Voggenhuber: Deutsch-französische Notbremse im Konvent gezogen
Straßburg (grüne) - EU-Parlamentarier Johannes Voggenhuber hat den deutsch-französischen
Vorstoß zur Schaffung einer "europäischen Doppelspitze" aus EU-Kommissions- und Ratspräsident
entschieden abgelehnt. Voggenhuber, der Mitglied im EU-Verfassungskonvent ist, wertete den Vorschlag am Mittwoch
(15. 01.) weniger als deutsch-französischen Motor in der laufenden EU-Reformdebatte,
als vielmehr den Versuch, die "Notbremse" im Konvent zu ziehen. Der Vorstoß ziele klar in Richtung
"Regierungseuropa" und werde keine Mehrheit im Konvent finden, sagte der grüne Europaabgeordnete.
Es sei "traurig", dass sich Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac und der deutsche Bundeskanzler
Gerhard Schröder nur einen einzigen Punkt aus der umfassenden Verfassungsdebatte im Konvent herausgesucht
hätten, kritisierte Voggenhuber. Und der laute: "Wer darf im Hermelin auf dem Balkon erscheinen?"
Der Vorschlag enthalte nichts zu den vielen anderen Konventthemen wie soziales Europa oder Gemeinsame Außen-
und Sicherheitspolitik.
Voggenhuber warnte davor, das Amt des Ratspräsidenten "nebenberuflich" ausüben zu lassen. Dies
sei der Fall, wenn der Ratspräsident gemäß deutsch-französischem Vorschlag aus den Reihen
der EU-Staats- und Regierungschefs bestimmt werde. Unklar sei auch, was passiere, wenn der betreffende Ministerpräsident
im eigenen Land abgewählt werde. Der ebenfalls erwogenen Wahl eines ehemaligen Regierungschefs - etwa Felipe
Gonazlez oder Franz Vrantizky - spricht Voggenhuber jede demokratische Legitimation ab.
In dem Vorschlag zur Schaffung eines vom Europäischen Parlament gewählten EU-Kommissionspräsidenten
und einem aus dem Europäischen Rat bestimmten Ratspräsidenten sieht Voggenhuber den Versuch, das "unglückliche
französische Kohabitationsmodell" auf Europa zu übertragen. Wie schlecht ein solches System funktioniere,
wenn der direkt gewählte Präsident aus einem politischen Lager stamme und hinter dem Ministerpräsidenten
eine Mehrheit des anderen Lagers im Parlament stehe, habe die Regierung von Präsident Jacques Chirac und Premierminister
Lionel Jospin vorgeführt.
Auch die Bestellung des Ratspräsidenten für fünf Jahre lehnt Voggenhuber ab. Stattdessen solle das
jetzige halbjährliche Rotationssystem beibehalten werden. Mit dem deutsch-französischen Vorschlag wird
sich der Konvent am kommenden Montag bei einer umfassenden Debatte über die Reform der EU-Institutionen befassen. |