Weitere Rekonstruktionen von Bauten der Eisenzeit
Schwarzenbach (nlk) - Der Wiederaufbau von keltischen Häusern auf der „Burg“ über der Marktgemeinde
Schwarzenbach (Bezirk Wiener Neustadt) geht auch 2003 weiter. Nachdem 2002 zwei keltische Gebäude aus der
Späteisenzeit, ein Handwerkerhaus in Pfostenbauweise und ein als Blockbau auf einen Steinfundament errichteter
Speicher, rekonstruiert wurden, werden heuer zwei weitere Bauten errichtet: Ein Wohnhaus mit Schwellen-Ständerbauweise
und eine Töpferei mit einem in den Boden eingetieften Brennofen. Zudem sind ein Wohngebäude in kombinierter
Block- und Ständerbauweise, ein Wirtschaftsgebäude und ein Haus als Baustelle geplant, in welchem die
Bearbeitungsweise und die für verschiedenes Holz verwendeten Werkzeuge präsentiert werden.
Das intensive Studium der eisenzeitlichen Werkzeugkultur und der archäologischen Befunde waren Voraussetzungen
für einen wissenschaftlich vertretbaren Wiederaufbau. Die Rekonstruktionen der Bauten basieren großteils
auf Grabungsergebnissen aus zehn Jahren archäologischer Forschung in Schwarzenbach. Die verwendeten Baumaterialien
standen auch in der Eisenzeit zur Verfügung, der Einsatz der verschiedenen Holzarten entsprechen der Technologie
dieser Zeit. Für die praktischen Arbeiten wurden Werkzeuge nach keltischen Vorbildern angefertigt: Tüllenäxte,
Lappendechsel, Ziehmesser, Löffelbohrer, Stemmbeitel, Zugsägen und Reißnadeln.
Archäologische Freilichtmuseen erlebten in den letzten Jahren europaweit einen Boom, dessen Ende sich zur
Zeit noch nicht absehen lässt, so Mag. Wolfgang Lobisser vom Interdisziplinären Forschungsinstitut der
Universität Wien. Rekonstruierte Häuser würden sehr viel über ihre Bewohner und deren Wirtschaftsweise,
den sozialen Status und den Broterwerb erahnen lassen. Lobisser: „Experimentelle Archäologie ist wie kaum
eine andere wissenschaftliche Methode geeignet, Interpretationen von Grabungsbefunden in der Praxis zu erproben.“
Auch heuer werden die Ausgrabungen der Siedlung auf der „Burg“ weitergehen, meinte Dr. Wolfgang Neubauer vom Vienna
Institute for Archaeological Science. Nicht nur die eisenzeitlichen Funde und die Belegstücke aus der Bronzezeit,
die immer wieder auf der Bergkuppe rund um den im Jahr 2000 mit Mitteln des Landes Niederösterreich und der
Eco Plus errichteten Aussichtsturm gefunden wurden, sondern auch besonders die 2002 gefundenen, spätneolithischen
Reste würden, so Neubauer, die Bedeutung dieser Siedlung noch klarer herausstreichen. Neben keramischem Fundmaterial
seien vor allem mehrere Steinbeile, Reibplatten und Silex-Pfeilspitzen hervorzuheben. Mit jedem Neufund werde klarer,
dass man mit der massiv befestigten Siedlung Schwarzenbach „eine der größten archäologischen Städte
aus der Keltenzeit in Österreich“ fassen könne, meinte Neubauer. Die Siedlung stand im Zusammenhang mit
den Zentren der urzeitlichen Gewinnung und Verarbeitung von Eisen in der Oberpullendorfer Bucht, wodurch ihre Bedeutung
für die Wissenschaft zusätzlich wächst. Zudem haben die Archäologen mittlerweile die digitale
Grabungsdokumentation weiterentwickelt. 2002 ist erstmalig ein 3D-Laser-Scanner zur zentimetergenauen Dokumentation
der Oberflächen zum Einsatz gekommen. Das bringt nicht nur detaillierte topografische Modelle der Schichtoberflächen,
sondern beschleunigt auch die Dokumentation um das Fünffache. Die Grabungen auf der „Burg“ werden im Sommer
2003 mit Fördermitteln der Kulturabteilung des Landes Niederösterreich weitergeführt und können,
wie auch die Rekonstruktionen, im Rahmen des 6. Keltenfestes vom 20. bis 22. Juni besucht werden. |