Schwarz-Blau
ist schlecht für das Land
Madeleine Petrovic: Schwarz-blau Wolke schwebte über allen Verhandlungen
Wien (grüne) - "Im Nachhinein fragt man sich: Wozu haben wir gewählt?" Mit diesen
Worten kommentierte die stellvertretende Klubobfrau der Grünen, Madeleine Petrovic die Entscheidung der ÖVP,
mit der FPÖ Regierungsverhandlungen aufzunehmen. Viele Österreicher würden sich jetzt wohl fragen,
"was Wahlen, die wegen einer im Chaos geendeten Regierung durchgeführt werden mussten, letztlich für
eine Aussagekraft haben, wenn das Ergebnis wieder das Gleiche ist". Petrovic, Verhandlerin für die gescheiterte
Schwarz-Grün-Variante, hat "im Nachhinein doch den Eindruck, dass dieses Ergebnis dem Kanzler schon seit
längerer Zeit vorgeschwebt ist".
In den schwarz-grünen Verhandlungen seien die budgetären Rahmendaten und Vorgaben "so gewesen, dass
sie letztlich nur von den Blauen akzeptiert werden können. Eine schwarz-blau Wolke ist auch über den
Verhandlungen zwischen ÖVP und Grünen gehangen, daher ist es nicht verwunderlich, daß Schüssel
sich letztendlich für Schwarz-Blau entschieden hat. Für eine Fortsetzung der schwarz-blaue Politik konnten
die Grünen nicht zur Verfügung stehen", so Petrovic. Die ÖVP schien ihr "sehr von Mr.
Nulldefizit (gemeint: Finanzminister Karl-Heinz Grasser) beeinflusst". Alle Warnungen und Versuche, stärker
auf den Arbeitsmarkt und das soziale Gefüge Bedacht zu nehmen angesichts der nicht rosigen Konjunktur, seien
an den für die ÖVP unveränderlichen Eckdaten abgeprallt. Wenn diese Vorgaben umgesetzt werden, fürchtete
Petrovic um die soziale Schwächeren. Auch die Chancen, dass die Arbeitsmarkt-Situation verbessert wird, beurteilt
sie dann für "gelinde gesagt nicht rosig".
Dass gerade die Landeshauptleute der Länder, in denen bald gewählt wird - Niederösterreich und Oberösterreich
- gegen Schwarz-Blau gestimmt haben, "spricht dafür, dass es auch in der ÖVP nach wie vor gewichtige
Stimmen gibt, die diese Konstellation nicht für stabil und auch nicht vom Wähler gewollt betrachten",
meinte Petrovic.
Koalition mit Ablaufdatum - Scheitern bei ersten großen EU-Entscheidungen oder völlige FPÖ-Unterwerfung
Die schwarz-blaue Koalition, sollte sie zu Stande kommen, wird, so Madeleine Petrovic, nicht lange halten. Diese
Regierung habe ein Ablaufdatum, "die nächste Krise kommt, wenn die nächsten großen EU-Entscheidungen
anstehen. In den FPÖ-Reihen gibt es nicht wenige, die fast schon EU-Feinde sind", so Petrovic am Freitag.
Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) wiederum habe dem Land keinen guten Dienst erwiesen, auch nicht seiner
eigenen Partei nicht, vor allem nicht den ÖVP-Landeshauptleuten, denen er "den blauen Klotz ans Bein
gehängt" habe.
Im Fall der Fortsetzung von Schwarz-Blau sieht Petrovic mehrere Szenarien. Da der Zustand der FPÖ "ziemlich
katastrophal ist, kann es sein, dass sich die Freiheitlichen völlig der ÖVP unterwerfen, es kann sein,
dass die Regierung wegen Differenzen in der EU-Politik scheitert oder es könnte sein, dass der Kärntner
Landeshauptmann Jörg Haider und der FPÖ-Volksanwalt Ewald Stadler wieder Oberwasser spüren und sich
kräftig einmischen". Schließlich gebe es noch den "Unsicherheitsfaktor FPÖ-Klub. Dort
sind ja mehrere Flügel, nicht nur zwei. Da gibt es immer noch die Gruppe um Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer,
dann die um den Dritten Nationalratspräsidenten Thomas Prinzhorn und schließlich weiß man ja auch
nicht, ob die Partei hinter ihrem Obmann Herbert Haupt steht". Und "niemand nimmt Schüssel ab, dass
er bei der FPÖ wirklich eine Stabilität annimmt. Nicht einmal seine eigenen Landeshauptleute Erwin Pröll
und Josef Pühringer", sagte Petrovic.
Natürlich sei auch die Frage berechtigt, warum überhaupt gewählt worden sei. Wenn Schüssel
als einzige Antwort darauf den Hinweis auf die Änderungen im Nationalrat gebe, sei dies nur aus parteitaktischen
Gründen erfolgt, aber nicht mit dem viel zitierten Wohl für das Land. "Und es ist ja auch einzigartig
in Europa, dass eine Partei wie die FPÖ, die die katastrophalste Wahlniederlage aller Zeiten erlitten hat,
die aufgerieben worden ist, und die vom Wähler eine deutliche Abfuhr erlitten hat, in die Regierung geholt
wird."
Auf den "hypothetischen" Fall angesprochen, ob die Grünen im Fall eines Scheiterns der schwarz-blauen
Verhandlungen für eine zweite Verhandlungsrunde zur Verfügung stünde, sagte Petrovic, die Chancen
dazu seien "so gut wie nicht vorhanden". Denn einerseits müsste Schüssel an die Grünen
herantreten, zweitens völlig vom schwarz-blauen "Würgekurs" abgehen und drittens müssten
die Grünen Gremien sich noch einmal damit befassen.
Die Grünen würden sich jedenfalls von der ÖVP "nicht ausgenützt" fühlen. Es
habe wichtige Gespräche gegeben. "Wir haben der Öffentlichkeit gezeigt, dass wir nicht nur theoretisch
bereit sind, Regierungsverantwortung zu übernehmen. Andererseits bin ich sehr froh, dass es doch sehr klar
geworden ist, dass es den Grünen nicht um ein paar Sessel auf der Regierungsbank ging, sondern um einen wirklichen
Kurswechseln, und dazu war die ÖVP nicht bereit", betonte Petrovic.
Angesprochen auf den künftigen Weg der Grünen nach den Gesprächen mit der ÖVP sagte Petrovic,
man werde "sich intern sehr genau anschauen, was der ganze Verhandlungsprozess bewirkt hat. Ich habe die Grünen
nie als kleines Schwesterchen der SPÖ gesehen". Ob sich die Grüne Position weg von der SPÖ
Richtung ÖVP verschoben habe, sieht Petrovic als falsche Fragestellung. "Wir haben ein unverwechselbares
Markenzeichen und das ist vor allem die Umweltpolitik, die Sozialpolitik und die Frauenpolitik - und insgesamt
das Thema Umverteilung von den Reichen zu den Armen". Dabei gebe es "sehr wohl Leute in der SPÖ,
die das glaubwürdig und ehrlich vertreten, aber auch Leute im christlich konservativen Bereich. Die haben
mit uns immer Gespräche über eine Grundsicherung geführt. Schüssel wird ein Problem haben,
diesen Leuten zu erklären, warum jetzt ein schwarz-blauer Würgekurs weiter geführt wird, der für
die sozial Schwachen weitere Nachteile bringen wird." |