Agrarreform
Molterer: Neue Reformvorschläge der Kommission wesentlich verändert
Klare Österreichische Position hat sich gelohnt - Landwirtschaftsminister fordert Beschlussfassung noch vor dem Sommer
Wien (bmlfuw) - „Die heute von der Kommission vorgestellten Legislativvorschläge zur europäischen Agrarreform wurden im Verhältnis zu den ursprünglichen Entwürfen wesentlich verändert. Um eine Beschlussfassung noch vor dem Sommer zu ermöglichen, sollen die Arbeiten im Rat nun rasch in Angriff genommen werden.“ Das sagte Landwirtschaftsminister Mag. Wilhelm Molterer am Mittwoch (22. 01.) in einer ersten Reaktion auf die heute, Mittwoch, von der Europäischen Kommission beschlossenen Legislativvorschläge zur Reform der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik (GAP). Überzeugt zeigte sich Molterer, dass sich die klare österreichische Positionierung zu Beginn der Diskussion über den Midterm Review gelohnt habe: „Die nun vorgelegten Entwürfe stellen eine gute Grundlage für die weiteren Verhandlungen dar“, so der Minister.

Als positiv bewertet Molterer, dass die Reformen zur Stärkung einer bäuerlich strukturierten Landwirtschaft beitragen werden und sich nicht an einer industriell geführten Landwirtschaft orientieren. So sei beispielsweise die beabsichtigte Verlängerung des Milchquotensystems bis 2014 hinaus für die österreichischen Milcherzeuger, die sich Großteil im benachteiligten Gebiet befinden, von vitalem Interesse. Allerdings seien die damit verbundenen zusätzlichen Preisreduktionen nicht begründet. Ebenfalls kritisch sehe er die zusätzliche Quotenaufstockung, “weil damit ein unnötiger Marktdruck entstehen würde.“ Im Getreidebereich ist die geplante Preisreduktion aus der Marktentwicklung nicht begründet, so dass auch dieses Vorhaben massiv zu hinterfragen ist.

Bei der Modulation von Direktzahlungen bewege man sich in Richtung einer betriebsgrößenbezogenen Staffelung. Hier wird Österreich jedenfalls weitere betriebgrößenbezogene Elemente einbringen. Positiv sieht Molterer die Stärkung der ländlichen Entwicklungspolitik, “interessant“ seien auch die beabsichtigten Änderungen bezüglich der Betriebszertifizierung. Österreich unterstütze jedenfalls die von der Kommission angekündigten Vereinfachungen der Agrarverwaltung.

Da die Reduktionsverpflichtungen zur Erreichung des Kyoto-Ziels ohne Nutzung nachwachsender Rohstoffe in Europa nicht erreicht werden können, müsse der Midterm Review neue Perspektiven eröffnen. Betriebe, die in die Energiepflanzenerzeugung einsteigen möchten, müssen entsprechende Anreize und betriebswirtschaftlich vertretbare Rahmenbedingungen vorfinden.

Weiterhin massive Skepsis bringt Molterer den Vorschlägen zur Entkoppelung der Prämien von der Bewirtschaftungsleistung entgegen. Die zentrale Frage sei, warum diese Leistung nicht mehr die Voraussetzung für den Erhalt von Prämien sein solle. Eine Entkoppelung würde insbesondere zwei Probleme bringen: Einerseits könnte die gesellschaftliche Akzeptanz abnehmen, andererseits würde die Bemessung der Prämienansprüche anhand historischer Referenzzeiträume zu Ungerechtigkeiten zwischen ausgleichsfähigen (Getreide) und nicht ausgleichsfähigen Flächen (beispielsweise Kürbisproduktion) führen. Betriebsumstellungen auf andere Kulturen würden dadurch erschwert, sagte Molterer.

Das Jahr 2003 bringt also für die österreichische und für die EU-Agrarpolitik eine Reihe von Herausforderungen. „Für uns steht dabei fest, dass das Leitbild einer bäuerlichen, nachhaltigen, multifunktionalen und flächendeckenden Landwirtschaft in einer erweiterten EU abgesichert und ihm auch auf internationaler Ebene Rechnung getragen werden muss“, so der Minister abschließend.

 
Schierhuber: Agrarreform-Vorschläge als gemischter Satz
Positive Elemente und schwere Bedenken wechseln sich ab
Brüssel (epp-pd) "Die Legislativvorschläge der Kommission zur Mid-term-Review der Gemeinsamen Agrarpolitik beinhalten neue Elemente, die wesentliche österreichische Anliegen berücksichtigen. Vor allem die Absicherung der Milchquotenregelung bis 2015 und die ansatzweise Berücksichtigung der Fixkostendegression bei der Modulierung der Direktzahlungen weisen in die richtige Richtung", sagte am Mittwoch (22. 01.) die österreichische Bauernvertreterin im Europaparlament, MEP Agnes Schierhuber. Für die ÖVP-Europaparlamentarierin sind aber nach wie vor grundlegende Bedenken, vor allem im Bereich der Entkoppelung der Förderungen von der Produktionsleistung, nicht ausgeräumt.

Im Anschluss an die Präsentation der Vorschläge durch Kommissar Fischler im Agrarausschuss begrüßte Schierhuber ausdrücklich, dass die Milchquotenregelung mit der Verlängerung über das Jahr 2008 hinaus nicht mehr in Frage gestellt werde. "Ich habe allerdings schwere Bedenken, was eine zusätzliche Aufstockung der Quoten betrifft. Dieser Vorschlag ist im Hinblick auf die Absatzmöglichkeiten am Markt zu hinterfragen", betonte Schierhuber. Ablehnend äußerste sich Schierhuber auch zu den vorgeschlagenen Preissenkungen sowohl im Milch- als auch im Getreidesektor. "Beides ist auf Grund der aktuellen sowie der von der Kommission selbst prognostizierten mittelfristigen Marktsituation nicht notwendig."

Beim Roggenanbau seien weitere Maßnahmen zur Verbesserung des Marktgleichgewichtes notwendig. Hier kann sich Schierhuber die Streichung der Roggenintervention als möglichen Weg vorstellen, in Ergänzung dazu müsse jedoch auch mit einer Qualitätsprämie analog zum Hartweizen sichergestellt werden, dass die Produktion in traditionellen Anbaugebieten aufrechterhalten wird.

Vorsichtig positiv sieht Schierhuber den revidierten Kommissionsansatz zur Modulierung. "Wir kommen dem österreichischen Modell einer betriebsgrößenbezogenen Modulierung zwar langsam näher, ich glaube aber, dass man sich doch noch eine höhere Freimarge überlegen kann", sagte Schierhuber. Ebenfalls positiv bewertet die Abgeordnete die Vorschläge betreffend des Betriebsberatungssystems. "Hier haben wir eine klare Verbesserung im Vergleich zum ursprünglichen Zertifizierungssystem. Wir müssen uns hier aber wirklich auf das wesentliche konzentrieren und unnötigen Abwicklungs- und Verwaltungsaufwand vermeiden."

Schwere Bedenken kommen von Schierhuber jedoch im Bereich der Entkoppelungsvorschläge. "So, wie es heute präsentiert wurde, würde die Entkoppelung der Förderungen von der Produktionsleistung den Strukturwandel in benachteiligten Gebieten beschleunigen und die Produktion in die Gunstlagen verlagern. Die Kommission ist daher aufgefordert, ihre Vorschläge zu präzisieren, damit es nicht zu einer Schwächung der Agrarwirtschaft Europas auf dem Weltmarkt und einer Untergrabung der Multifunktionalität kommt", so Schierhuber abschließend.
 
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