Wien (sk) - "Es ist anzuerkennen, dass die ÖVP als die mit der Regierungsbildung beauftragte Partei,
gestern erste Schritte gesetzt hat, dem Ersuchen nachzukommen, endlich Zielsetzungen für ein Regierungsprogramm
zu formulieren", sagte der stellvertretende SPÖ-Vorsitzende Heinz Fischer am Dienstag (07. 01.)
gegenüber dem SPÖ-Pressedienst.
Allerdings seien die zehn Themenschwerpunkte der ÖVP, die gestern veröffentlicht wurden, so formuliert,
"dass die ÖVP noch einen weiten Weg zurücklegen müsste und sehr substanzielle Veränderungen
erforderlich wären, um von einer teilweisen diffusen, unvollständigen und viele schwarz-blaue Schattierungen
aufweisenden Diskussionsgrundlage zu einem rot-weiß-roten Konzept zu kommen, das gemeinsam mit der SPÖ
im Interesse unseres Landes verwirklicht werden kann", stellte Fischer klar.
Das beginne schon bei dem Vorschlag der ÖVP auf Schaffung einer sogenannten Europäischen Sicherheitsunion
mit einer Beistandsverpflichtung, "also der Abschaffung der österreichischen Neutralität".
Es bestehe derzeit nicht der geringste Grund, in eine Koalitionsvereinbarung die Abschaffung der österreichischen
Neutralität aufzunehmen, sagte Fischer. Weit mehr als die Hälfte der Mitgliedstaaten der EU, darunter
sogar auch solche Staaten, die bereits der NATO angehören, seien derzeit für eine militärische Beistandsverpflichtung
zwischen den EU-Staaten nicht zu haben und auch die Ergebnisse des Konvents in diesem Bereich seien derzeit noch
nicht absehbar.
"Was wir brauchen, ist eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik auf europäischer Ebene und
die Weiterentwicklung der Europäischen Union zu einem echten aktiven Friedensprojekt, aber keine Beistandspakte
oder Militärbündnisse. Es gibt daher keinen seriösen Grund, dass sich Österreich vorauseilend
und von den Positionen vergleichbarer Staaten abweichend auf eine militärische Beistandsverpflichtung und
damit auf die Aufgabe der Neutralität festlegt", unterstrich Fischer.
Es müsse in diesem Zusammenhang auch daran erinnert werden, dass die ÖVP und FPÖ noch vor wenigen
Monaten im Wahlkampf die Abschaffung der Neutralität als "nicht aktuell" bezeichnet haben. "Dabei
kann und soll es bleiben, denn Wahrheit und Richtigkeit können in einer so zentralen Frage nicht eine Tochter
der Zeit sein", betonte Fischer.
Im übrigen sei der ÖVP sicher bewusst, "dass ihr 10-Punkte-Programm mit Materien und Zielsetzungen
gespickt ist, die nur durch Verfassungsänderungen bewegt oder gelöst werden können. Das gilt nicht
nur für die vorgeschlagene Aufgabe der Neutralität, sondern natürlich auch für den Verfassungskonvent
(bzw. die Umsetzung allfälliger Ergebnisse) für den gesamten Komplex der Staatsreform, für Änderungen
im Bereich der Schulorganisation, für die Briefwahl und für zahlreiche andere Punkte, bei denen allerdings
aufgrund der stichwortartigen Formulierungen noch nicht genau erkennbar ist, in welchem Umfang Verfassungsänderungen
notwendig sind bzw. in welchem Umfang einfach gesetzliche Änderungsversuche von Verfassungswidrigkeit bedroht
wären", ergänzte der stv. SPÖ-Chef.
Abschließend verwies Fischer auf die "ebenso klaren wie konstruktiven Positionen", die die SPÖ
bei ihrer jüngsten Präsidiumstagung formuliert habe und "auf die die ÖVP in ihrem 10-Punkte-Programm
leider nicht wirklich eingegangen ist". |