Landesarchiv: Know-how als Hilfe zur Selbsthilfe
Graz (lk) - Ungeheuere Schäden an wertvollsten mittelalterlichen Handschriften stellte bei einem
Besuch in Montenegros ehemaliger Hauptstadt Cetinje, bis 1918 Residenz des Königs, der Direktor des Steiermärkischen
Landesarchivs, Univ.-Prof. Dr. Walter Brunner, im dortigen Staatsarchiv fest. Auch im bischöflichen
Steiermark hilft Montenegro - Begegnung in der Grazer Burg (von rechts): Landeshauptmann Waltraud Klasnic , Lidija
Vojvodic , Honorarkonsul Kommerzialrat Ing. Herbert Depisch, Dr. Rohtraut Skatsche-Depisch, Zorica Radonjic, Generaldirektor
Kommerzialrat Josef Kassler
Foto: Gerhard Dusek |
Archiv in Kotor (ehemals Cattaro) fand er Dutzende sogenannte „Notariatsbücher“ vom Schimmel befallen und
in ihrem Bestand bedroht. Diese handschriftlichen Aufzeichnungen aus dem 14. und 15. Jahrhundert verzeichnen den
Inhalt längst nicht mehr existierender Urkunden.
Das Steiermärkische Landesarchiv ist mit seinem hohen Stand der Papierrestaurierung und Schädlingsbekämpfung
führend in Europa bei der Rettung bedrohter Urkunden und Handschriften; Walter Brunner entschloss sich, dieses
Wissen auch für andere einzusetzen. Zwei Expertinnen des Restaurierzentrums in Cetinje, Zorica Radonjic und
Lidija Vojvodic, werden drei Monate in Graz in der Restaurierwerkstätte des Landesarchivs (Leitung: Ingrid
Hödl) das Know-how erlernen – ein klassischer Fall von „Hilfe zur Selbsthilfe“. Weder in Montenegro noch im
benachbarten Bosnien gibt es eine Ausbildung dafür oder das erforderliche Material. Dieses wurde in Form von
vielen tausend Bögen wertvollen Japanpapiers – unentbehrlich für die Restaurierung von beschädigtem
und zur Ergänzung von fehlendem Papier in den uralten Handschriften – von der Fürstenfelder Industriellenfamilie
Depisch als Sponsor zur Verfügung gestellt. Die Steiermärkische Bank- und Sparkassen AG übernahm
die Aufenthaltskosten in der Steiermark.
Aber die Hilfestellung soll noch weitergehen: Um die in Latein verfassten Urkunden aus venezianischer und die
in Deutsch geschriebenen Akten aus österreichischer (Verwaltungs-) Zeit lesen und auswerten zu können,
plant das Steiermärkische Landesarchiv, im Verbund mit den Universitäten Graz und Maribor, ein Ausbildungskolleg
für Historiker und Archivare aus dem südosteuropäischen Raum ins Leben zu rufen.
Alle, die zum Gelingen einer guten Idee beigetragen hatten, wurden von Landeshauptmann Waltraud Klasnic in die
Grazer Burg gebeten; dabei dankte sie den Beteiligten und stellte fest: „Wir haben das Glück, dass wir in
vielen Bereichen so weit sind und dass wir helfen können“. |