Regierungsbildung
 Fischer: Sondierungsgespräche werden professionell geführt
Nicht vorstellbar, dass SPÖ Ankauf von Abfangjägern zustimmt
Wien (sk) - Als "professionell" bezeichnete der stellvertretende SPÖ-Vorsitzende Heinz Fischer am Mittwoch (15. 01.) die Sondierungsgespräche zwischen SPÖ und ÖVP in den Untergruppen. "Wir sind weit weg davon, uns anzuagitieren. Es sitzen Leute in den Runden, die wissen, worum es geht, und wo bei einer Tasse Tee alle Probleme in aller Nüchternheit besprochen werden", so Fischer. Er geht davon aus, dass "wir nächste Woche ein klareres Bild haben werden, wo die Hauptprobleme liegen und welche größeren Schwierigkeiten es gibt".

Die Sondierungsgespräche seien nicht dazu da, ein gutes Klima zu schaffen, oder zu zeigen, dass es nicht geht, sondern um taugliche Lösungen zu finden. Fischer kann sich aber nicht vorstellen, dass die SPÖ-Abgeordneten einem Regierungsprogramm zustimmen, das den Ankauf von Abfangjägern zum Inhalt hat. Es gebe dafür kein notwendiges Argument. Fischer sieht ebenfalls keinen Grund dafür, vom Prinzip der sozialen Symmetrie und der sozialen Gerechtigkeit abzugehen. Zudem gibt es für den stv. SPÖ-Vorsitzenden keinen Grund, an Maßnahmen mitzuwirken, die auf eine Beseitigung der Neutralität hinauslaufen.

Aus Sicht der SPÖ sei der Ankauf der Abfangjäger eine sehr wichtige Frage. Zwar wisse er nicht, wie die ÖVP oder die FPÖ mit dieser Frage umzugehen gedenken, so Fischer, er verwies aber darauf, dass diese beiden Parteien ursprünglich in ihrem Koalitionsübereinkommen die Anschaffung der Abfangjäger an die budgetären Möglichkeiten gebunden haben. "Das sollte man ernst nehmen", unterstrich der stv. SPÖ-Vorsitzende und verwies auf das hohe Defizit im abgelaufenen Jahr.

Fischer unterstrich zum Thema Regierungsbildung: "Das Einzige, das sicher ist, ist dass die SPÖ ihre Verantwortung übernehmen wird. Was nicht sicher ist, ist, ob sie es in einer Regierung tut."

SPÖ in höchstem Maße zu Gesprächen mit anderen Parteien bereit
Als eine der großen Reformnotwendigkeiten, die von einer künftigen Regierung umzusetzen sei, bezeichnete Fischer die Staatsreform. "Da liegen wirkliche Chancen vor uns. Die Staatsreform ist viel komplexer als bloß Kompetenzen hin- und herzuschieben." Als ein Vehikel, um diese Reform umsetzen zu können, sieht Fischer einen Konvent, der hochqualifiziert und kompetent besetzt werden müsse. Der Konvent soll seine Arbeit bis November 2004 erledigen, die restliche Legislaturperiode sei zur Umsetzung der Maßnahmen notwendig. "Die SPÖ ist im höchsten Maße zu Gesprächen mit den anderen Parlamentsparteien über dieses Thema bereit", unterstrich der stv. SPÖ-Vorsitzende.

Um eine möglichst hohe Effizienz des Konvents zu erreichen, müsse ein Team aus Persönlichkeiten gebildet werden, die mit Sachkenntnis, Ernsthaftigkeit und Engagement an der Weiterentwicklung des Staatsaufbaus arbeiten sollen. Der Konvent solle aber nicht zu groß sein, da er sonst zu schwerfällig wird. Es sollen alle Parteien durch kompetente Persönlichkeiten vertreten sein, weiters sollen nach Vorstellung Fischers hochqualifizierte Vertreter der Wissenschaft, der Bundesregierung, der Länder, Städte und Gemeinden und die Präsidenten der Höchstgerichte am Konvent teilnehmen. Fischer plädierte auch für Vertreter der Sozialpartner und für drei oder vier Persönlichkeiten, die ad personam teilnehmen sollen, da man auf ihren Rat nicht verzichten könne.

