Lehrlingsoffensive im Herbst und Entlastung der Lehrbetriebe konnten Rückgang abfedern
Wien (pwk) - Die aktuelle Lehrlingsstatistik der Wirtschaftskammer Österreich weist für
Ende 2002 eine Gesamtzahl von 120.486 Lehrlingen aus, das bedeutet gegenüber dem Vorjahr ein Minus von 2,6
Prozent. Im ersten Lehrjahr waren es 36.128 Lehrlinge. „Gemessen an der 15jährigen Wohnbevölkerung entspricht
das einem Anteil von 38,4 Prozent, womit wir trotz äußerst schwacher Konjunkturentwicklung deutlich
über dem historischen Tiefstand von 1996 (37,8 Prozent) liegen“, berichtet Michael Landertshammer, Leiter
der Abteilung für Bildungspolitik in der WKÖ.
Dank der erfolgreichen Lehrlingsoffensive von Wirtschaftskammer und Kronen Zeitung im Herbst und der Entlastung
der Lehrbetriebe durch die 1.000 Euro Lehrlingsausbildungsprämie konnte der Rückgang der Lehranfängerzahlen
in Grenzen gehalten werden. Landertshammer weist vor allem auf eine positive Entwicklung im Westen Österreichs
hin: „In Tirol haben die Lehrlingszahlen leicht zugenommen, Vorarlberg ist ausgeglichen.“ In Salzburg gebe es zwar
ein Minus von 2 Prozent, aber auf Grund der demografischen Entwicklung keinerlei Probleme auf dem Lehrstellenmarkt.
Verhältnismäßig gering ist der Rückgang in Wien und Oberösterreich mit jeweils rund 2
Prozent.
Keine auffälligen Entwicklungen zeigt die Differenzierung nach Sparten. Allein der Tourismus kann mit einem
bemerkenswerten Aufwärtstrend von + 9,6 Prozent im ersten Lehrjahr und die Banken und Versicherungen mit einer
Zunahme um 1 Prozent positiv Bilanz ziehen.
Für den Abwärtstrend bei den Lehrlingszahlen nennt Landertshammer hauptsächlich drei Faktoren. „Der
weiterhin hartnäckig stotternde Konjunkturmotor, der Strukturwandel der Wirtschaft und das teilweise sehr
schlechte Niveau der Lehrstellensuchenden machten es im Vorjahr besonders schwierig möglichst allen Lehrstellensuchenden
geeignete Lehrstellen anzubieten“, berichtet Landertshammer.
Eine im Herbst 2002 im Auftrag der Wirtschaftskammer Österreich vom market Institut durchgeführte Befragung
von Unternehmern, bei denen die Lehrlingsausbildung entweder eingestellt oder reduziert wurde, ergab, dass am häufigsten
(20 Prozent) die Wirtschafts- und Auftragslage als Grund dafür genannt wurde. Der mit 17 Prozent am zweithäufigsten
genannte Grund ist das Problem, geeignete Bewerber zu finden.
Die nähere Analyse der Rückgänge nach Lehrberufsbereichen zeige Rückgänge im Bau- und
Baunebengewerbe, im Elektrobereich und in der Textilerzeugung sowie Stabilität der Lerhlingszahlen im Metallbereich.
Positive Entwicklungen konnten hingegen in den IT-Berufen, im Tourismus, im chemischen und im grafischen Bereich
beobachtet werden, so der WKÖ-Bildungs-Chef.
„Die Konjunktur liegt leider nicht im Bereich der Bildungspolitik, Maßnahmen zur Ankurbelung der Wirtschaft
würden sich aber indirekt auch positiv auf den Lehrstellenmarkt auswirken“, betont Landertshammer. „Dem Strukturwandel
muss mit einem mittel- und langfristigen Programm zur weiteren Modernisierung der Lehrlingsausbildung begegnet
werden. Die Wirtschaftskammer wird dazu noch im Sommer ein umfassendes Konzept zur Modernisierung durch Modularisierung
vorlegen.“ Von größter Bedeutung sei die Anhebung des Niveaus der Lehranfänger. Dazu werde die
Einführung von Leistungsstandards für die siebente und achte Schulstufe von der Wirtschaftskammer noch
einmal mit Nachdruck gefordert. |