Regierungsbildung  

erstellt am
27. 02. 03

 Cap fordert Untersuchungsausschuss zu Abfangjäger-Ankauf
ÖVP war nie an stabiler und handlungsfähiger Regierung interessiert
Wien (sk) - Eine detaillierte Untersuchung des Ankaufs der Eurofighter im Rahmen eines Untersuchungsausschuss forderte der geschäftsführende SPÖ-Klubobmann Josef Cap am Mittwoch (26. 02.) anlässlich einer Dringlichen Anfrage im Nationalrat. "Wieso war sowohl bei den Regierungsverhandlungen der ÖVP mit den Grünen als auch bei ihren Gesprächen mit der SPÖ das Thema Abfangjäger ein wesentlicher Grund fürs Scheitern? Wieso wollen Sie kein Licht ins Dunkel bei den Beschaffungsvorgängen bringen? Wieso wehren Sie sich so vehement dagegen, dass die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ein Minderheitsrecht ist?", so Cap in Richtung Kanzler Schüssel. Die schwarz-blaue Regierung habe die Wähler mit ihrer Begründung, die Beschaffung laufe zum Nulltarif über die Bühne, "an der Nase herumgeführt".

Nach den Angaben von Finanzminister Grasser bestehe ein budgetärer Konsolidierungsbedarf von rund acht Mrd. Euro über die Legislaturperiode. Nehme man die Regierung beim Wort und unterstellt, dass sowohl Steuersenkungen als auch das Nulldefizit bis 2006 erreicht werden sollen, betrage der Konsolidierungsbedarf mehr als 13 Mrd. Euro in den Jahren 2003 bis 2006. Trotzdem bestehe die Regierung weiterhin auf einen Ankauf der Eurofighter, hielt Cap fest.

Cap warf ÖVP-Obmann Schüssel vor, in Wirklichkeit nie an einer stabilen, handlungsfähigen Regierung interessiert gewesen zu sein, die Gespräche mit der SPÖ seien nicht mit dem nötigen Ernst geführt worden. Als die SPÖ sich bereit erklärt habe, mit der ÖVP in Verhandlungen zu treten, habe Schüssel mit "bonapartistischer Wortwahl" (Andreas Koller, SN) erklärt, er lasse sich keine Bedingungen stellen. Die ÖVP ihrerseits habe jedoch mit ihrem Zehn-Punkte-Programm selbst Bedingungen gestellt, hielt Cap fest. Dies sei ein deutliches Indiz dafür, dass es VP-Chef Schüssel nie ernst war, mit der SPÖ zu verhandeln. Als dann auch noch die Verhandlungen der Volkspartei mit den Grünen gescheitert sind, "war der Lack ab". Cap wies in dem Zusammenhang auf die Kommentare führender Journalisten hin: "Ist Schüssel eher das Problem als die Lösung?" (Peter Rabl, Kurier vom 26.1.2003).

Nur mehr ÖVP-Generalsekretärin Rauch-Kallat glaube, dass die anderen Parteien Schuld gewesen seien, dass die Verhandlungen bzw. Gespräche gescheitert sind, machte Cap klar. Die ÖVP habe in Wirklichkeit von Beginn darauf abgezielt, mit dem billigsten Partner, also den Freiheitlichen, zu koalieren. "Reformwillig ist, wer zu 100 Prozent die Bedingungen der ÖVP akzeptiert", sei die Definition von Obmann Schüssel gewesen, "nur die ÖVP hat zu 100 Prozent die Wahrheit gepachtet". So könne man keine Partnerschaft eingehen, betonte Cap.

