Bischof Lackner: Zölibat gehört zum Priestertum
Der steirische Weihbischof Franz Lackner nahm in einem "Presse"-Interview zu den Themen Glaubensverlust, Zölibat, AIDS und dem Türkei-Beitritt zur EU Stellung
Graz (kath.net) - "Derzeit bläst der Kirche ein eisiger Wind entgegen." Das stellte der Grazer Weihbischof Franz Lackner in einem Interview mit der Tageszeitung "Die Presse" fest. "Wir leiden im westlichen Europa darunter, dass wir unheimlich viel wissen, auch über Gott. Ganze Bibliotheken sind voll mit Büchern über ihn. Gleichzeitig ist uns aber das ursprüngliche Anliegen des Glaubens verloren gegangen. Die Menschen spüren nicht mehr, dass es um Gott geht. Es besteht die Gefahr, dass wir nur 'Flußbettgestaltung' betreiben, statt uns um die Quelle des Flusses zu bemühen. Die Frage muss nun lauten: Wie können wir die Quelle unseres Glaubens, die Jesus heißt, erneut zugänglich machen?"

Die Gefahr der "eigenen scheinbaren Wichtigkeit" werde für die Kirche immer bestehen, sagte Lackner: "Umso bedeutender ist eine Jesus- und Gottzentriertheit. Sonst kann es passieren, dass statt Jesus eine Institution an die Stelle des Bräutigams tritt. Aufgabe der Kirche ist es, den Menschen Christus zu zeigen. Daran ist sie zu messen." Befragt, ob der Zölibat noch "zeitgemäß" sei, sagte Lackner: "Diese Leere in Bezug auf menschliche Erfüllung ist ein Hinweis auf Gott und gehört zum Priestertum. Ich kann mir schwer vorstellen, verheiratet und Priester zu sein. Generell wäre die Abschaffung des Zölibats vielleicht möglich. Die Kirche würde aber mehr verlieren als gewinnen."

Welchem "Lager" der neue Weihbischof angehöre, lautete eine Frage. Lackner: "Ich bin konservativ, wenn es darum geht, Ursprüngliches zu erhalten, aber liberal, wo es um die Freiheit des Menschen geht, wobei frei nicht willkürlich heißt. Wir müssen die Einzigartigkeit jedes Einzelnen respektieren, ihn an der Hand nehmen und mit ihm gehen lernen." Ansprochen auf AIDS sagte der Bischof: "Ich glaube nicht an einen strafenden Gott. Es gibt Geißeln, wie Not und Unterdrückung, auch Aids kann eine sein. In Zusammenhang mit Gott würde ich diesen Begriff aber nicht verwenden. Gott steht immer auf der Seite der Schwachen, und Sünder sind bei Jesus immer recht gut ausgestiegen."

Im politischen Bereich befragte "Die Presse" den Weihbischof zur Ausländerthematik. Wichtig sei die Integration, betonte Lackner. "Wo Probleme auftreten, muss man diese ansprechen dürfen. Ein wehrhaftes Christentum als Bollwerk gegen den Islam auszurufen, wäre ganz falsch." Ob die Türkei Mitglied in der EU werden könne? Lackner: "Noch scheinen mir weder die Türkei noch Europa reif zu sein. Man soll aber nicht von vornherein ein absolutes Nein sagen. Europa verdankt zwar seinen christlichen Wurzeln seine Identität und sein Niveau, ist aber mittlerweile nicht mehr einheitlich christlich." Auf Österreich bezogen wünsche er sich politisch einen "möglichst breiten Konsens".
 
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