600 hölzerne Schriftzeugnisse wurden entziffert
Jena (pte) - Orientalisten der Universität Jena haben erstmals 600 hölzerne Schriftzeugnisse
aus dem antiken Südarabien entziffert, ins Deutsche übersetzt und veröffentlicht. Zwischen 800 vor
und 500 nach Christus wurden die Alltagstexte in Holzstäbchen geritzt und vom trockenen Wüstenklima konserviert.
Anhand dieser Quellen lässt sich die kulturelle, religiöse und wirtschaftliche Entwicklung des vorislamischen
Südarabien über 1.400 Jahre hinweg verfolgen. Das Projekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft
(DFG) gefördert.
"Vor allem der religiöse Bereich ist dabei sehr interessant", erklärt Projektbetreuer Norbert
Nebes. "So war beispielsweise der Jemen im 6. Jahrhundert einmal für fast 50 Jahre christlich. Und was
die Menschen in ihren persönlichen Briefen geschrieben haben, könnte uns zeigen, inwieweit religiöses
Denken ihr Handeln im Alltag prägte." Die hölzernen Warenetiketten wiederum lassen Rückschlüsse
auf Handelskontakte zu und helfen vielleicht dabei, die Beziehungen der südarabischen Völker zum Mittelmeer
und nach Ostafrika zu klären.
Die Stäbchen sind im Besitz der Bayerischen Staatsbibliothek München. "Der Bestand aus München
setzt sich hauptsächlich aus geschäftlichen und privaten Briefen, Urkunden, Verträgen und Etiketten
von Warensendungen zusammen", erklärt Nebes. Laut Peter Stein, der mit der Erschließung der Quellen
in Jena betraut ist, hat sich die Schrift der Texte in den 1.400 Jahren, die von den Münchener Stäbchen
abgedeckt sind, stark verändert. "Auf den ältesten Stäbchen ähnelt sie noch sehr der Monumentalschrift,
die wir aus den Inschriften der südarabischen Ruinenstädte kennen. Auf den jüngeren wird sie immer
mehr zu einer kursiven Kleinschrift, in der man schneller schreiben konnte", erklärt Stein.
Als Beschreibmaterial dienten kräftige Palmblattrippen. "Die antiken Kulturen Südarabiens waren
Oasenkulturen, die am Ausgang von Trockentälern in die Ebene entstanden", so Nebes. Durch die Täler
rauschen heute wie im Altertum zweimal im Jahr, wenn sich der Monsun i m jemenitischen Bergland abregnet, enorme
Hochwassermassen in Richtung Osten zu Tal. "Die Völker der Gegend haben schon früh gelernt, dieses
Wasser nicht einfach an sich vorbeilaufen und in der Wüste versickern zu lassen, sondern es mit Dämmen
festzuhalten und auf ihre Felder umzuleiten", so Nebes weiter. Dadurch konnten sie weitläufige Haine
von Dattelpalmen pflanzen. |