Erweiterung steht im Mittelpunkt der griechischen Präsidentschaft
Griechenland setzt praktische Schritte zur Aufnahme der zehn Mitglieder
Wien/Brüssel (aiz.info) - Die Umsetzung des in Kopenhagen festgelegten Erweiterungsprozesses steht im Mittelpunkt der griechischen Ratspräsidentschaft. Die EU-Präsidentschaft stelle "ein machtvolles Instrument" dar, sagte der Botschafter Griechenlands, Christos G. Alexandris, das mit 01.01. zum bisher vierten Mal die Präsidentschaft in der EU übernommen hat. Er verwies darauf, dass der griechische EU-Vorsitz oft mit wichtigen Zäsuren in der europäischen Entwicklung zusammenhing, so sei auch die EU-Erweiterungsrunde, die den Beitritt Österreichs besiegelte, in Korfu finalisiert worden. Für die Griechen "war Europa immer ein kulturell-politischer Bezugspunkt", ob unter der Ottomanen-Herrschaft oder zur Zeit der Militärregierung.
Im Erweiterungsprozess stehe Griechenland vor der Aufgabe, praktische Schritte zur Aufnahme der zehn neuen Mitglieder zu setzen, sagte Alexandris. "Es geht nicht einfach um die Beitrittszeremonie am 16.04." Zu diesem Datum ist geplant, dass die zehn Neumitglieder - Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn, Slowenien, Estland, Lettland, Litauen, Zypern und Malta - in Athen die Verträge zum Beitritt, der am 01.05.2004 erfolgen soll, feierlich unterzeichnen. Konkret, so der Botschafter, werde der griechische EU-Vorsitz die Formulierung der Verträge mit ihren legistischen Aspekten überwachen.

Als weiteren Schwerpunkt des EU-Vorsitzes sieht Alexandris die Heranführung der Balkan-Staaten an die EU, wie Rumänien und Bulgarien, aber auch Kroatien. Athen habe die Balkan-Staaten immer "ermutigt, sich nach Europa zu wenden". Es sei an spezielle Wirtschaftshilfen gedacht, als Perspektive sei das Jahr 2007 ins Auge gefasst.

Vorbereitungen für die Unterzeichnung des Beitrittsvertrages laufen auf Hochtouren
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind die Rechtsabteilungen des Rates und der Kommission damit beschäftigt, den Beitrittsvertrag auf Grundlage der jüngsten, beim "Finish" der Verhandlungen auf dem Gipfel von Kopenhagen getroffenen Entscheidungen auszuarbeiten. Aus Quellen des griechischen Vorsitzes geht hervor, dass die Endversion des Vertrages in englischer Sprache Ende Jänner fertig sein wird, um dann unverzüglich dem Europäischen Parlament (EP) vorgelegt zu werden. Die Ausfertigungen in den übrigen Sprachen werden nach und nach folgen, so dass das EP den Beitrittsvertrag in allen Amtssprachen der EU spätestens am 20.02. zur Verfügung haben wird, um seine Zustimmung zum Beitritt der zehn neuen Mitgliedsstaaten auszuarbeiten. Die Abstimmung im Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten des EP ist für den 19.03. geplant und die Abstimmung des Europäischen Parlaments in Vollversammlung ist auf der Sitzung im April (07. bis 10.04.) vorgesehen.

Das EP beabsichtigt, zehn individuelle Abstimmungen (Land für Land) durchzuführen, doch es versteht sich von selbst, dass die Beitrittsverträge lediglich in ihrer Gesamtheit abgelehnt oder gebilligt werden können. Sobald die Zustimmung des EP erfolgt ist, obliegt es den Mitgliedsstaaten, den Vertrag zu billigen - was für die Sitzung des Rates "Allgemeine Angelegenheiten" vom 14. und 15.04. vorgesehen ist - am Vorabend der Unterzeichnungszeremonie. Die Unterzeichnung des Vertrages wird darüber hinaus auch den Beginn der parlamentarischen Ratifizierungen in den Parlamenten der 15 derzeitigen Mitgliedsstaaten und der zehn künftigen Mitglieder darstellen. In allen zehn neuen Mitgliedsstaaten werden Volksabstimmungen über den EU-Beitritt durchgeführt werden, wobei Zypern jedoch sehr wahrscheinlich eine Ausnahme darstelle und keine Volksabstimmung abhalten wird. Ab dem 01.05.2003 können etwa 147 Vertreter der beitretenden Länder als Beobachter an den Arbeiten des Europäischen Parlaments teilnehmen (ohne Stimmrecht).

Beitrittsverhandlungen mit Bulgarien und Rumänien werden fortgesetzt
Gleichzeitig beabsichtigt der griechische Vorsitz, der Fortsetzung der Beitrittsverhandlungen mit Bulgarien und Rumänien, deren Beitritt im Allgemeinen für 2007 erwartet wird, einen kräftigen Schub zu verleihen. Mit den beiden Ländern sind zwei Verhandlungssitzungen auf Ebene der Stellvertreter vorgesehen (die erste Anfang April, die zweite Anfang Juni) sowie eine Ministertagung (Außenminister) am Rande des Rates "Allgemeine Angelegenheiten" vom 17. und 18.06. Bulgarien und Rumänien, die beide sehr enge Beziehungen mit Griechenland unterhalten, haben bereits hervorgehoben, dass sie vom griechischen Vorsitz Fortschritte des Beitrittsprozesses erwarten. Der bulgarische Außenminister teilte sogar mit, dass sein Land im Laufe des Jahres 2003 beschließen könnte, ein ehrgeizigeres Zieldatum ("target date") als 2007 für den Beitritt zu verabschieden.

Griechischer Vorsitz wacht über Fortschrittsberichte der Bewerberländer
Schließlich wird der griechische Vorsitz auch den "verstärkten Überwachungsprozess" für die ersten zehn künftigen Mitglieder einführen. In ihrem Strategiepapier im Anhang zu den regelmäßigen Berichten im Jahr 2002 hat die Kommission vorgeschlagen, ein "verstärktes Überwachungssystem" einzuführen, um zu prüfen, ob die künftigen Mitgliedsstaaten im Jahr 2003 (also nach Abschluss der Verhandlungen) ihre gesetzgebenden und administrativen Bemühungen fortsetzen werden, um den gesamten Besitzstand bei ihrem Beitritt im Mai 2004 richtig anzuwenden. Die Kommission verpflichtete sich, die Fünfzehn regelmäßig über die Ergebnisse dieser "verstärkten Überwachung" zu informieren und sechs Monate vor der Erweiterung einen Schlussbericht vorzulegen (spätestens Ende Oktober 2003). Ein erster Zwischenbericht zur Überwachung wird den Fünfzehn nach Quellen des griechischen Vorsitzes bereits im Februar vorgelegt, gefolgt von einem weiteren im Mai.

Referenden in den Bewerberländern
In allen Bewerberländern werden im ersten Halbjahr Referenden stattfinden. Ungarn wird am 12.04. über einen EU-Beitritt abstimmen, Litauen am 11.05., die Slowakei Mitte Mai, die Tschechische Republik Mitte Juni, Estland am 14.09. und Lettland am 20.09. In Slowenien ist der genaue Termin noch nicht bekannt. Eine Entscheidung wird in den nächsten Tagen erwartet, jedoch besteht unter den politischen Kräften Sloweniens ein Konsens darüber, dass das Referendum im März abgehalten werden soll. Was Polen betrifft, wurde noch kein offizieller Termin angekündigt, aber das Datum 08.06. scheint wahrscheinlich. Eine Entscheidung darüber wird in den nächsten Tagen erwartet.
 
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