Georg Rendls Erbe als kulturhistorischer Schatz
Schausberger beim Zukunftsdialog: Mit dem künstlerischen Erbe Heimatbegriff repolitisieren / Zurück zum menschlichen Maß
Salzburg (lk) - „In einer zunehmend anonymer werdenden Welt ist eine regionalistische Politik des Überschaubaren, des menschlichen Maßes und der Stärkung der kleinräumigen Struktur die obligatorische Antwort". Dies erklärte Landeshauptmann Dr. Franz Schausberger am Donnerstag (23. 01.) bei einem Informationsgespräch wenige Tage vor dem 100. Geburtstag (1. Februar 1903) des Salzburger Schriftstellers und Malers Georg Rendl in dessen Wahlheimat St. Georgen. Wissenschafter und Kulturinteressierte haben sich dort zu einem Symposion eingefunden, um in einem Zukunftsdialog Schaffen und Werke, aber auch das Leben Rendls zu diskutieren und den Menschen Georg Rendl als menschliches Maß und zugleich als Bekenntnis zur eigenen Geschichte und Identität näher zu bringen.

„Die Repolitisierung von Heimat erachte ich daher als eine der wichtigsten Aufgaben einer Politik, die den Anspruch erhebt, ihren Sitz im Leben zu haben. Was dem einzelnen Menschen und den Gemeinschaften ein Zuhause sichert und Heimat, Identität und Geborgenheit vermittelt, daran hat sich die Politik zu orientieren", machte Schausberger das kulturpolitische Anliegen hinter den Veranstaltungen rund um Georg Rendl deutlich. Die Weltoffenheit und internationale Aufgeschlossenheit unseres Landes seien kein Widerspruch zum Bekenntnis zur eigenen Geschichte und Identität als Interessen- und Schicksalsgemeinschaft.

Der heutige Zukunftsdialog bildet den Auftakt des Rendl-Jahres 2003, für das eine Vielzahl von Veranstaltungen in Aussicht genommen ist: Dazu zählen Ausstellungen, Lesungen, Theateraufführungen, die Enthüllung einer Gedenktafel, die Eröffnung des Rendl-Hauses oder die Abhaltung eines Symposions. „Auch das Land Salzburg wird seinen Beitrag leisten, der natürlich in erster Linie ein finanziell unterstützender ist. So wird das Land Salzburg allein zum Projekt Rendl-Haus ca. 65.300 Euro beitragen", sagte Schausberger. Auch für die Ausstellung im Salzburger Museum Carolino Augusteum trägt das Land selbstverständlich seinen Anteil als einer der beiden Träger dieser Einrichtung.

Bekanntester Schriftsteller seiner Generation
Der Maler und Schriftsteller Georg Rendl galt schon zu Lebzeiten neben Karl Heinrich Waggerl als der bekannteste Salzburger Schriftsteller seiner Generation. 1903 in Zell am See als Sohn eines Eisenbahners und passionierten Imkers geboren, besuchte Rendl ab 1915 die Realschule in Salzburg und kam hier mit seinen Schulkollegen Josef Kaut, dem Schauspieler
Richard Tomaselli und dem Musikwissenschafter Erich Schenk rasch in Kontakt mit zeitgenössischer Literatur. Seine ersten Gedichte erschienen in der regionalen Zeitschrift „Der blaue Föhn", der durch Papierspenden Bernhard Paumgartners hektographiert werden konnte. 1920 verließ Rendl vorzeitig die Realschule und arbeitete zunächst bis 1928 in der Bienenzucht seines Vaters, dann als Streckenarbeiter bei der Bahn, als Hilfsarbeiter bei einem Kraftwerksbau, in der Bürmooser Ziegelei und schließlich in einer Tafelglasfabrik in Attnang-Puchheim. Jahre der Arbeitslosigkeit folgten. In diese Zeit fällt auch seine Wandlung vom Atheisten zum gläubigen Christen, die in eine besondere Verehrung des Heiligen Franz von Assisi mündete. Seine persönlichen Erfahrungen und Erlebnisse fanden als autobiographische Elemente unmittelbaren Eingang in Rendls schriftstellerisches Schaffen. 1934 heiratete Rendl die Salzburger Notarstochter und Säuglingspflegerin Bertha Funke, die ihm auch im technischen Sinn als Schreibkraft und Lektorin stets zur Seite stand. Von 1938 bis zu seinem Tod 1972 lebte Rendl in seinem Haus in der Gemeinde St. Georgen, deren Ehrenbürger Rendl seit 1951 auch war.

