Konjunktur: Industriellenvereinigung sieht Talsohle erreicht
Wien (pdi) - Skeptisch äußert sich die Industriellenvereinigung zu der von der Bundesregierung
für das kommende Jahr geplanten Baustiftung. "Eine mit so hohen Investitionen verbundene Initiative erscheint
angesichts der bevorstehenden Infrastrukturoffensive, die bedeutende zusätzliche Bauvorhaben vorsieht, und
des von Experten vorausgesagten gravierenden Rückganges der Arbeitslosigkeit ab 2004 aufgrund der demografisch
bedingten Verknappung des Erwerbspotenzials fragwürdig", betonte der Generalsekretär der Industriellenvereinigung,
Dkfm. Lorenz Fritz, anlässlich der IV-Konjunkturpressekonferenz.
Spätestens ab 2004 werde Österreich mit verstärktem Fachkräftemangel zu kämpfen haben
Grundsätzlich warnte der IV-Generalsekretär davor, auf kritische Entwicklungen am Arbeitsmarkt mit alten
wirtschaftspolitischen Rezepten zu reagieren, deren Wirkung in der Regel zu spät kommt und die sehr teuer
sind. Damit der bevorstehende Aufschwung rasch auf den Arbeitsmarkt durchschlägt, muss auf Qualifizierung,
Flexibilisierung und Forcierung von Zukunftsinvestitionen gesetzt werden. Das jüngst verabschiedete Konjunkturpaket
der österreichischen Bundesregierung ist in diesem Sinn durchaus zu begrüßen."
Die Ergebnisse der IV-Konjunkturumfrage im Detail
Die jüngste Konjunkturumfrage der Industriellenvereinigung vom vergangenen Dezember, an der sich 500 Unternehmen
mit 223.252 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern beteiligt haben, gibt erste Hinweise darauf, dass im laufenden Abschwung
die Talsohle erreicht sein könnte. "Zwar zeigen nahezu alle erfragten Größen eine weitere
Verschlechterung an, doch hat sich das Tempo der Verschlechterung markant verlangsamt. Die Geschäftslage in
6 Monaten wird sogar merklich weniger pessimistisch beurteilt, als noch im Herbst vergangenen Jahres. Dies ist
auch der Grund dafür, dass das Konjunkturbarometer der Industriellenvereinigung - ausgehend von einem niedrigen
Niveau - erstmals seit 2 Jahren wieder deutlich nach oben zeigt", erklärte der Bereichsleiter Industriepolitik
und Ökonomie der Industriellenvereinigung, Dr. Erhard Fürst.
Die Konjunkturumfrage gibt den Unternehmen drei Antwortmöglichkeiten: gut, neutral und negativ. Errechnet
werden die (beschäftigungsgewichteten) Prozentanteile dieser Antwortkategorien, und dann wird der konjunkturreagible
"Saldo" aus den Prozentanteilen positiver und negativer Antworten (unter Vernachlässigung der neutralen)
gebildet.
Dieser Saldo hat sich bei der Frage nach der gegenwärtigen Geschäftslage geringfügig von -1 auf
-4 verschlechtert. Knapp ein Viertel der antwortenden Unternehmen geben eine schlechte Geschäftslage an. Bei
der erwarteten Geschäftslage in 6 Monaten ergeben die Antworten einen Negativsaldo von -12, der jedoch deutlich
über dem Herbstergebnis von -23 liegt. "Aus dem Durchschnitt der beiden Saldi (gegenwärtige und
zukünftige Geschäftslage) wird das dem deutschen IFO-Index vergleichbare Konjunkturbarometer errechnet,
das von -12,8 auf -7,8 gestiegen ist, aber noch immer im negativen Bereich verharrt", informierte Fürst. |
Konjunkturelle Schwäche Deutschlands spürbar
Auch bei den Fragen nach der Beurteilung des Auftragsbestands insgesamt und der Auslandsaufträge ergeben
sich Verschlechterungen, wobei der Saldo für den Gesamtauftragsbestand gegenüber dem Vorquartal minimal
von -2 auf -4 sank, jener für die Auslandsaufträge deutlicher von +2 auf -7. Mehr als ein Viertel der
Unternehmen klagen über zu niedrige Exportorders. Offenbar schlägt hier die ausgeprägte Schwäche
Deutschlands, unseres mit Abstand wichtigsten Handelspartners, durch. Bei den Produktionserwartungen für die
nächsten drei Monate ergab sich ein Saldo von -9 nach zuletzt -3 und +8 vor einem Jahr.
Rückgang der Industriebeschäftigung scheint unvermeidbar
Fallende Produktion und Kapazitätsauslastung wirken sich notwendigerweise negativ auf die Beschäftigung
aus. Mehr als ein Drittel der antwortenden Unternehmen gehen für das laufende Quartal von Beschäftigungsrückgängen
aus, lediglich 9 % von einer Zunahme. Der sich daraus ergebende Saldo von -25 bedeutet nicht nur eine weitere leichte
Verschlechterung gegenüber dem Vorquartal, sondern ist auch der am stärksten negative Saldo über
die gesamte Konjunkturumfrage. Ein Rückgang der Industriebeschäftigung scheint unvermeidbar, die vom
WIFO prognostizierten -0,7 % dürften eine Untergrenze darstellen.
Branchenergebnisse
Auch die hinsichtlich des Auftragsbestandes nach Branchen ausgewerteten Daten spiegeln die schwache konjunkturelle
Verfassung wider. Von den 17 erfassten Branchen weisen nur 6 einen positiven Saldo, also einen Überhang an
positiven Beurteilungen des Auftragsbestandes aus, nämlich Papier- und Pappeverarbeitung (+43), Fahrzeuge
(+39), Chemie (+30), Nahrungs- und Genussmittel (+24), Gießerei (+20) und Textil (+18).
Am anderen Ende des Spektrums sind die Branchen mit der größten Auftragsschwäche Bergewerke und
Eisenerzeugung (-89), Papier (-69), Lederverarbeitung (-39), Elektro (-30) und Holzerverarbeitung (-21).
Makroökonomische und wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen sprechen für Aufschwung
Erhard Fürst unterstrich, dass die makroökonomischen und wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen
überwiegend für einen baldigen Aufschwung sprechen. Die (kurzfristigen) Zinsen sind niedrig, die Öl-
und Rohstoffpreise haben sich auf tiefem Niveau stabilisiert, die Fiskalpolitik ist in einigen Ländern deutlich
expansiver geworden und von den Börsen gehen immer mehr positive Signale aus. Negative Akzente kommen von
den steigenden langfristigen Zinsen in den USA, der hartnäckigen Rezession in Japan und der argentinischen
Krise.
"Entscheidend für die heurige Wachstumsrate wird sein, wann präzise die Konjunkturwende eintritt.
Für die USA könnte diese bereits im 1. Quartal Wirklichkeit werden, haben doch mehrere der erwähnten
kurzfristigen Indikatoren zuletzt nach oben gezeigt. Für Euroland dagegen und insbesondere für Deutschland
bleiben Hinweise auf eine baldige Belebung rar, auch wenn der vielbeachtete IFO-Index zuletzt ein kleines Häkchen
nach oben "geschlagen" hat", so Fürst. |