Österreich habe heuer mit sieben Prozent eine extrem hohe Arbeitslosigkeit, das Wirtschaftswachstum sei in den letzten Jahren stark hinter jenem der meisten EU-Staaten zurückgeblieben, das Einkommen der Arbeitnehmer lag im Jahr 2002 unter dem Wert des Jahres 2000, die unteren Einkommensschichten wurden durch eine Welle von Steuer- und Gebührenerhöhungen stark belastet, trotz der höchsten Steuer- und Abgabenquote wurde keine nachhaltige Budgetsanierung erreicht. Die dämpfenden Effekte dieser restriktiven Politik hätten zu weniger Wachstum, weniger Investitionen, weniger Einkommen, mehr Arbeitslosen, weniger Steuereinnahmen und zusätzlichen Ausgaben für Arbeitslosigkeit und Pensionen geführt. Jetzt gebe es seit sechs Monaten Stillstand, und was sei die Folge? Es gibt wieder einer schwarz-blaue Regierung.

Viele Bürger würden sich die Frage stellen, wieso eigentlich gewählt worden sei. Kanzler Schüssel habe diese Frage letzte Woche in "einem seltenen Moment von Offenheit" mit dem Hinweis auf die neue Sitzverteilung im Parlament beantwortet. Diese Antwort sei sehr dürftig, kritisierte der gf. SPÖ-Klubobmann. Grund für das Auseinanderbrechen der schwarz-blauen Koalition sei die Auseinandersetzung um eine Steuerreform gewesen, da dies letztendlich zu den Ereignissen von Knittelfeld geführt habe. Er glaube, so Cap, dass Schüssel Knittelfeld herbeiprovoziert habe. Findige Berater von Schüssel wären damals zum Schluss gekommen, dass Neuwahlen mehr Schwarz und weniger Blau bringe. Knittelfeld sei auch deshalb herbeiprovoziert worden, damit die Bundesregierung endlich die Arbeit einstellen konnte.

 

 Schüssel: Sicherheut des Landes zu ernst, um daraus Kabarett zu machen
Bundeskanzler zur Dringlichen im Plenum: Sicherheitspolitik hat nichts mit Polemik zu tun
Wien (övp-pk) - "Wir sollten uns angewöhnen, ein bisschen weniger in Feindbildern zu denken und zu reden", so Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel am Mittwoch (26. 02.) zur Rede von SPÖ-Klubobmann Dr. Josef Cap bei der Dringlichen Anfrage der SPÖ im Plenum des Nationalrats. Er, Schüssel, habe nach der Rede des SPÖ-Klubobmannes nicht das Gefühl, dass die SPÖ wirklich eine Partnerschaft mit der ÖVP eingehen wollte. "Ihre Rede war entlarvend!" Der Bundeskanzler betonte, in den letzten Monaten gute und sachliche Gespräche mit allen Parteien geführt zu haben. Das sei auch der Wählerauftrag gewesen - drei Kooperationsmöglichkeiten auszuloten und ernste Gespräche zu führen. Er habe allerdings das Gefühl gehabt, das bei Van der Bellen, Gusenbauer und Haupt ein anderer Ton vorgeherrscht habe. "Da war ein anderer lösungsorientierter Ansatz. Diese Polemik verdient nicht den Raum des Hohen Hauses, denn wir sollten uns ernsthaft darum bemühen, die bestmöglichen Lösungen zu finden."

Auf den Vorwurf, dass die Regierungsbildung so lange dauere, verwies Schüssel auf die Sozialdemokraten, die zwei Monate - bis 21. Jänner - gebraucht hätten, um überhaupt in Verhandlungen einzutreten. Die Grünen hätten bis zum 7. Februar gebraucht. Es komme nicht darauf an, Tempo zu machen und die Geschwindigkeit über alles zu stellen. Man müsse aufeinander zugehen und Geduld haben. "Die Zeit war nicht verloren", verwies Schüssel auf den für mehr als 80 Prozent herrschenden parteienübergreifenden Konsens in Fragen zu Europa, zur Außenpolitik und den Staatsfinanzen. "Man kann auf Dauer weder in der Familie noch im Staat mehr ausgeben als man einnimmt, und dieses Grundprinzip bleibt wichtig."

Die Frage der Pensionssicherungsreform schien in der Analyse unbestritten, man sei aber im Weg unterschiedlicher Meinung gewesen. Eine sachliche Auseinandersetzung gehöre zum politischen Stil.

