Schausberger: Unverzichtbare Dokumente der Geschichte wieder in Salzburg / Bayern und Salzburg
tauschen Archivmaterial
Salzburg (lk) - Durch den Austausch von Archivmaterial zwischen Bayern und dem Land Salzburg werden
Archivbestände in München und Salzburg sinnvoll abgerundet, die Zugänglichkeit der Dokumente erleichtert
und Universitäts-Historiker ebenso wie Ortschronisten in ihren Forschungen unterstützt. Das betonte Landeshauptmann
Dr. Franz Schausberger am Freitag (21. 03.) bei einem Festakt anlässlich des Austausches
von Archivalien zwischen dem Freistaat Bayern und dem Land Salzburg in der Salzburger Residenz. Symbolisch wurden
von Landeshauptmann Schausberger und dem bayerischen Staatsminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst,
Hans Zehetmair, je ein Dokument ausgetauscht. Dabei erhielt das Land Salzburg eine aus dem 18. Jahrhundert stammende
Landkarte aus dem Pinzgau, im Austausch übergab Landeshauptmann Schausberger eine Karte der Stadt Mühldorf
am Inn, die bis 1802 zu Salzburg gehörte, an Staatsminister Zehetmair. Bei beiden Archivalien handelte es
sich um Aquarelle aus dem 18. Jahrhundert.
Insgesamt werden neun Laufmeter Akten den Besitzer wechseln. Im Wesentlichen werden Verwaltungsschriftstücke
aus dem 17. und 18. Jahrhundert ausgetauscht. Darunter befinden sich beispielsweise Wald- und Grenzbeschreibungen
sowie Schriftverkehr zwischen Behörden. Unter anderem „wandern" Gerichtsakten und Urkunden über
die Saalforste von München nach Salzburg, Schriftstücke über das Gebiet Berchtesgaden und Eichstätt
werden vom Salzburger Landesarchiv nach München abgetreten.
Ein nächster Schritt der Aktion könnte darin bestehen, in den Sammlungen vor allem in Wien, München,
Paris und Florenz Forschungen zum beiderseitigen Nutzen zu ermöglichen, die zu einer Dokumentation und Reproduktion
der Salzburger Originale führen, sagte Schausberger. Der „Schatz der Erzbischöfe" könnte damit
zumindest virtuell wieder zusammengeführt werden. Als weiterer Schritt wären großzügige Vereinbarungen
über zeitlich begrenzte Entlehnungen möglich. Dabei könnten einzelne Kostbarkeiten immer wieder
zu Sonderausstellungen nach Salzburg zurückkehren.
Die Reise der Schätze Salzburgs
Vor 200 Jahren fand das geistliche Reichsfürstentum Salzburg sein Ende. Die Abdankung von Fürsterzbischof
Colloredo zog 1803 einen Schlussstrich unter eine tausendjährige Geschichte. Den Ideen der Aufklärung,
den Gedanken der Französischen Revolution, den gewaltsamen Veränderungen der Napoleonischen Armeen konnten
die Reichskirche und mit ihr der geistliche Staat Salzburg nicht standhalten. Wie heute das Bundesland an die Republik
Österreich, so leistete das Erzstift Salzburg an das Reich hohe Abgaben. Mit ihrem Reichtum, dem Gold und
Silber aus dem eigenen Land finanzierten die Erzbischöfe auch ihr umfangreiches Mäzenatentum. Für
den Domschatz und den liturgischen Gebrauch, für die Silberkammer der Residenz und ihre fürstliche Repräsentation
sowie für ihre Galerie bei Hof ließen die Barockfürsten eine Fülle an Kunstgegenständen
von europäischer Geltung anfertigen und erwerben. Zu diesem Schatz zählten auch die mehreren Tausend
Pergamenturkunden im erzbischöflichen Archiv. Dazu gehörten weiters die Prunkhandschriften der Hofbibliothek
und andere Kultur-güter, darunter die kartographischen Werke aus dem erzbischöflichen Mapier-Zimmer.
Neben seiner Bedeutung für die Landesgeschichte markiert das Jahr 1803 den Zeitraum, ab dem der Schatz der
Erzbischöfe auf mehrere europäische Metropolen verteilt wurde. Schon 1801/02 waren während der ersten
französischen Besetzung Salzburgs ganz gezielt vor allem wissenschaftliche Werke – darunter der bemerkenswerte
Plan der Stadt Salzburg von Friedrich Naumann – nach Paris verbracht worden. Kurfürst Ferdinand I., der 1803
Colloredo folgte und dessen Herrschaft in Salzburg jedoch schon nach zweieinhalb Jahren endete, ließ bei
seiner Flucht im Oktober 1805 den Großteil der erzbischöflichen Silberkammer verpacken. So gelangten
Hunderte Kostbarkeiten, darunter das berühmte goldene Trink-Service von Erzbischof Wolf Dietrich, nach Florenz.
Ab 1806 regierte Kaiser Franz in Salzburg. Er ließ erheben, was unter den verbliebenen Salzburger Pretiosen
würdig war, in die kaiserlichen Sammlungen nach Wien überführt zu werden. Neben zahlreichen Kunstgegenständen
– darunter Kostbarkeiten aus der Gemäldegalerie und der Bergkristallsammlung – fanden damals rund 8.000 Urkunden
ihren Weg in das spätere Haus-, Hof- und Staatsarchiv.
Als der Bayernkönig Max Joseph 1810 Salzburg übernahm, waren vom Schatz der Erzbischöfe nur noch
Reste übrig. Auch diese kamen nach München. Sobald sich abzeichnete, dass das Land für Bayern auf
Dauer nicht zu halten war, veranlasste die bayerische Verwaltung zudem die Mitnahme umfangreicher Aktenbestände,
um in den notwendigen Verhandlungen mit Österreich als neuen Nachbarn die Schätze des Bodens, vor allem
Salz und Holz, für das Königreich zu sichern.
Mit der Salinenkonvention von 1829 fanden Bayern, Salzburg und Österreich zu einem tragfähigen Verhältnis
zueinander. Seit damals, somit seit 175 Jahren, ist bekannt, dass 1816 Dokumente nach München verbracht wurden,
die Salzburg betreffen und die von Bayern nach Abschluss der Salinenkonvention nicht mehr benötigt wurden,
und dass umgekehrt in der Hektik des Aufbruchs 1816 Archivalien in Salzburg zurückblieben, obwohl sie sich
auf heute bayerisches Territorium beziehen.
VfGH-Urteil unterstützt Salzburgs Anliegen
Soweit die Sammlungen des Bundes in Österreich betroffen seien, spiele ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes
aus dem Vorjahr, das durch das Land bewirkt wurde, Salzburg in die Hände, stellte Landeshauptmann Schausberger
fest. In diesem Erkenntnis wird dem Bund aufgetragen, über jenes Vermögen, das 1920 von der Monarchie
an die Republik übergegangen ist, partnerschaftlich mit den Ländern zu verhandeln.
Salzburgs Kulturschätze seien ein unverzichtbarer Teil der Geschichte und der Identität des Landes Salzburg,
so Schausberger. Sie dokumentieren heute in einer Vielzahl von Archiven und Museen in ganz Europa Salzburgs glanzvolle
Vergangenheit. Im nächsten Jahr soll das Projekt abgeschlossen werden. |