Sima: Umweltschutz
bleibt weiter Anhängsel der Landwirtschaft
Minister Pröll vergibt Chancen, Hoffnungen auf große Reformschritte werden enttäuscht
Wien (sk) - "Ein neuer Minister bringt gewisse Chancen, wenn man sich aber das schwarz-blaue
Regierungsprogramm und das Kapitel 'Nachhaltigkeit, Umwelt und Landwirtschaft' ansieht, dann sind diese Hoffnungen
schnell enttäuscht", unterstrich SPÖ-Umweltsprecherin Ulli Sima Montag (10. 03.)
in einer Pressekonferenz. Große Reformschritte suche man vergebens, der "magere" Ist-Zustand werde
lediglich weiter verwaltet, so Sima. Die SPÖ-Umweltsprecherin sieht bereits "vorprogrammierte Interessenkonflikte,
vor allem in den Bereichen Wasserschutz und Wälder, immerhin habe der neue Umweltminister Pröll einen
starken agrarischen Hintergrund, da er aus dem Bauernbund kommt. Befürchtungen, dass Umweltschutz weiter ein
Anhängsel der Landwirtschaft bleibe, werden sich wohl bestätigen.
"Von der Vorreiterrolle im Bereich Umwelt- und Nachhaltigkeitspolitik, die Schwarz-Blau ständig bemühen,
ist jedenfalls weit und breit nichts auszumachen", so Sima. Umweltschutz sei so wie Nachhaltigkeit - die im
gesamten Koalitionsabkommen abgesehen von der Überschrift nicht vorkomme - für diese Regierung kein Anliegen.
"Wo die von Minister Pröll ins Treffen geführte 'Klammer Nachhaltigkeit' zu finden ist, ist völlig
unklar", kritisierte Sima. In Kernbereichen wie dem Klimaschutz oder der Anti-Atom-Politik seien die Pläne
unambitioniert. Eine große Chance, wieder aktive Umweltpolitik zu machen, sei leider vergeben worden.
Zum Thema Klimaschutz kritisierte Sima, dass bis jetzt keine zusätzlichen Mittel für diesen wichtigen
Bereich ausgegeben wurden. Es seien pro Jahr 90 Millionen Euro notwendig, um das österreichische Kyoto-Ziel
zu erreichen. Ausgegangen wurde dabei von einem Start dieser Investitionen 2000, bisher hat es keine zusätzliche
Mittel in diesem Bereich gegeben. Nun wolle man 2004 beginnen - von 2004 bis 2006 werden die Budgetmittel laut
Koalitionsabkommen um 30 Millionen Euro aufgestockt, erst 2006 wird die volle Summe von 90 Millionen investiert.
"So wird Österreich das Kyoto-Ziel nicht erreichen." Außerdem hätten laut einer Wifo-Studie
durch die Investitionen in den Klimaschutz 25.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden können. Die SPÖ
fordert daher die sofortige gesicherte Finanzierung der überfälligen Klimaschutzmaßnahmen von 90
Millionen Euro pro Jahr.
Zur nuklearen Sicherheit unterstrich Sima, dass das Regierungsprogramm einer "Bankrotterklärung der heimischen
Anti-Atompolitik" gleichkommt. Die schwarz-blaue Regierung habe in der letzten Legislaturperiode so gut wie
alle Chancen gegen das Akw Temelin verschenkt. Sima plädierte daher dafür, die österreichische Anti-Atompolitik
völlig neu zu orientieren und auf europäischer Ebene Verbündete zu suchen. Der Kampf gegen Einzel-Akw
habe bisher keinen Erfolg gezeitigt, so die SPÖ-Umweltsprecherin.
Sima sprach sich auch vehement gegen eine Aufstockung der EURATOM-Kredite von vier auf sechs Milliarden Euro aus.
Denn mit diesem Geld werde nicht bloß in die Sicherheit von osteuropäischen Akw investiert, es werden
damit auch sechs neue Reaktoren an vier russischen Standorten finanziert. Die SPÖ fordert daher ein klares
Nein von der Bundesregierung zur Aufstockung der EURATOM-Kredite.
