Industriekonjunktur: Weiter in der Talsohle

Weniger Zukunftspessimismus läßt IV-Konjunkturbarometer etwas steigen
Wien (PdI) - Trotz ermutigender Konjunktursignale aus den USA bleibt vor allem in Europa die Konjunkturlage äußerst labil. Vor allem die Wachstumsschwäche von Österreichs größtem Handelspartner Deutschland stellt eine Hypothek für den weiteren Verlauf der österreichischen Konjunktur dar. Die jüngsten Ergebnisse der Mitgliederbefragung der Industriellenvereinigung aus dem 4. Quartal 2002 geben eine bescheidene Hoffnung auf eine Verbesserung der Wirtschaftslage, müssen aber in ihrer Gesamtheit als Seitwärtsbewegung interpretiert werden. "In einer solchen labilen Situation kann die Wirtschaftspolitik durch positive, vertrauensbildende Maßnahmen besonders viel bewirken. Denn eine optimistischere Zukunftssicht der Unternehmer ist eine notwendige, aber keineswegs hinreichende Bedingung für eine Konjunkturwende. Daher brauchen wir vor allem kurzfristige Maßnahmen für die rasche Konjunkturwende, die eine neue Bundesregierung sofort umsetzen kann", betonte der Generalsekretär der Industriellenvereinigung, Dkfm. Lorenz Fritz.

Diese Maßnahmen sollten sich auf kurzfristige Entlastungen und Zukunftsinvestitionen sowie wirksame Lockerung von Wachstumsbremsen konzentrieren. Der IV-Generalsekretär nannte folgende konkrete Beispiele:

Bereich kurzfristige Entlastungen und Zukunftsinvestitionen

  • Senkung der KÖSt um mindestens 3 Prozentpunkte (und damit auf 31 %), wie in der vergangenen Legislaturperiode versprochen.
  • Reparatur der Ökostrom-Verordnung, die massive Belastungen für energieintensivere Unternehmen vorsieht.
  • Kurzfristige Bereitstellung von Sondermitteln, um alle laufenden FFF-Förderungsansuchen innerhalb von 3 Monaten abarbeiten zu können.


Bereich kurzfristige Beseitigung von Wachstumsbremsen

  • Befreiung der Unternehmensgründer von Regelungen (in Deutschland Small Business Act) bzw. Risikoübernahme bei Betriebsgründungen z.B. Erlass der Sozialversicherung für die ersten 3 Angestellten für gewisse Zeit).
  • Überprüfung der Auswirkungen von Entscheidungen der Europäischen Union auf betroffene industrielle Sektoren vor Zustimmung im jeweiligen Europäischen Rat (in Deutschland Reality Checks genannt). Dies
  • betrifft in den kommenden Monaten beispielsweise die chemische Industrie
  • bzw. energieintensivere Industrieunternehmen.
  • Befristete deutliche Vereinfachung von Genehmigungen für Infrastrukturprojekte bei Straße, Schiene, Stromversorgung (380 KV Leitung in der Steiermark) bzw. Handymasten (Salzburg).
  • Befristete Erleichterung von Betriebsanlagegenehmigungen durch Festsetzung höherer Grenzen, bis zu denen nur Anzeigepflicht besteht.
  • Automatische Genehmigung aller Einreichungen, die nicht in gewisser Frist (z.B. 3 Monate) bearbeitet sind.


Die Industriellenvereinigung wird diese Wachstumsmaßnahmen - um weitere Vorschläge ergänzt - mit der ÖVP in den kommenden Tagen diskutieren, so Fritz.

Das internationale Konjunkturumfeld
Mit Ausnahme des härter werdenden Euros sind die Rahmenbedingungen für eine kräftigere Konjunkturerholung nicht schlecht: niedrige Zinsen, niedrige Inflationsraten, realistischere Börsenkurse, ein Nachholbedarf bei Investitionen und der Beschaffung dauerhafter Konsumgüter sowie last but not least wesentlich leistungs- und wettbewerbsfähigere Unternehmen, die die schwierige Situation des Jahres 2002 für Restrukturierungsmaßnahmen und eine Verbesserung des Kostenbildes genutzt haben.