Auch hinsichtlich der nachhaltigen Sanierung des Gesundheitssystems habe man in der Analyse übereingestimmt. "Wir waren in den Gesprächen schon näher zusammen als das heute zum Ausdruck gekommen ist. Bleiben wir bei dem sachlichen Stil, der die Verhandlungen ausgezeichnet hat", mahnte Schüssel. Ähnliches gelte für Österreichs Sicherheitspolitik. Die Opposition habe dazu einen Nationalen Sicherheitsrat gefordert und damit Recht gehabt. Die Irak-Krise sei eine der schwersten außenpolitischen Krisen, die derzeit zu behandeln sei. "Aber wie ernst ist Ihnen das Anliegen, wenn Sie mich befragen, was wir denn alles tun, um etwa Truppentransporte auf dem Landweg zu behindern oder wie weit wir in der Lage sind, die Kontrolle über den Luftraum wahrzunehmen, wenn Sie gleichzeitig nicht auch B sagen und bereit sind, den österreichischen Luftraum zu schützen? Da geht es um Staatspolitik."

Zu den Gesprächen mit der SPÖ erinnerte Schüssel an die Aussagen von SP-Haider, der zunächst kritisierte, dass die SPÖ mit der ÖVP Gespräche führt und es dann skandalös fand, dass die ÖVP mit der FPÖ verhandelt. "Wer A sagt, sollte auch B sagen." Er, Schüssel, habe das Gefühl, dass vielfach die zweite und dritte Reihe viel dazu beigetragen habe, dass es nicht zu einer Zusammenarbeit gekommen sei.

"Wir haben uns in manchen Punkten nicht einigen können", verwies Schüssel beispielsweise auf die Bereiche Frühpensionen und den SPÖ-Vorschlag, massiv in bestehende Pensionen mit Solidarbeiträgen bis zu zehn Prozent einzugreifen. "Ich glaube, dass dies verfassungsrechtlich mit dem Vertrauensschutz nicht vereinbar ist."

Hinsichtlich des öffentlichen Dienstes bekundete der Bundeskanzler seinen "großen Respekt vor den Leistungen der österreichischen Beamten". Er bekenne sich zu den Einsparzielen. Die 25 Prozent, von denen Gusenbauer aber einmal gesprochen habe, seien "unrealistisch" und bei weitem "zu hoch gegriffen". Der Österreichkonvent könnte hier einen wichtigen parteiübergreifenden Beitrag liefern.

Die Kritik, dass Österreich heute schlechter als vor drei Jahren dastehe, wies Schüssel vehement zurück. Er verwies unter anderem auf das um fast zehn Prozent gestiegene Bruttoinlandsprodukt von derzeit 216 Milliarden Euro, die heute 50.000 mehr Arbeitsplätze, die gestiegene Bruttolohnentwicklung um 1,3 Prozent, die gestiegene Mindestpension für Ehepaare um 15 Prozent auf 966 Euro und den erstmaligen Handelsbilanzüberschuss. Auch die "kleine österreichische Börse hat sich exzellent unter den Besten der Welt behauptet." "Wenn Sie die Produktivitätsentwicklung der letzten zehn Jahr nehmen, so ist Österreich mit 62 Prozent Plus das beste Land überhaupt weit vor Japan und USA", sagte Schüssel weiter und hob zudem die Überlebensquote von Jungunternehmern von 72 Prozent hervor.

In den letzten sechs Monaten seien die schweren Folgen der Hochwasserkatastrophe zu bewältigen gewesen. Mit Hilfe der Sozialpartner sei ein Konjunkturpaket von 1,1 Milliarden Euro geschnürt worden. "Diese Regierung hat nicht gezögert, sie hat gehandelt und für Österreich sehr viel Positives weitergebracht", erinnerte der Bundeskanzler auch an die Universitätsreform und das Transitkapitel, wo eine einstimmige Entschließung für eine Verlängerung des Ökopunkteregimes erreicht werden konnte.

