Linz (lk) - Die demographische Entwicklung der kommenden Jahrzehnte lässt in Österreich eine stark
anwachsende Zahl an alten und pflegebedürftigen Menschen erwarten. Derzeit beziehen bereits rund 460.000 Menschen
in Österreich Pflegegeld. Allein 2018 wurden 2,6 Mrd. Euro Pflegegeld ausbezahlt. Die grundsätzliche
positive Entwicklung einer immer älter werdenden Gesellschaft bedeutet auch höhere Kosten für die
öffentliche Hand. Am 28. Oktober trafen sich auf Einladung von Soziallandesrätin Birgit Gerstorfer
die Sozialreferent/innen der Bundesländer, um einen gemeinsamen „Aktionsplan Pflege“ zu besprechen und eine
Resolution an die künftige Bundesregierung zu verfassen.
Gerade im Bereich der Altenbetreuung- und Pflege besteht dringender Handlungsbedarf. Es braucht mehr denn
je einen gemeinsamen „Aktionsplan Pflege“ der Bundesregierung unter enger Einbindung der Länder, um
einerseits die Pflegefinanzierung zu sichern und andererseits die Unterstützungsangebote deutlich zu erweitern.
Darunter fallen unter anderem: Alten- und Pflegeheime, Kurzzeit-Pflegeplätze, Tagesbetreuungsangebote
und die Mobilen Dienste sowie die Hauskrankenpflege“, erklärt Soziallandesrätin Birgit Gerstorfer, die
derzeit den Vorsitz der Ländersozialreferent/innenkonferenz führt.
Die anwesenden Landesrät/innen der Bundesländer, darunter Stadtrat Peter Hacker (Wien), LRin Ulrike Königsberger-Ludwig
(NÖ), LR Gottfried Waldhäusl (NÖ), LRin Christiane Teschl-Hofmeister (NÖ), LH-Stv.in Beate
Prettner (Kärnten), verabschiedeten folgende Resolutionspunkte an die künftige Bundesregierung:
1. Bereich Pflegefinanzierung
a) Pflegefondsgesetz absichern
Das Bundespflegefondsgesetz regelt die Zweckzuschüsse an die Länder zur Sicherung und zum bedarfsgerechten
Aus- und Aufbau des Betreuungs- und Pflegedienstleistungsangebotes in der Langzeitpflege für die Jahre
2011 bis einschließlich 2021. Es wurden seitens des Bundes noch keine ausreichenden Initiativen gesetzt,
um einen Verhandlungsprozess zur Weiterentwicklung und vor allem Absicherung des Bundespflegefondsgesetzes über
den Zeitraum 2021 hinaus zu initiieren.
Die Landessozialreferent/innen fordern daher die ehest mögliche Aufnahme von Verhandlungen beziehungsweise
deren Vorbereitung für eine zeitgerechte Absicherung und Weiterentwicklung des Pflegefonds. Dies ist umso
dringlicher, da beispielsweise durch die Beschlussfassung zum Entfall des Pflegeregresses nicht nur die entstehenden
Kosten, sondern auch die Mehrbedarfe abzudecken sind.
b) Zukunft der Langzeitpflege – Finanzierungsmodelle
Berechnungen des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO) zeigen eine deutliche Erhöhung
der öffentlichen Ausgaben für Pflegedienstleistungen von über 300 % bis zum Jahr 2050. Das entspricht
einer durchschnittlichen jährlichen realen Steigerungsrate von 4,4 %. Österreich gibt im europäischen
Vergleich mit rund 1,5 % der Wirtschaftsleistung verhältnismäßig wenig für die Langzeitpflege
aus.
Die Landessozialreferent/innen sprechen sich daher für eine Arbeitsgruppe zwischen Bund und den Ländern
unter Einbeziehung von Expert/innen aus, um die jeweiligen Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Pflegefinanzierungssysteme
eingehend zu prüfen und zu erörtern.
2. Bereich Betroffene
a) Pflegegeld – Anpassung, allgemeine Erhöhung
Der Bundesgesetzgeber hat sich im Rahmen der Nationalratssitzung vom 2. Juli 2019 entschieden, das Pflegegeld mit
Wirkung vom 1. Jänner 2020 und in der Folge mit Wirkung vom 1. Jänner jedes Jahres gemäß der
Inflationsrate zu erhöhen. Die Landessozialreferent/innen begrüßen diese Valorisierung ausdrücklich,
weisen aber auf nach wie vor bestehende Problematiken hin:
- Wertverlust: Das Bundespflegegeld wurde seit dessen Einführung
im Jahre 1993 bis einschließlich 2019 nur in unregelmäßigen Abständen einer Valorisierung
zugeführt, was angesichts der immer steigenden Kosten im Bereich der Pflege nach wie vor keine befriedigende
Lösung darstellt. Diesen Wertverlust können auch künftige jährliche Valorisierungen nicht kompensieren.
- Krankenhaus- und Differenzruhen: Die Landessozialreferent/innenkonferenz
hat sich in zahlreichen Beschlüssen der letzten Jahre wiederholt und einstimmig für eine Aufhebung des
Krankenhausruhens und des Differenzruhens beim Pflegegeld (§ 12 Abs. 1 Z 1 BPGG, § 13 Abs. 1 BPGG) ausgesprochen,
so auch letztmalig am 24. Mai 2019. Diese Beschlüsse harren weiterhin einer Umsetzung.
b) Stärkere Berücksichtigung von individuell zusätzlichen Pflegebedarfen wie bei Demenz oder
psycho-sozialen Indikationen
Bis dato wird das Krankheitsbild der Demenz im Rahmen der Festsetzung des Pflegebedarfes nur bei Vorlage einer
bereits vorhandenen schweren geistigen oder psychischen Behinderung mit einem pauschalierten monatlichen Zeitwert
(„Erschwerniszuschlag“) abgebildet. Diese 25 Stunden pro Monat entsprechen keinesfalls der Pflege- und vor allem
Betreuungsrealität. Die Landessozialreferent/innen ersuchen daher den Bund, dementiell und ähnlich gelagerte
Erkrankungsformen entweder mittels Direkteinstufung oder der Schaffung neuer Kriterien in der Pflegegeldeinstufung
abzubilden.
c) 24-Stunden-Betreuung
Die Landessozialreferent/innen ersuchen die Bundesregierung, die 24-Stunden-Betreuung im Rahmen einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe
hinsichtlich ihrer Ausgestaltung, Förderung und Qualitätssicherung mit externer Kontrolle sowie Finanzierung
weiterzuentwickeln.
d) Pflegende Angehörige
Zur besseren Unterstützung und Entlastung pflegender Angehöriger soll die Unterstützung aus dem
Unterstützungsfonds für Menschen mit Behinderung dahingehend adaptiert werden, dass sowohl die Voraussetzungen,
als auch die Einkommensgrenzen des/der pflegenden Angehörigen, als auch die Höhe der jährlichen
finanziellen Unterstützung, verbessert werden. Für pflegende Angehörige an Demenz erkrankter Personen
soll eine eigene Richtlinie erarbeitet werden.
Es braucht, im Sinne eines Case-Management-Systems, einen flächendeckenden Ausbau von begleitenden Strukturen,
an die sich pflegende Angehörige wenden können.
Weiters soll ein Rechtsanspruch auf Pflegekarenz- und/oder -teilzeit gesetzlich verankert werden.
|