzuheben, die Stellenbeschreibung emotional aufzuladen und die Geschichte hinter dem Job zu erzählen.

Einblick in die Mitarbeiterführung der ganz großen Player gewährte Edgar Kadner, bei Google Deutschland für das strategische Partnermanagement zuständig. Der Online-Riese arbeitet hier mit dem OKR-System: Objectives & Key Results. Zu konkreten Projekten werden relevante Ziele definiert (Objectives) und an jedes dieser Ziele werden konkrete Meilensteine geknüpft (Key Results), aus denen sich wiederum die einzelnen Aufgaben ergeben. Der große Unterschied zum klassischen „Management by Objectives“ ist, dass OKRs nicht von oben vorgegeben, sondern gemeinsam erarbeitet werden und daher auch transparent und für alle einsehbar sind. Sie sind nicht abhängig von der Entlohnung und - statt wie im herkömmlichen Fall risikovermeidend - aggressiv und ambitioniert. Denn bei Google lautet das Credo: „Wenn Sie 100% Ihrer Ziele erreicht haben, haben Sie die Ziele nicht hoch genug gesteckt“.

Zurück bei kleinen und mittelständischen Unternehmen im Tourismus ging Managing Partner von Kohl & Partner Mag. Erich Liegl im Gespräch mit Sylvia Unterkofler vom Aktivhotel Alpendorf in St. Johann i. Pongau auf die Mitarbeiter Touchpoints im täglichen Geschäft ein. Das Hotel Alpendorf darf hier als Best Practice gelten, da das Haus 2017 mit dem Award „Great Place to Work - Beste Arbeitgeber 2017 Österreich“ ausgezeichnet wurde. Große Wertschätzung untereinander und das unbedingte Miteinander zwischen allen Hierarchieebenen nennt die Gastgeberin hier als Herzstücke. Diese Philosophie wird von der Geschäftsleitung vorgelebt und wurde mittlerweile von den Mitarbeitern übernommen. Mit offensichtlichem Erfolg: auch auf der Arbeitgeber-Bewertungsplattform kununu.com darf sich das Hotel Alpendorf über 100% Weiterempfehlungsrate freuen.

Weitere Tipps für mehr „FührungsKRAFT“ gab Mag. Helmut List, ebenfalls Managing Partner der Kohl & Partner Tourismusberatung. Vertrauen ist laut List die Basis einer guten Führungskultur. Wer delegieren kann, aktiv nach konstruktivem Feedback fragt und sein Team ermutigt, Fehler offen zuzugeben, der ist auf dem richtigen Weg.

Für den fulminanten Abschluss sorgte Kriminal- und Geheimdienstanalyst Mark T. Hofmann, der spannende Einblicke in die Grundtechniken des Profilings gab und darin, Menschen zu lesen. In seinen Vorträgen überträgt er die Profiling Ansätze des FBI in den Geschäftsalltag, im Idealfall zur Anwendung beispielsweise bei Mitarbeiter- oder Vorstellungsgesprächen. Genaues Beobachten und offene Fragen sind hier der Schlüssel zum Erfolg: „Voraussetzung ist, mit Augen, Ohren, Herz und ungeteilter Aufmerksamkeit auf Details zu achten“, so Hofmann. Denn nur möglichst zahlreiche Daten lassen sinnvolle Schlüsse über das Gegenüber zu - hierin unterscheidet den Recruiter nichts vom Geheimdienstanalysten.

 

 

 

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