Hinsichtlich der Anfrage zu den Abfangjägern verwies der Bundeskanzler darauf, dass seitens des Ministeriums für Landesverteidigung alle Vorbereitungen für den Abschluss eines Kaufvertrages getroffen worden seien. Man habe aber die Entscheidung bewusst hinausgezögert, damit die neue Bundesregierung und das neue Parlament die Entscheidungshoheit behalten. Im Beschaffungsvorgang würden verschiedene Finanzvarianten geprüft. Insgesamt gehe man von 18 Fliegern mit der Option auf weitere sechs aus. Schüssel verwies zudem darauf, dass sich die SPÖ im gemeinsamen Regierungsprogramm vom Februar 2000 noch für eine möglichst kostengünstige Nachbeschaffung der Draken ausgesprochen habe. "Sie waren immer für die Abfangjäger, solange Sie in der Regierung waren - kaum in der Opposition haben Sie sich um 180 Grad gedreht", so Schüssel zur SPÖ. Bereits Bruno Kreisky habe am 7. September 1981 wörtlich erklärt, dass Abfangjäger eine echte Neutralitätsschutzmaßnahme seien. "Ein bisschen von staatspolitischem Geist jenseits des Geplänkels" wünsche er, Schüssel, sich gerade jetzt vor dem Hintergrund der Irak-Krise. "Die Sicherheit des Landes ist zu ernst, um daraus ein Kabarett zu machen", so der Bundeskanzler abschließend.

 

 Scheibner: Beschaffungen für Luftraumüberwachungen notwendig
Wien (fpd) - "Österreich braucht Politiker, die sich vorbehaltlos zur Sicherheit dieses Landes und seiner Bevölkerung bekennen und zwar auch dann, wenn es vielleicht vordergründig unpopulär ist", sagte Verteidigungsminister Herbert Scheibner im Rahmen der Dringlichen Anfrage am Mittwoch (26. 02.). Politiker aller Fraktionen sollten sich davor hüten, auf dem Rücken der Sicherheit dieses Landes Parteipolitik machen. "Sie tun der Sicherheit unseres Landes wirklich einen schlechten Dienst", so Scheibner in Richtung SPÖ und Grüne.

Es sei notwendig, die Nachbeschaffung zu tätigen. "Man kann verschiedener Meinung sein, ob die eine Type die bessere ist oder die andere. Aber den Grundsatz sollte man außer Streit stellen, daß es auch in Zukunft notwendig sein werde, mit Abfangjägern den Luftraum zu überwachen und auch zu sichern.

Zur Darstellung von SP-Vorsitzendem Gusenbauer, man sollte auf die Abfangjäger verzichten und in ein Europäisches Sicherheitssystem hineingehen und sich dort aufgabenteilig um Dinge kümmern, meinte der Verteidigungsminister, daß ein gemeinsames europäisches Verteidigungssystem, das die Abfangjäger obsolet machen würde, jedenfalls nicht absehbar sei.

Wie Scheibner betonte, unterstütze er kein Konzept, wonach es eine von Brüssel gesteuerte Europa-Armee gebe, wo Brüssel darüber entscheide, wohin österreichische Soldaten entsendet würden. Das muß Kompetenz Österreichs bleiben, betonte der Verteidigungsminister. Deshalb werde es auch auf absehbare Zeit notwendig sein, diese Souveränität aus eigenen Kräften zu bewerkstelligen.

Den Vorwurf der Grünen, es gebe den schwerwiegenden Verdacht der Schiebung, wies Scheibner mit aller Deutlichkeit zurück. Die Staatsanwaltschaft habe anonyme Anzeigen überprüft und keine Verdachtsmomente gefunden. ´Darüber hinaus verwies er auf die begleitende Prüfung des Rechnungshofes. Als die Neuwahlen fixiert gewesen seien, als klar gewesen sei, daß er das Verfahren nicht mehr abschließen könne, habe er die Vertragsverhandlungen gestoppt, erklärte der Verteidigungsminister. Die künftige Bundesregierung werde das Beschaffungsverfahren fortzuführen haben.
 
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