„In seiner Doppelbegabung als Schriftsteller und Maler zählt Georg Rendl zweifellos zu den bedeutendsten Künstlern Salzburgs. Sein 100. Geburtstag am 1. Februar dieses Jahres soll ein willkommener Anlass sein, Leben und Wirken dieses Künstlers wieder in Erinnerung zu rufen, ihm - unterstützt durch die moderne Literaturkritik - einen festen Platz in der deutschsprachigen Literatur- und Kulturszene zu schaffen", so der Landeshauptmann.

Vordenken für die Zukunft
Zukunftsdialoge zur Beschäftigungssituation im Land Salzburg, zum Thema „Gemeinsam Arbeit schaffen", zur Zukunft der EU oder zum Schutz vor Naturkatastrophen – eine Thematik, die übrigens auch das Wohnhaus von Georg Rendl leider nicht unberührt lässt – sind dem heutigen Zukunftsdialog bereits vorausgegangen. Wie es Aufgabe des Dialogs im zwischenmenschlichen Zusammenleben ist, den Verständigungsgrad im kommunikativen Prozess ganz allgemein zu optimieren, sei es Aufgabe dieser Zukunftsdialoge, durch einen kreativen diskursiven Prozess zu Themen mit hoher landespolitischer Aktualität und Relevanz aus allen Lebensbereichen - sozusagen für zentrale Anliegen unserer Zeit in Staat und Gesellschaft - Vorschläge und Problemlösungen zu erarbeiten. „Die Kontaktnahme mit dem Visionären des 21. Jahrhunderts ist dabei ganz und gar nicht untersagt, ich behaupte vielmehr je visionärer, umso besser", machte Schausberger deutlich.

Zu diesen Themen gehöre gerade bei uns in Salzburg selbstverständlich auch unser reiches „Kulturelles Erbe" u.a. mit den Themenschwerpunkten „Heimat, Landesbewusstsein, regionale Identität, Sprache und Literatur, Regional- und Lokalmuseen oder Volksschauspiel und Volkslied. Angemessen für eine Einrichtung, die sich Zukunftsdialog nennt, soll das Bewährte mit einer neuen – oft kritisch beurteilten – Sicht konfrontiert werden. Zur Stärkung dieser Zielsetzungen wurde von Schausberger 1997 mit der Salzburger Sparkasse als Partnerin nach erfolgreichen internationalen Vorbildern auch die „Aktion Salzburger Kulturgüter" ins Leben gerufen, welche die Aufgabe übernommen hat, das reiche kulturelle Erbe Salzburgs der in- und ausländischen Öffentlichkeit bekannt zu machen.

Dem kulturellen Erbe Georg Rendls verpflichtet
„Die Georg-Rendl-Gesellschaft versteht sich dem kulturellen Erbe des Salzburger Schriftstellers, Dichters und Malers verpflichtet. Dazu gehören die Pflege des Nachlasses und die Erforschung des Lebens und Wirkens des Künstlers sowie aller Umstände, die mit den Werken von Georg Rendl zusammenhängen", erklärte der Präsident der Georg-Rendl-Gesellschaft, Prof. Josef Standl. Zahlreiche Veranstaltungen, wie die große Ausstellung im Salzburger Museum Carolino Augusteum, oder der Leseabend mit Karl Merkatz im ORF-Landesstudio, seien angeregt worden oder werden in Zusammenarbeit durchgeführt, mehr als drei Dutzend anderer führt die Gesellschaft selbst durch. Die Georg-Rendl-Gesellschaft habe sich darüber hinaus lang-fristige Ziele gesetzt, die für sie zukunftsträchtige Projekte bedeuten, wie die Renovierung des Georg-Rendl-Hauses in St. Georgen, die Restaurierung vieler Einrichtungsgegenstände und Bücher sowie die Anregung zur Wiederherausgabe von literarischen Werken und die Neuauflage von Theaterstücken, so Standl.

