Österreichs Biotechnologie fordert
wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen
 

erstellt am
06 03. 03

Forderungen an die neue Bundesregierung: Umsetzung der Biopatent-Richtlinie - konkurrenzfähige Bildungs- und Forschungspolitik - steuerliche Anreize
Wien (halik) - "Die Biotechnologie in Forschung und Industrie benötigt ‚Political Leadership' auf allen politischen Ebenen. Einzelne Politikfelder und Regelungsbereiche müssen sich synergistisch unterstützen und nicht gegenseitig widersprechen. Dazu ist eine Vereinfachung der Aufteilung der für die Biotechnologie relevanten Kompetenzen innerhalb der Bundesregierung notwendig", lautet der Tenor Österreichs führender Interessengemeinschaften der Biotechnologie aus Wirtschaft und Wissenschaft anlässlich einer Pressekonferenz in Wien.

Nur so könne die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Biotechnologie und damit auch der Forschungs- und Wirtschaftsstandort gesichert und gestärkt werden. In einem Forderungsprogramm an die neue Bundesregierung haben die Arbeitsgemeinschaft Austrian Biotech Industry (ABI), die Österreichische Gesellschaft für Biotechnologie (ÖGBT) und die Österreichische Gesellschaft für Genetik und Gentechnik (ÖGGGT) die notwendigen Maßnahmen zusammengefasst.

Förderung von Bildung und Forschung
Einen klaren Handlungsbedarf sehen die Biotechnologie-Gemeinschaften vor allem in der Bildungs- und Forschungspolitik. "Es sind eine Reihe an begleitenden Maßnahmen erforderlich, um die Forschungsquote von 2,5 % des BIP auch wirklich zu erreichen", betont Prof. Dr. Nikolaus Zacherl, Direktor des Forschungsinstituts für Molekulare Pathologie. Die derzeit von der öffentlichen Hand bereitgestellten Budgetmittel für Grundlagen- und angewandte Forschung sind bei weitem nicht ausreichend. "Wir benötigen eine nachhaltige und langfristig berechenbare Forschungsförderung mit klaren Kompetenzen auf Ministerienebene", so Zacherl. Die Vergaberichtlinien der einzelnen Fördereinrichtungen und -programme müssten auch in Zukunft den jeweiligen, unterschiedlichen Aufgabenstellungen angepasst bleiben.

Unbedingt notwendig sei auch die Erhöhung der Akademikerquote. Das bedingt eine Steigerung der Attraktivität der naturwissenschaftlichen Ausbildung. "Wenn man aber schon in den Schulen den Sparstift gerade bei den naturwissenschaftlichen Fächern ansetzt, darf man sich nicht wundern, wenn an den Universitäten die einschlägigen Studien nicht ausreichend belegt werden und in weiterer Folge Arbeitskräfte fehlen", erläutert Univ.-Prof. Dr. Karl Bayer, Sprecher der ÖGBT sowie Professor am Institut für Angewandte Mikrobiologie der BOKU Wien. In diesem Zusammenhang ist auch eine bessere Abstimmung mit den Fachhochschulstudiengängen einzufordern. Dazu kommen noch restriktive arbeits- und aufenthaltsrechtliche Bedingungen für ausländische Studierende, Wissenschaftler und hochqualifizierte Arbeitskräfte. Auch hier ist der Gesetzgeber gefordert. Nachwuchsprobleme in der wissenschaftlichen Forschung sind zudem durch die starren Regelungen im Universitätsdienstrecht zu befürchten. Personalentwicklung gehöre daher in den Verantwortungsbereich der Universitäten, so Bayer.

Biotech-Wirtschaft braucht Patentschutz
"Die Biotech-Industrie steht wie kaum eine andere Branche im globalen Wettbewerb. Wir benötigen eine unverzügliche Umsetzung der EU-Richtlinie zum Schutz biotechnologischer Erfindungen in österreichisches Recht", legt Univ.-Prof. Dr. Ernst Leitner, Obmann der ABI und Forschungsleiter der Biochemie GmbH, den Standpunkt der Wirtschaft dar. Nur mit EU-weit harmonisierten und eindeutigen Normen könne endlich Rechtssicherheit geschaffen werden, unter welchen Voraussetzungen biotechnologische Erfindungen patentiert werden können. Andernfalls sei die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Biotech-Industrie, insbesondere der dynamischen "Biotech-Start Ups", und die Entwicklung des gesamten Biotech-Standortes Österreich gefährdet.

"Der Zusammenhang zwischen Patentschutz und der Verfügbarkeit von Risikokapital, grundsätzlicher Investitionsbereitschaft sowie der Entwicklung von Biotech-Firmen mit ihren hochqualifizierten Arbeitsplätzen ist längst nachgewiesen", so Leitner.

Verbesserte steuerliche Rahmenbedingungen
Steuerrechtliche Impulse benötigen vor allem die Biotech-Start Ups. Diese Unternehmen sind durch eine lange F&E-Phase, hohen Finanzbedarf und operative Verluste in den ersten Jahren gekennzeichnet. "Der heimische Venture Capital-Sektor hat sich in den letzten Jahren zwar erfreulich entwickelt, dennoch müssen weitere Anreize für Investoren geschaffen werden, in Biotech-Unternehmen zu investieren", erklärt Prof. Zacherl.

Hier sei eine Erhöhung der öffentlichen Mittel für so genannte "Early-Stage-Finanzierungen" in der Gründungs- und ersten Wachstumsphase von Unternehmen genauso gefordert wie die Weiterentwicklung der öffentlichen Garantieinstrumente für Venture Capital.

An weiteren steuerpolitischen Maßnahmen wären von der neuen Bundesregierung umzusetzen: eine steuerliche Begünstigung für nicht entnommene Gewinne sowie die Einführung eines "Verlustrücktrages", der es ermöglicht, Verluste des aktuellen Wirtschaftsjahres mit den geleisteten Ertragssteuern vergangener Wirtschaftsjahre gegenzurechnen. Zudem sollte Auftragsforschung auch dann für die Berechnung des Forschungsfreibetrages anrechenbar sein, wenn sie von Institutionen ausgeführt wird, die selbst keinen Forschungsfreibetrag geltend machen können.

Biotechnologie in Österreich
Biotechnologische Forschung wird in Österreich schon lange und erfolgreich betrieben. Der dynamische Wirtschaftszweig Biotechnologie erwirtschaftete 2002 einen Umsatz von rund 2,4 Milliarden Euro.

Für 2003 sind von den heimischen Unternehmen 370 Millionen Euro an Forschungsaufwand budgetiert. Zusätzlich stehen 110 Millionen Euro für Forschungsinvestitionen zur Verfügung.
 
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