Wirtschaftpolitik – Regierungsprogramm  

erstellt am
06. 03. 03

 Wirtschaftsstandort Österreich stärken - Chancen nützen - Risiken minimieren
Bartenstein präsentiert ausgewählte Schwerpunkte der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik aus dem Regierungsprogramm 2003-2006
Wien (bmwa) - "Die weitere Stärkung des Wirtschaftsstandortes Österreich zählt zu den zentralen Anliegen des neuen Regierungsprogramms. Die bevorstehende EU-Erweiterung öffnet große Chancen, die genützt werden müssen, und in wesentlich geringerem Ausmaß doch auch Risiken, die es zu minimieren gilt." Das erklärte Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein bei einer Pressekonferenz als Leitgedanke der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik im Regierungsprogramm für 2003-2006. Vorgesehen sind eine weitere Förderung von Unternehmensgründungen, die Intensivierung von Forschung und Entwicklung sowie eine vernünftige Privatisierung. Österreich leiste damit seinen Beitrag zur "Lissabon-Strategie" der Europäischen Union mit dem Ziel, die EU zum wettbewerbfähigsten Wirtschaftsraum der Welt zu machen. Österreich liege bei einem Vergleich mit anderen EU-Ländern im guten bis oberen Mittelfeld, so Bartenstein weiter, an letzter Stelle liege das Land lediglich bei den Ladenöffnungszeiten, was sich aber rasch ändern solle.

Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten bei Beibehaltung der Sonntagsruhe
Zur Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten kündigte Bartenstein schon bald einen Initiativantrag der ÖVP im Nationalrat an. Die künftige gesetzliche Regelung wird eine Aufhebung der derzeit gültigen Tagesrahmenzeiten und eine völlige Flexibilität zwischen Montag 05:00 Uhr und Samstag 18:00 Uhr bei einer maximalen Öffnungszeit von 66 Stunden pro Woche vorsehen. In den einzelnen Bundesländern können die Landeshauptleute einerseits Tagesrahmenzeiten verordnen, andererseits die Öffnungszeiten auf maximal 72 Wochenstunden erweitern. Machen sie davon nicht Gebrauch, wird eine Tagesrahmenzeit von 05:00 Uhr bis 21:00 Uhr bzw. an Samstagen bis 18:00 Uhr gelten. Korrespondierend dazu wird das Arbeitszeitrecht für die Samstagbeschäftigung adaptiert. Handelsähnliche Dienstleistungen - z.B Friseure, Banken, Schuhreparaturen - sollen darin einbezogen werden. Der Sonntag bleibt unangetastet. Bartenstein: "Das will eine breite Mehrheit so, und das will auch ich so".

Zur Sicherung der Nahversorgung kündigte der Wirtschaftsminister in diesem Zusammenhang eine Übertragung der derzeit kaum genutzten Verkehrsanschlussabgabe aus der Zuständigkeit der Gemeinden in jene der Länder an. Er erwartet sich davon eine häufigere Nutzung dieses Instruments, dessen Erträge für Maßnahmen der Nahversorgung gesichert werden sollen.

In der neuen Regelung - sie könnte bereits im Sommer dieses Jahres zu greifen beginnen - sieht Bartenstein eine Antwort auf rund um die Uhr bestehende Einkaufsmöglichkeiten jenseits der Grenzen, die vor allem für die Zeit nach dem EU-Beitritt der östlichen Nachbarn und dem Wegfall zoll- und handelsrechtlicher Beschränkungen große Bedeutung erlangen wird.

Maßnahmen für ältere Arbeitnehmer
Die Pensionsreform erfordert begleitende Maßnahmen für ältere Arbeitnehmer. Neben Bewusstsein bildenden Maßnahmen bei Unternehmen über den Wert des Wissens und der Erfahrung älterer Arbeitnehmer erachtet Bartenstein eine Reihe rasch wirksamer Verbesserungen der Rahmenbedingungen für notwendig: Die Aktion "56/58 Plus" sieht eine Senkung der Lohnnebenkosten für ältere Arbeitnehmer vor, eine Qualifikationsoffensive stellt Mittel der aktiven Arbeitsmarktpolitik für die Qualifizierung älterer Arbeitnehmer mit gefährdeten Arbeitsplätzen vor und länger als acht Wochen Arbeitslose über 50 und unter 25 werden ein Recht auf Qualifizierungsmaßnahmen bekommen. Vorgesehen ist auch eine Verlängerung und Reform der Altersteilzeit über den 31.12.2003 hinaus, wobei Missbrauchsmöglichkeiten ausgeschaltet werden sollen. Nach Auslaufen der vorzeitigen Alterspension wegen langer Arbeitslosigkeit wird das "Altersübergangsgeld" eingeführt, dessen Höhe sich an der zu erwartenden Pension orientieren wird. Schließlich soll mit einer Reform das Bonus-/Malus-System stärker an der Dauer der Betriebszugehörigkeit orientiert werden (je länger im Betreib, desto höher der Malus) und die Ungleichbehandlung von Männern und Frauen bei der Freisetzung beseitigt werden (derzeit ist die Freisetzung einer Frau wesentlich kostengünstiger als die eines Mannes).

Die Sozialpartner werden aufgerufen, mit einer schrittweisen Abflachung der Leibenseinkommenskurve das Klischeebild der "teuren Alten" zu beseitigen und damit die Beschäftigungschancen der über 50jahrigen zu verbessern.