Der Maler Georg Rendl - Ausstellung im SMCA
Der in Salzburg fast nur als Dichter und Schriftsteller („Bienenroman", „Die Glasbläser von Bürmoos") bekannte Georg Rendl ist auch ein bemerkenswerter Maler gewesen. Rendl hat sich nach einer schöpferischen Krise Anfang der sechziger Jahre, also schon in weit fortgeschrittenem Alter, weitgehend auf die Malerei verlegt, die er seit seiner Jugend eher nur hobbymäßig betrieben hatte. In den wenigen Jahren bis zu seinem Tod entstand ein Oeuvre von rund 200 Ölbildern - eine Anzahl, die sogar einem Nur-Maler zur Ehre gereichen würde. Nur ein einziges Mal, im Jänner 1966, trat Rendl mit seinem „verborgenen Bilderschatz" vor ein Ausstellungspublikum. Jetzt zeigt das Salzburger Museum Carolino Augusteum zum 100. Geburtstag Rendls rund 80 Bilder in einer groß angelegten Ausstellung, die bis 15. Juni 2003 dauern wird. Sie wird der Öffentlichkeit die Gelegenheit bieten, Rendl als Maler eingehend kennen zu lernen. Die Ausstellung wird durch ein umfassendes Begleitbuch ergänzt, das Beiträge von Karl-Heinz Ritschel und Arnold Nauwerck, sein gesamtes malerisches und dichterisches Werkverzeichnis sowie einige kaum bekannte Texte und rund 280 Abbildungen enthält (Verkaufspreis: 24,80 Euro). Dieses wichtige Buchprojekt wird in Zusammenarbeit mit der Georg-Rendl-Gesellschaft und mit Unterstützung durch Schatzkammer Heimat Land Salzburg sowie die Gemeinden St. Georgen und Bürmoos realisiert.

Rendl-Roman „Haus in Gottes Hand"
Zeitgleich mit dem Symposion als Auftakt zum Georg-Rendl-Jahr 2003 ist im Salzburger Otto Müller Verlag in der Reihe der Salzburger Bibliothek ein weiteres wichtiges Werk des Salzburger Dichters erschienen. Mit dem Roman „Haus in Gottes Hand", der erstmals 1951 erschienen ist, liegt ein stark autobiografischer Text des Autors vor. Der Roman kam sechs Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg dem Schutz- und Harmoniebedürfnis der Zeit sehr entgegen, beschreibt er doch nicht nur die nicht immer einfache Beziehung des Schriftstellers zu seinen Nachbarn, den Bauern und Kleinhäuslern, sondern auch das kleine Glück im und um das eigene Heim im Einklang mit der Natur, Trotzdem verkommt der Roman nicht zur reinen Idylle, sondern enthält viele Verweise auf die oft schwierigen Verhältnisse der Zeit. Das von Hildemar Holl herausgegebene Werk wurde beim Symposion in St. Georgen präsentiert.

Weitere Highlights im Rendl-Jahr
Im Rendl-Jahr 2003 gibt eine Reihe von beachtlichen Aktivitäten. Ziel der Veranstalter ist, das Werk des namhaften Schriftstellers und des in Vergessenheit geratenen Malers in den Blickpunkt zu rücken. Die Impulse gehen von der in St. Georgen beheimateten Georg-Rendl-Gesellschaft, unterstützt von namhaften Förderern, aus. Neben der großen Ausstellung im SMCA ab 30. Jänner wird am 14. Februar um 19.00 Uhr eine Rendl-Lesung mit Karl Merkatz im ORF-Landesstudio stattfinden. Der Theaterautor Georg Rendl wird am 20. März um 18.00 Uhr im SMCA mit der Voraufführung seines Stücks „Kaiserin Elisabeth – Legende einer seltsamen Frau" gewürdigt. Weitere Aufführungen sind im Gemeindezentrum Bürmoos geplant. Das Salzburger Freilichtmuseum zeigt am 23. März die Sonderschau „Georg Rendl – Maler und Dichter" im Bauernpeter-Wohnhaus. Das Sigl-Haus in St. Georgen widmet ab dem 26. April dem Thema „Georg Rendl und die Glasbläser von Bürmoos" eine Sonderausstellung. Um eben diese Glasbläser geht es auch in einer Produktion der Spielgemeinschaft Theater Holzhausen. Premiere ist am 1. Mai um 20.00 Uhr im Theater Holzhausen. Vom 3. bis 5. Oktober findet in St. Georgen im Sigl-Haus ein Symposion zum Thema „Priester-Berufungen" mit Erzbischof

Dr. Alois Kothgasser statt. Zwischen 10. und 19. Oktober kommt der Georg Rendl-Literaturzug nach Bürmoos. Und der Lohninghof in Thumersbach wartet ab 17. Oktober mit der Sonderausstellung „Georg Rendl – Imker, Dichter und Maler" auf.
 
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