»Ausnahmeerscheinung« Gerhard Roth ausgezeichnet  

erstellt am
13. 02. 03

Wien (rk) - Gerhard Roth, einer der wichtigsten deutschsprachigen Autoren der Gegenwart, wurde am Mittwoch (12. 01.) im Wiener Rathaus mit dem "Goldenen Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien" ausgezeichnet.


Goldenes Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien an Gerhard Roth durch StR. Dr. Andreas Mailath-Pokorny

Foto: Media Wien
Die Laudatio hielt Andre Heller, die Verleihung nahm Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny vor. Zahlreiche Persönlichkeiten aus Politik und Kunst nahmen an der Feierstunde teil, allen voran Helmut Zilk, Altbürgermeister und Ehrenbürger der Stadt Wien, und Dagmar Koller, der Zweite Nationalratspräsident Heinz Fischer und Bundesminister a. D. Rudolf Scholten.

"Gerhard Roth entwirft in seinen Büchern eine Art Gegengeschichte, eine Geschichte von unten. Gerhard Roth versteht es wie kein anderer, die österreichische Geschichte anhand von Einzelschicksalen aufzuarbeiten. Er geht dabei vor wie ein 'Archäologe’. Er gräbt in die unerforschte Tiefe und legt behutsam Fundstücke aus der Vergangenheit frei", so Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny bei der Verleihung. Dafür wolle ihm das Land Wien heute mit dieser Auszeichnung danken und auch dafür, dass er sich immer wieder in seinen Romanen, in seinen Essays politisch zu Wort melde. "Bücher haben nicht nur ihre Schicksale, sondern sie gestalten auch das Schicksal derer, die sie lesen. Das trifft in ganz besonderem Maße auf die Bücher Gerhard Roths zu", schloss der Kulturstadtrat.

Gerhard Roth sei ein bedeutender Geschichten- und Geschichteerzähler. Er erzählt von Mindestrentnern, von Flüchtlingen und anderen aus der Gesellschaft gedrängten Menschen. "Zur Ausnahmeerscheinung wird er durch seine unbestechliche Gedankenklarheit und genaue Beobachtung." Andre Heller beendete seine Laudatio mit den persönlichen Worten: "Wir mögen dich. Wir freuen uns, dass es dich gibt. Es wäre vieles sehr viel schwieriger zu ertragen, wenn es dich nicht gäbe."

Die Verleihung der Auszeichnung sei wie eine Verleihung der "Wiener Stadtsbürgerschaft" für einen Steirer, sagte Gerhard Roth. Als Dank für diese Auszeichnung las Gerhard Roth einen Text aus seinem Essay-Band "Eine Reise in das Innere von Wien" vor und machte dabei Wien ein großes Kompliment: "Wien ist der Ort in Österreich, an dem ich mich am liebsten aufhalte."

Biographie Gerhard Roths
Gerhard Roth zählt zu den wichtigsten deutschsprachigen Autoren der Gegenwart. Er wurde 1942 in Graz geboren und studierte zunächst Medizin. Um sich dem Schreiben widmen zu können, brach er das Studium jedoch 1967 ab und arbeitete bis 1977 im Rechenzentrum Graz. Seither lebt er als freier Schriftsteller in der Südsteiermark und in Wien.

Gerhard Roth wandelte sich vom Experimentalschriftsteller zum Groß-Epiker. In Gerhard Roths Romanen stehen die "kleinen" Menschen im Mittelpunkt; er erzählt von Arbeitern, Bauern, Knechten und Mägden, von Sonderlingen und tragischen Figuren. Als sein Hauptwerk bisher gilt der 7-bändige vielschichtige Romanzyklus "Archive des Schweigens", an dem Gerhard Roth 14 Jahre - von 1977 bis 1991 - gearbeitet hat. Derzeit arbeitet er an einem neuen Zyklus, von dem bereits vier Bände erschienen sind: Der See, Der Plan, Der Berg, Der Strom. In diesen Büchern führt Gerhard Roth seine LeserInnen nach Ägypten, Griechenland und Japan.

Zahlreiche Werke Gerhard Roths sind verfilmt worden, zuletzt sein politischer Schlüsselroman "Der See" (1996) und "Schnellschuss" (1995) von Thomas Roth. Michael Schottenberg verfilmte "Geschäfte" (1194), "Das Geheimnis" (1192) und "Landläufiger Tod" (1990).

Gerhard Roth hat eine Reihe von bedeutenden nationalen und internationalen Preisen erhalten, darunter den Preis der SWF-Bestenliste, den Alfred-Döblin-Preis, den Marie-Luise-Kaschnitz-Preis und den Preis des Österreichischen Buchhandels. Vor wenigen Tagen wurde Gerhard Roth der "Bruno-Kreisky-Preis für das politische Buch" verliehen.
 
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