Anspruch auf Teilzeit für Eltern
Zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird ein Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung für Eltern bis zum Ablauf des siebenten Lebensjahres des Kindes oder bis zum Schuleintritt bei gleichzeitigem Recht auf Rückkehr in Vollbeschäftigung eingeführt. Das gilt für Arbeitnehmer/ innen mit mehr als drei Jahren Zugehörigkeit in Betrieben mit mehr als 20 Beschäftigten. In Streitfällen soll ein sozialpartnerschaftlich besetztes Kollegialorgan als Schiedsstelle entscheiden. Bartenstein hofft, dass vermehrt auch Männer das Recht auf Teilzeit in Anspruch nehmen werden.

 

 Bures: Regierungsprogramm bei weitem nicht ausreichend, um Arbeitslosigkeit bei Jungen und Älteren zu reduzieren
Wien (sk) - "Der neuerliche Anstieg der Arbeitslosigkeit auf 295.000 Personen im Februar dokumentiert vor allem, dass die Arbeitsmarktpolitik der schwarz-blauen Regierung in den letzten drei Jahre kläglich versagt hat. Die heutige Präsentation des Regierungsprogramms für die Arbeitsmarktpolitik durch Minister Bartenstein verlief daher auch sehr enttäuschend, da die vorgestellten Maßnahmen bei weitem nicht reichen werden, um die Arbeitslosigkeit bei den Älteren und den Jungen einzudämmen", sagte am Mittwoch (05. 03.) SPÖ-Bundesgeschäfts- führerin Doris Bures in Reaktion auf eine Pressekonferenz von Arbeitsminister Bartenstein.

Es sei zu befürchten, dass die angekündigten Maßnahmen zur Reduktion der Altersarbeitslosigkeit "wieder nur Lippenbekenntnisse sind, wie es in der Vergangenheit immer wieder der Fall war". So werde die Abschaffung der Frühpensionen vor allem die Altersarbeitslosigkeit weiter stark erhöhen, ohne dass ausreichende Maßnahmen geboten werden, um ältere Menschen länger in Beschäftigung halten zu können. Eine Lohnnebenkostensenkung für Über-50-Jährige ohne einen verstärkten Kündigungsschutz werde nicht reichen, um eine Kündigungsentscheidung zu beeinflussen, kritisierte Bures. Der Ausbau des Bonus-Malus-Systems - also die Erhöhung der Abschläge pro Jahr vorzeitigem Pensionsantritt auf 4,2 Prozent - im Übergangsrecht stellt für Bures eine "massive Pensionskürzung" dar.

Bures fordert unbedingt eine Anhebung der Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik und ein Jugendbeschäftigungspaket, das auch die Lehrlingsstiftungen beinhaltet. Die Schwarzbeschäftigung müsse ebenfalls wirksamer als bisher bekämpft werden. Zur Ankurbelung der Wirtschaft, der Stärkung der Kaufkraft und damit zur Schaffung von neuen Arbeitsplätzen sei eine vorgezogene Steuersenkung für kleine und mittlere Einkommen, so wie es die SPÖ fordert, unabdingbar. "Eine Steuerreform im nächsten und übernächsten Jahr hilft uns jetzt in dieser schwierigen Situation nichts", so Bures abschließend.

 

Kritik an Wirtschaftsminister Bartenstein
Leutner: Programm für Ältere enthält Geschenke für Unternehmer und Belastungen für ArbeitnehmerInnen
Wien (ögb) - Kritische Töne kamen heute vom Leitenden Sekretär des ÖGB, Dr. Richard Leutner, zu den Ankündigungen von Wirtschaftsminster Bartenstein am Mittwoch (05. 03.): "Das Wirtschaftsprogramm der Regierung enthält keine stimulierenden Wachstumsimpulse. Ganz im Gegenteil: Auch in der Konjunkturflaute wird durch Belastungen den ÖsterreicherInnnen Kaufkraft in einer Größenordnung von drei Mrd. Euro - beispielsweise eine Mrd. Euro bei den Pensionen und eine Mrd. Euro im Gesundheitssystem - entzogen."

Vor allem bei der Pensionsreform sind die zu erwartenden Auswirkungen auf dem Arbeitsmarkt völlig unbeleuchtet geblieben. Es muss davon ausgegangen werden, dass durch die geplante Abschaffung der Frühpensionen und durch Leistungskürzungen sich das Angebot am Arbeitsmarkt in den nächsten Jahren um bis zu 130.000 Menschen erhöhen wird. "Die in den nächsten Jahren ohnehin angespannte Lage für ältere ArbeitnehmerInnen wird sich dadurch weiter dramatisch verschärfen", stellte Leutner fest.

Angesichts dieser Situation ist es bedauerlich, dass der Bundesregierung nur neue Geldgeschenke für Unternehmer in Form einer Lohnnebenkostensenkung einfallen, die von den ArbeitnehmerInnen durch Beitragserhöhungen in der Sozialversicherung bezahlt werden müssen und darüber hinaus auch ein späteres Einsetzen des Kündigungsschutzes bei älteren ArbeitnehmerInnen geplant ist. "Derartige Maßnahmen sind inadäquat und völlig unzureichend", kritisierte Leutner. Was sich die Menschen in Österreich erwarten, ist eine nationale Kraftanstrengung mit dem Ziel "Arbeit zu ermöglichen, statt Menschen in die Arbeitslosigkeit abzuschieben". Der ÖGB hat in den vergangenen Monaten auch immer wieder Vorschläge wie die Verbesserung des Kündigungschutzes und eine Qualifizierungsoffensive für ArbeitnehmerInnen über 40 Jahre vorgelegt. "Was Bartenstein heute präsentierte ist genau das Gegenteil. Er agiert im Stil eines Wirtschaftsministers und vergisst, dass er auch Arbeitsminister ist", stellte Leutner abschließend fest.
     
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