Irak-Konflikt und Wiedervereinigung Europas im Mittelpunkt des traditionellen Treffens
Wien (epd Ö) - Im Zeichen der gemeinsamen christlichen Verantwortung für ein wiedervereintes
Europa und der Sorge um den Frieden im Nahen Osten stand der diesjährige Ökumenische Empfang des Wiener
Erzbischofs Kardinal Christoph Schönborn. Unter den Ehrengästen war auch eine Delegation des Ökumenischen
Rates der Tschechischen Republik sowie der chaldäisch-katholische Erzbischof Gabriel Kassab aus dem irakischen
Basra.
Situation im Irak „mit Worten nicht zu beschreiben“
Kassab appellierte erneut an die Kirchen, sich gemeinsam gegen einen Militärschlag gegen den Irak
einzusetzen. Die Situation der Menschen in Basra sei mit Worten nicht mehr zu beschreiben. Die Bevölkerung
würde nach zwei Kriegen und dem nach wie vor bestehenden UN-Embargo einen täglichen Kampf ums Überleben
führen.
Kardinal Schönborn verwies auf das große Projekt des Mitteleuropäischen Katholikentages, das nur
als gemeinschaftliches Unterfangen aller acht beteiligten Länder Sinn mache. Dabei gehe es um die Überwindung
von alten Gräben zwischen einzelnen Ländern, aber auch um das Signal, „dass die Christen am Bauplatz
Europa gemeinsam mitarbeiten wollen“. Die Anfrage, warum nicht ein ökumenischer Kirchentag geplant sei, nahm
Schönborn vorweg und verwies auf die unterschiedliche ökumenische Situation in den einzelnen Ländern.
Ein geschlossenes gemeinsames Vorgehen sei hier unmöglich gewesen, erklärte der Kardinal.
Bischof Sturm: Annäherung zwischen Kirchen in Tschechien und Österreich
Von konkreten Annäherungen zwischen den Kirchen Tschechiens und Österreichs konnte der evangelische
Bischof Herwig Sturm berichten. Auf Grund der bislang guten Zusammenarbeit zwischen den Kirchen der beiden Länder
halte er die Spannungen für überwunden, „sodass wir gemeinsam in die Zukunft Europas gehen“. Bei den
bisherigen Treffen habe man „gemeinsam an Worten der Versöhnung gearbeitet“.
Der griechisch-orthodoxe Metropolit von Austria, Michael Staikos, unterstrich die absolute Notwendigkeit des gemeinsamen
Zeugnisses der christlichen Kirchen in einem neuen Europa und sprach sich für eine weitere Intensivierung
der ökumenischen Zusammenarbeit aus. Die östlichen Grenzen Österreichs seien keinesfalls die östlichen
Grenzen Europas, stellte Staikos fest.
Oberin Christine Gleixner, die Vorsitzende des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich, betonte,
dass Ökumene und Mission untrennbar zusammengehörten. Die Kirchen seien dazu berufen, gemeinsam Zeugnis
abzulegen. Nur dann sei ihr Zeugnis auch glaubwürdig.
Der Wiener Weihbischof Helmut Krätzl sagte, dass die „Charta Oecumenica“ nicht als statischer Text gesehen
werden dürfe. Vielmehr gehe es darum, im Sinne der Charta im ökumenischen Prozess weiterzugehen, sowohl
was europäische Schlüsselthemen wie Armut und Flüchtlingspolitik betreffe als auch den theologischen
Dialog.
Der evangelische Oberkirchenrat Michael Bünker berichtete von der ökumenischen „Dekade zur Überwindung
von Gewalt“ und sprach sich für ein gemeinsamen Auftreten gegen einen Krieg, die „direkteste und ungeschminkteste“
Form von Gewalt, aus. Bünker verwies auf die klaren Stellungnahmen des Ökumenischen Rates der Kirchen
in Österreich, des Vatikans, des Weltkirchenrates in Genf sowie der Kirchen in den USA.
Ökumenisches Sozialwort erscheint im Herbst
Alois Riedelsperger, Leiter der Katholischen Sozialakademie, kündigte die Fertigstellung des „Ökumenischen
Sozialworts“ für Herbst 2003 an. Derzeit werde der Text intensiv von Experten aus den verschiedenen Kirchen
erarbeitet. Für Michael Chalupka, Direktor der evangelischen Diakonie, soll der Prozess in einem Wort münden,
„das zu sozialen Taten ermuntert und wieder zur Praxis führt“.
Das „Jahr der Bibel 2003“ habe schon jetzt ein begeistertes Echo gefunden. Das betonten Jutta Henner, Direktorin
der österreichischen Bibelgesellschaft, und Anton Kalkbrenner, Direktor des katholischen Bibelwerkes. Für
den Herbst kündigten Henner und Kalkbrenner eine Veranstaltung nach dem Vorbild der „Nacht im Dom“ sowie eine
Bibellesung „rund um die Hofburg“ an.
Der geschäftsführende „Pro Oriente“-Präsident, Hans Marte, berichtete, dass die Stiftung die historisch-kritische
Quellenforschung verstärken will, um so die Ursachen bis heute wirksamer Spannungen zwischen den Kirchen aufzudecken.
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