»Graz 2003«: Erinnerungen an die Menschheit
Eine Welt von Günter Brus
Graz - Die Ausstellung "Erinnerungen an die Menschheit. Eine Welt von Günter Brus", die nun im Grazer Dom im Berg zu sehen ist, ist eine haptische Erinnerung an ein ganz besonderes Theaterereignis von 1985. Sie besteht aus allen erhaltenen Originalfragmenten des Bühnenbildes von Günter Brus zum Theaterstück "Erinnerungen an die Menschheit" von Gerhard Roth, das 1985 in der Regie von Emil Breisach im Rahmen des "steirischen herbst" im Grazer Schauspielhaus uraufgeführt wurde.

Schon vor drei Jahren erging an Graz 2003 - Kulturhauptstadt Europas das Angebot das Bühnenbild von Günter Brus zu Gerhard Roths Stück "Erinnerungen an die Menschheit" zu erwerben. Dieses Angebot wurde gerne angenommen. Die Arbeiten wurden in der Folge in den Werkstätten des ORF restauriert und von Gustav Lohrmann zu einer Ausstellung, die nun im Grazer Dom im Berg zu sehen ist, zusammengestellt. Brus zeigte sich bei der Pressekonferenz am Mittwoch erfreut darüber, dass die Relikte - laut Brus sind es immerhin rund 80 Prozent der Schaustücke - erhalten sind.

Die Ausstellung vermittelt durch ihren Aufbau - der Besucher ist gleichsam Bestandteil des Bühnenbildes - eine haptische Erinnerung an die Aufführung, die in sehr enger und intensiver Zusammenarbeit von Brus und Roth entstanden ist. Das Stück von Roth ist eine Abfolge von 28 Szenen, die bewusst fragmentarisch zu einem Stück ohne erkennbaren Handlungszusammenhang gefügt wurden und assoziativ aufeinander verweisen. Sie treten zu einer Komposition von Zeichen und Bildern zusammen, in der eine sehr weitgehende Vernunft- und Wissenschaftskritik mit einer bildhaften, metaphorischen Darstellungsform - in Wechselwirkung mit dem Bühnenbild - verknüpft wird. Gerhard Roth hätte kein reines Sprachstück geschrieben, sondern ein "Schau-Spiel", so Brus. Die Arbeiten von Brus zur Bühne zeigen dabei in fantastischer Form die Inhalte des Stückes und stehen gleichzeitig für sich als "Bühnen-Bild-Stücke".

In der Ausstellung lädt die Sichtbarmachung, die Begehbarkeit einer symbiotischen Kunstform zur Bühne und Theater den Besucher nun zum individuellen Begehen und Begreifen ein. Als Ergänzung und Einführung sind auch die Zeichnungen von Brus zu diesem - seinem ersten Bühnenbild - zu sehen. Die Installation vermittelt die Attraktion der Begehbarkeit eines Bühnenbildes, das den Besucher auch physisch auf einer Bühne zulässt. Zeitgleich werden diverse, szenisch an sich voneinander unabhängige Bilder präsentiert, schaffen eine neue Illusion. Auch die Bühnenaufführung ist im Halbstock im Dom im Berg als Video einsehbar.

Im Rahmen von Graz 2003 illustriert Brus auch das Buch "Venus im Pelz" von Leopold von Sacher-Masoch und ist in der Ausstellung "Meisterwerke der steirischen Moderne" (auf Burg Rabenstein) vertreten.

Gerhard Roth ist das Eröffnungsprojekt des neuen Grazer Literaturhauses, das Anfang Mai eröffnet wird, gewidmet, die Ausstellung "Orkus. Im Schattenreich der Zeichen".

Eröffnung: 10.01. 14 Uhr, Dom im Berg
Idee und Konzeption: Graz 2003, Gustav Lohrmann
Beteiligte: Günter Brus, Gustav Lohrmann, Wolfgang Schwetz, Stefan Sares
Durchführung: ORF
Dauer: 10.01.-23.02.2003
Ort: Dom im Berg
Öffnungszeiten: 10.00 - 18.00 Uhr
 
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