Salzburger Schätze erreichen
Ziel ihrer langjährigen Reise
 

erstellt am
24. 03. 03

Schausberger: Unverzichtbare Dokumente der Geschichte wieder in Salzburg / Bayern und Salzburg tauschen Archivmaterial
Salzburg (lk) - Durch den Austausch von Archivmaterial zwischen Bayern und dem Land Salzburg werden Archivbestände in München und Salzburg sinnvoll abgerundet, die Zugänglichkeit der Dokumente erleichtert und Universitäts-Historiker ebenso wie Ortschronisten in ihren Forschungen unterstützt. Das betonte Landeshauptmann Dr. Franz Schausberger am Freitag (21. 03.) bei einem Festakt anlässlich des Austausches von Archivalien zwischen dem Freistaat Bayern und dem Land Salzburg in der Salzburger Residenz. Symbolisch wurden von Landeshauptmann Schausberger und dem bayerischen Staatsminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Hans Zehetmair, je ein Dokument ausgetauscht. Dabei erhielt das Land Salzburg eine aus dem 18. Jahrhundert stammende Landkarte aus dem Pinzgau, im Austausch übergab Landeshauptmann Schausberger eine Karte der Stadt Mühldorf am Inn, die bis 1802 zu Salzburg gehörte, an Staatsminister Zehetmair. Bei beiden Archivalien handelte es sich um Aquarelle aus dem 18. Jahrhundert.

Insgesamt werden neun Laufmeter Akten den Besitzer wechseln. Im Wesentlichen werden Verwaltungsschriftstücke aus dem 17. und 18. Jahrhundert ausgetauscht. Darunter befinden sich beispielsweise Wald- und Grenzbeschreibungen sowie Schriftverkehr zwischen Behörden. Unter anderem „wandern" Gerichtsakten und Urkunden über die Saalforste von München nach Salzburg, Schriftstücke über das Gebiet Berchtesgaden und Eichstätt werden vom Salzburger Landesarchiv nach München abgetreten.

Ein nächster Schritt der Aktion könnte darin bestehen, in den Sammlungen vor allem in Wien, München, Paris und Florenz Forschungen zum beiderseitigen Nutzen zu ermöglichen, die zu einer Dokumentation und Reproduktion der Salzburger Originale führen, sagte Schausberger. Der „Schatz der Erzbischöfe" könnte damit zumindest virtuell wieder zusammengeführt werden. Als weiterer Schritt wären großzügige Vereinbarungen über zeitlich begrenzte Entlehnungen möglich. Dabei könnten einzelne Kostbarkeiten immer wieder zu Sonderausstellungen nach Salzburg zurückkehren.

Die Reise der Schätze Salzburgs
Vor 200 Jahren fand das geistliche Reichsfürstentum Salzburg sein Ende. Die Abdankung von Fürsterzbischof Colloredo zog 1803 einen Schlussstrich unter eine tausendjährige Geschichte. Den Ideen der Aufklärung, den Gedanken der Französischen Revolution, den gewaltsamen Veränderungen der Napoleonischen Armeen konnten die Reichskirche und mit ihr der geistliche Staat Salzburg nicht standhalten. Wie heute das Bundesland an die Republik Österreich, so leistete das Erzstift Salzburg an das Reich hohe Abgaben. Mit ihrem Reichtum, dem Gold und Silber aus dem eigenen Land finanzierten die Erzbischöfe auch ihr umfangreiches Mäzenatentum. Für den Domschatz und den liturgischen Gebrauch, für die Silberkammer der Residenz und ihre fürstliche Repräsentation sowie für ihre Galerie bei Hof ließen die Barockfürsten eine Fülle an Kunstgegenständen von europäischer Geltung anfertigen und erwerben. Zu diesem Schatz zählten auch die mehreren Tausend Pergamenturkunden im erzbischöflichen Archiv. Dazu gehörten weiters die Prunkhandschriften der Hofbibliothek und andere Kultur-güter, darunter die kartographischen Werke aus dem erzbischöflichen Mapier-Zimmer.

Neben seiner Bedeutung für die Landesgeschichte markiert das Jahr 1803 den Zeitraum, ab dem der Schatz der Erzbischöfe auf mehrere europäische Metropolen verteilt wurde. Schon 1801/02 waren während der ersten französischen Besetzung Salzburgs ganz gezielt vor allem wissenschaftliche Werke – darunter der bemerkenswerte Plan der Stadt Salzburg von Friedrich Naumann – nach Paris verbracht worden. Kurfürst Ferdinand I., der 1803 Colloredo folgte und dessen Herrschaft in Salzburg jedoch schon nach zweieinhalb Jahren endete, ließ bei seiner Flucht im Oktober 1805 den Großteil der erzbischöflichen Silberkammer verpacken. So gelangten Hunderte Kostbarkeiten, darunter das berühmte goldene Trink-Service von Erzbischof Wolf Dietrich, nach Florenz. Ab 1806 regierte Kaiser Franz in Salzburg. Er ließ erheben, was unter den verbliebenen Salzburger Pretiosen würdig war, in die kaiserlichen Sammlungen nach Wien überführt zu werden. Neben zahlreichen Kunstgegenständen – darunter Kostbarkeiten aus der Gemäldegalerie und der Bergkristallsammlung – fanden damals rund 8.000 Urkunden ihren Weg in das spätere Haus-, Hof- und Staatsarchiv.

Als der Bayernkönig Max Joseph 1810 Salzburg übernahm, waren vom Schatz der Erzbischöfe nur noch Reste übrig. Auch diese kamen nach München. Sobald sich abzeichnete, dass das Land für Bayern auf Dauer nicht zu halten war, veranlasste die bayerische Verwaltung zudem die Mitnahme umfangreicher Aktenbestände, um in den notwendigen Verhandlungen mit Österreich als neuen Nachbarn die Schätze des Bodens, vor allem Salz und Holz, für das Königreich zu sichern.

Mit der Salinenkonvention von 1829 fanden Bayern, Salzburg und Österreich zu einem tragfähigen Verhältnis zueinander. Seit damals, somit seit 175 Jahren, ist bekannt, dass 1816 Dokumente nach München verbracht wurden, die Salzburg betreffen und die von Bayern nach Abschluss der Salinenkonvention nicht mehr benötigt wurden, und dass umgekehrt in der Hektik des Aufbruchs 1816 Archivalien in Salzburg zurückblieben, obwohl sie sich auf heute bayerisches Territorium beziehen.

VfGH-Urteil unterstützt Salzburgs Anliegen
Soweit die Sammlungen des Bundes in Österreich betroffen seien, spiele ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes aus dem Vorjahr, das durch das Land bewirkt wurde, Salzburg in die Hände, stellte Landeshauptmann Schausberger fest. In diesem Erkenntnis wird dem Bund aufgetragen, über jenes Vermögen, das 1920 von der Monarchie an die Republik übergegangen ist, partnerschaftlich mit den Ländern zu verhandeln.

Salzburgs Kulturschätze seien ein unverzichtbarer Teil der Geschichte und der Identität des Landes Salzburg, so Schausberger. Sie dokumentieren heute in einer Vielzahl von Archiven und Museen in ganz Europa Salzburgs glanzvolle Vergangenheit. Im nächsten Jahr soll das Projekt abgeschlossen werden.
     
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