Der Konvent soll neben dem Plenum einen hochqualifizierten und allgemein anerkannten Vorsitzenden haben, ein Präsidium aus ca. zehn Personen und ein Büro. Für Fischer bilden folgende Themen die Schwerpunkte der Aufgaben des Konvents: die Aufgabendefinition des Staates, die Kompetenzverteilung, die Institutionenreform, die Verkürzung der Instanzenzüge, die Zusammenführung von Einnahmen- und Ausgabenverantwortung, die Neuregelung der Verwaltungsgerichtsbarkeit und der Ausbau der Kontrollbefugnissen, die Vermeidung von Verfassungssplitterung durch Inkorporationsgebot, das zeitgemäße Legalitätsprinzip und als Schlussstein als Wiederverlautbarungsprojekt.

Als Ergebnis des Konvents müsse laut Fischer "nicht zwingend" eine Gesamtänderung der Verfassung herauskommen. Er möchte am demokratischen Prinzip nichts ändern, nichts am Bundesstaatsprinzip, es sollen die Bundesländer nicht abgeschafft werden, es soll auch nichts am republikanischen Prinzip und nichts am Rechtsstaatsprinzip geändert werden. Sollte der Konvent trotzdem so weit gehen, wäre eine Volksabstimmung zwingend. Es könne natürlich auch sein, dass sich ein hohes Bedürfnis im Konvent bildet, die Bevölkerung über die Legimitation der Arbeit des Konvents zu befragen. Jetzt sei man allerdings erst in der Phase, sich an einen Konvent heran zu tasten.

Der Konvent sei selbstverständlich nicht nur ein Projekt für die SPÖ, wenn sie in der Regierung ist, versicherte Fischer. Ein Staatsreformkonvent habe auch Sinn, wenn die SPÖ in der Opposition ist. Eine Oppositionspartei werde die Arbeit des Konvents noch kritischer und sorgfältiger beurteilen als eine Regierungspartei. Fischer konnte jedoch nicht beurteilen, welche Dynamik es für die Arbeit im Konvent nehmen würde, falls die SPÖ Oppositionspartei bleibe. Die Diskussion zum Konvent sei aber bereits so weit gediehen, dass er auf jeden Fall kommen werde. Es stehe nur nicht fest, in welcher Form.

U-Ausschüsse sollen auch von weniger als einem Drittel der Abgeordneten einberufen werden können
Der parlamentarische Untersuchungsausschuss als Minderheitsrecht sei für die Sozialdemokratie ein wichtiges Thema, unterstrich Fischer. Unabhängig davon welche Parteien die Regierung bilden, sollten sie den Mut haben, einen solchen Schritt zu setzen. Mehr Transparenz für den Bürger und weniger Amtsverschwiegenheit seien wichtige Ziele, dazu gehöre für Fischer auch die Aufwertung der Volksanwaltschaft, damit diese Institution "mehr Kraft" bekommt.

Eine Stärkung der Minderheitsrechte bedeute natürlich auch, dass man nicht einfach sagen könne, ein Drittel der Abgeordneten sei notwendig, um einen Untersuchungsausschuss einberufen zu können. Bei einer großen Koalition würde dieses Konzept nicht greifen, da die Opposition gemeinsam weit weniger als ein Drittel der Abgeordneten stellt. "Das ist nicht im Sinne dessen, was wir uns jetzt vorstellen", so Fischer. Es müsste eine Mechanik geschaffen werden, um einen U-Ausschuss auch dann einberufen zu können, wenn die Opposition kleiner als dieses eine Drittel sei.

Andererseits würde Fischer auch Einschränkungen für die Einberufung eines Untersuchungsausschusses vorsehen, seien sie inhaltlich oder auch in der Anzahl, die einer Partei zustehen, da sonst eine "Regierung mit derartigen Ausschüssen zugeschüttet werden könnte".

Fischer nahm in der Pressekonferenz die Gelegenheit wahr, um ein engagiertes Plädoyer gegen einen Krieg gegen den Irak und seinen skrupellosen Diktator Saddam Hussein zu formulieren. "Man würde damit sehenden Auges tausende unschuldig getötete Zivilisten und zehntausende verwundete, verkrüppelte Menschen in Kauf nehmen - von der politischen Frage ganz zu schweigen."

Es gebe wahrscheinlich Situationen, wo der Militärschlag ein Notwehrakt sei, um ein noch viel größeres Übel abzuwehren. Eine solche Situation liege nach Ansicht Fischers aber nicht vor. Man müsse den Waffeninspektoren alle notwendige Zeit geben und anschließend eine genaue Analyse des Materials vornehmen, forderte Fischer abschließend.
     
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