Eine dramatische Entwicklung ortet die SPÖ-Umweltsprecherin im Bereich Abfall. "Die Müllberge wachsen
rasant, die Mehrwegverpackungen verschwinden aus den Regalen", wies Sima hin. Bei Mineralwasser etwa sei der
Anteil von Mehrwegflaschen von 59 Prozent 1999 auf 43 Prozent 2002 zurückgegangen. Obwohl die Menge an gesammelten
PET-Flaschen in den letzten Jahren von 10.000 auf 15.000 Tonnen gestiegen sei, gebe es bisher keine gegensteuernden
Maßnahmen von der Regierung. "Offenbar will man nichts unternehmen, um den sinkenden Anteil an Mehrweggebinden
wieder anzuheben", kritisierte die SPÖ-Politikerin. Die SPÖ fordert eine Pfandpflicht oder einen
Entsorgungsbeitrag zur Eindämmung der Plastikeinweg-Flaschen und Alu-Dosen am Getränkemarkt.
Da das EU-Moratorium betreffend der Marktzulassung von gentechnisch veränderten Pflanzen in Kürze fallen
könnte, sei eine wahre Flut an neu zugelassenen Gentech-Pflanzen in der EU zu erwarten, so Sima. "Die
schwarz-blaue Regierung hat bis heute keine ausreichenden Maßnahmen ergriffen, um diese Entwicklung abzufedern.
Es gibt auf Bundesebene keine Regelung." Als völlig unverständlich bezeichnet Sima den aktuellen
Vorstoß von EU-Kommissar Fischler, wonach Biobauern für Schutzmaßnahmen und Pufferzonen selbst
verantwortlich sind. "Fischler wälzt damit jegliche Verantwortung auf die Bauern ab und versetzt der
gentechnikfreien Zone in Europa einen Todesstoß", kritisierte Sima. Bei einem wahllosen Nebeneinander
von gentechnikfreier Landwirtschaft und jener, die Gentechnik einsetzt, komme es nach wenigen Monaten zu einer
völligen Durchmischung, eine gentechnikfreie Produktion sei dann unmöglich. Die SPÖ lehnt daher
den Fischler-Vorschlag ab und fordert, keine gentechnikmanipulierten Pflanzen in Österreich freizusetzen. |
Kopf: Regierungsprogramm lesen, bevor man es kritisiert
Aufstockung der Gelder für Klimaschutz - Anti-Atomkurs wird weitergeführt
Wien (övp-pk) - Als "oppositionelle Pflichtübung" bezeichnete ÖVP-Energie-
und Umweltsprecher Abg. z. NR Karlheinz Kopf am Montag (10. 03.) die Aussagen von SPÖ-Umweltsprecherin
Ulli Sima. "Es hätte Sinn gemacht, wenn Sima das Regierungsprogramm wenigstens gelesen hätte, bevor
sie es kritisiert", so Kopf. Nicht umsonst schrieben die "Salzburger Nachrichten" in ihrer heutigen
Ausgabe, das Regierungsübereinkommen trage eine "nicht zu übersehende ökosoziale Handschrift",
sagte Kopf.
Simas Äußerungen bei ihrer heutigen Pressekonferenz entsprächen nicht den Tatsachen. "Beim
Klimaschutz etwa werden die Budgetmittel in den Jahren 2004 bis 2006 um je 30 Millionen Euro aufgestockt",
so Kopf. Außerdem verfolge Österreich weiterhin zielstrebig seinen Anti- Atomkurs. "Im Regierungsübereinkommen
steht ganz klar, dass sich die Entscheidung Österreichs daran orientieren wird, dass keine zusätzlichen
Mittel für den Neubau, die Kapazitätsausweitung oder die Nachrüstung von Atomkraftwerken verwendet
werde", so der ÖVP- Energiesprecher. |