Wissenschaftler untersuchen Alternativen zum Drogenanbau
Bonn (alphagalileo) - Auf fast 500 Milliarden US-Dollar taxieren Experten den weltweiten Drogenumsatz
– trotz aller Versuche, Anbau, Vertrieb und Konsum zu unterbinden. Häufig ist es die Sorge um ihre schiere
Existenz, die die Bauern in den Erzeugerländern in das schmutzige Geschäft mit Koka oder Opium treibt.
Wissenschaftler der Universität Bonn untersuchen, wie Alternativen zum Drogenanbau aussehen könnten,
und haben dabei auch Hilfsprojekte in Kolumbien und Bolivien unter die Lupe genommen. Ihr Fazit fällt ernüchternd
aus – bei allen positiven Ansätzen.
In Bolivien hat die Regierung 1989 das „Coca Cero“-Programm ins Leben gerufen. Seitdem ist die Anbaufläche
in der Region Chapare um mehr als 70 Prozent zurückgegangen – allerdings zu einem hohen ökologischen
Preis. „Die illegalen Kulturen werden von der Luft aus mit dem Herbizid Glyphosate besprüht und abgetötet“,
erklärt Professor Dr. Jürgen Pohlan, der sich seit 1999 mit dem Problem „Koka-Anbau“ beschäftigt.
Um nicht von der Guerilla abgeschossen zu werden, müssen die Flieger ihre Chemie-Fracht aus großer Höhe
abladen – entsprechend viel geht da schon mal daneben. Der Wind verteilt die giftige Ladung noch zusätzlich,
so dass schließlich auch legale Kulturen leiden oder sogar Dörfer betroffen sind.
„In den Flüssen sterben die Fische, die Menschen werden krank und ziehen davon“, so Professor Pohlan. „Die
Konsequenz ist nur, dass sich die Koka-Bauern neue, schwerer zugängliche Gebiete suchen, zum Beispiel in den
Regenwäldern oder im Gebirge.“ Durch Brandrodung und den enormen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln Mauricio
Cely ist Absolvent des internationalen Magisterstudiengangs „ARTS“ (Agricultural Science and Resource Management
in the Tropics and Subtropics); in seiner Abschlussarbeit hat er das nationale Programm „PLANTE“ unter die Lupe
genommen, mit der die Regierung Kolumbiens seit 1995 versucht, den illegalen Drogenanbau in den Griff zu bekommen.
Mit geringem Erfolg: Zwar ist die Anbaufläche für Schlafmohn seit 1992 auf ein knappes Drittel zurückgegangen,
in der selben Zeitspanne hat sich aber die Anbaufläche für Koka mehr als vervierfacht – auf 145.000 Hektar,
eine Fläche fast dreimal so groß wie der Bodensee.
Dabei ist es eines der Hauptziele von PLANTE, den Anbau alternativer Kulturen zu fördern. In Schulungen propagieren
Mitarbeiter die Kultivierung von Andenbrombeere oder Quito-Orange, die Vergabe günstiger Kredite soll den
Bauern den Umstieg erleichtern. Doch die Produktion eines Kilos Baumtomaten verursacht etwa doppelt so hohe Kosten
wie die der gleichen Menge Schlafmohn – bei deutlich niedrigerem Gew Es gäbe durchaus wirtschaftliche Alternativen
zu Koka und Opium – beispielsweise der Anbau von Pfeffer. ARTS-Absolvent Juan Carlos Torrico Albino hat 328 Familien
im bolivianischen Chapare untersucht. Lediglich 45 bauten Pfeffer an – trotz der hohen Erlöse. „Die meisten
Bauern können schon die Eingangsinvestitionen von umgerechnet rund 3.000 Euro je Hektar nicht aufbringen,
die der Einstieg in die Pfefferproduktion erfordert“, erklärt Albino. Außerdem ist Koka weitaus leichter
anzubauen als die Gewürzpflanze. „Für Pfeffer braucht man viel Know-how und qualifizierte Arbeitskräfte.“
Er fordert daher – neben günstigen Krediten für die Landwirte – vor allem kurze, praxisorientierte Ausbildungskurse.
„Die Landbewohner müssen lernen, effizienter zu produzieren.“ |