Solange aber die Unsicherheiten des Irak-Kriegs bestehen, kann die Konjunktur nicht durchstarten. Andererseits könnte nach Beseitigung dieser Unsicherheiten durch die Absage an eine kriegerische Auseinandersetzung oder einen kurzen Krieg ohne nachwirkende Destabilisierungstendenzen die Konjunkturerholung kräftiger ausfallen, als heute noch von den Wirtschaftsforschern erwartet. "Welches Szenario eintritt, ist heute noch völlig offen, das Risikopotenzial dementsprechend groß", betonte Dr. Erhard Fürst, IV-Bereichsleiter Industriepolitik & Ökonomie.

Die IV-Umfrageergebnisse im Detail
Die jüngste Konjunkturumfrage der IV, an der sich ca. 456 Unternehmen mit 216.399 Mitarbeitern beteiligt haben, zeigt eine etwas weniger pessimistische Einschätzung der gegenwärtigen und besonders der Geschäftslage in 6 Monaten. Dementsprechend hat sich das Konjunkturbarometer" der IV verbessert. Der Saldo der Prozentanteile positiver und negativer Einschätzungen ist von - 0,9 auf 9,9 gestiegen. Offensichtlich hat der "Schock" aufgrund des Auseinanderbrechens der Regierungskoalition im Herbst einer positiveren Einschätzung der Zukunftschancen Österreichs nach dem jüngsten Wahlergebnis Platz gemacht", erklärte Fürst.
So ist der Anteil der Respondenten, die eine günstige Geschäftslage in 6 Monaten erwarten, von 15 % im Herbst auf 26 % angestiegen, umgekehrt der Anteil der ungünstigen Beurteilungen von 20 % auf 13 % gesunken.

Die Beurteilung der Auftragsbestände insgesamt und der Auslandsaufträge ist gegenüber Herbst praktisch unverändert geblieben, während sich die Perspektiven für die Produktionstätigkeit und die Beschäftigung in den nächsten drei Monaten - überwiegend saisonbedingt - verschlechtert haben. Vergleicht man die aktuellen Ergebnisse zu diesen beiden Indikatoren mit dem Vorjahreswert und schaltet damit Saisonschwankungen aus, bleiben die Veränderungen gering. Auch die erwartete Auslastung der Produktionskapazitäten im ersten Quartal dieses Jahres zeigt eine deutlich verschlechterte Einschätzung gegenüber Herbst, liegt aber ebenfalls in der Größenordnung des Vorjahres. Ermutigend ist schlussendlich ein positiver Trend in der gegenwärtigen und zukünftigen Ertragssituation. Der beschäftigungsgewichtete Anteil der Unternehmen, die von einer guten Ertragssituation berichten, ist gegenüber Herbst von 11 auf 19 % angestiegen. Eine ähnlich positive Wende ergab sich auch bei den Erwartungen hinsichtlich der Ertragsentwicklung in den nächsten 6 Monaten. Fürst: "Scheinbar greifen die von den Unternehmen gesetzten Kostenreduktionen".

Die Branchenergebnisse: Papier- und Pappeverarbeitung positiv, Lederverarbeitung und Textilindustrie deutlich negativ

Bei der Beurteilung des gesamten Auftragsbestands zeigen sich wiederum erhebliche branchenmäßige Unterschiede. Diese reichen von einem sich weiter verschlechternden Negativsaldo von -96 in der Lederverarbeitung, bis zu einem Überhang der positiven Meldungen von 70 Prozentpunkten in der Papier- und Pappeverarbeitung. Deutlich negative Einschätzungen kamen weiters von der Textil-, Holzverarbeitungs- und Fahrzeugindustrie. Positive Saldi errechnen sich für Chemie, Nahrungs- und Genussmittel, Maschinen- & Stahlbau sowie Elektroindustrie. Die in den negativen Bereich gedrehte Auftragssituation der Bauindustrie ist vor allem saisonal bedingt.

Information: Die Umfragemethode
Den Unternehmen werden drei Antwortmöglichkeiten gegeben, gut, neutral und negativ. Errechnet werden die (beschäftigungsgewichteten) Prozentanteile dieser Antwortkategorien, und dann wird der konjunkturreagible "Saldo" aus den Prozentanteilen positiver und negativer Antworten unter Vernachlässigung der neutralen gebildet.

 
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