Neue Kompetenzverteilung innerhalb der Regierung fixiert
Mehrheit im Verfassungsausschuss für neues Bundesministeriengesetz
Wien (pk) - Im Verfassungsausschuss des Nationalrates wurde heute die neue Kompetenzverteilung innerhalb
der Bundesregierung fixiert. ÖVP und FPÖ stimmten einem von ihnen eingebrachten Antrag auf Änderung
des Bundesministeriengesetzes zu. Zentrale Punkte der Novelle sind die Eingliederung des Bundesministeriums für
öffentliche Leistung und Sport in das Bundeskanzleramt und die Teilung des Bundesministeriums für soziale
Sicherheit und Generationen in zwei Ressorts: ein um den Konsumentenschutz erweitertes Bundesministerium für
soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz und ein Bundesministerium für Gesundheit und Frauen.
Die Opposition übte unter anderem Kritik an der fehlenden Bündelung der Forschungskompetenzen, der Ausweitung
der Zahl der Staatssekretäre und an der vorgesehenen Eingliederung des Unabhängigen Bundesasylsenats
(UBAS) in das Innenministerium. Die Befürchtung, dass dadurch die Unabhängigkeit des UBAS gefährdet
sein könnte, wurde jedoch sowohl von Abgeordneten der Koalitionsparteien als auch von Staatssekretär
Franz Morak zurückgewiesen.
In die Kompetenz des neuen Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen fallen unter anderem Angelegenheiten
des Gesundheits- und des Veterinärwesens, die Nahrungsmittelkontrolle, Gentechnologie und Angelegenheiten
der Kranken- und Unfallversicherung, weiters die Koordination der Frauenpolitik, Angelegenheiten der Gleichstellung
der Frauen auf dem Arbeitsmarkt sowie die Gleichbehandlungskommissionen für die Privatwirtschaft und den öffentlichen
Dienst. Mittels eines in der heutigen Sitzung von den Koalitionsparteien eingebrachten Abänderungsantrages
wurde zudem präzisiert, dass zum Kompetenzbereich des Ressorts auch Gesundheitsinformatik, klinische Psychologen,
Gesundheitspsychologen und Psychotherapeuten gehören. Im Sozialministerium verbleiben u.a. die Bereiche Sozialversicherung
(ohne Unfall-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung), Sozialhilfe, Familie, Jugend und Senioren, Jugendwohlfahrt,
Pflegevorsorge, Behinderte sowie die Zuständigkeit für den Familienlastenausgleichsfonds. Vom Justizministerium
übernimmt das Sozialministerium den Konsumentenschutz.
Neben diesen Neuerungen sieht die Änderung des Bundesministeriengesetzes noch eine Reihe kleinerer Kompetenzverschiebungen
vor. So gibt das Bundeskanzleramt im Sinne einer Zuständigkeitskonzentration die Kompetenzen für Krisenmanagement
und internationale Katastrophenhilfe an das Bundesministerium für Inneres und Zuständigkeiten für
staatliche Beihilfen und Wettbewerbskontrolle an das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit ab. Dafür
soll es künftig führend für allgemeine Angelegenheiten des Tierschutzes zuständig sein - allerdings
im Einvernehmen mit dem Gesundheitsministerium, dem Landwirtschaftsministerium und dem Sozialministerium. Als eine
neue Aufgabe des Bundeskanzleramtes nennt der VP-FP-Antrag außerdem eine Koordinationsfunktion in Bezug auf
die rechtzeitige und vollständige Umsetzung von EU-Richtlinien. Durch die Eingliederung des Bundesministeriums
für öffentliche Leistung und Sport fallen öffentliche Verwaltung, Beamte und Sport künftig
in die Zuständigkeit des Bundeskanzleramtes.
Das Innenministerium übernimmt vom Finanzministerium die Zuständigkeit für die Zollwache und wird
zudem auch für Angelegenheiten des unabhängigen Bundesasylsenats zuständig sein. Die Organe der
Schifffahrtspolizei bleiben dem heute vorgelegten Abänderungsantrag zufolge nun doch in der Zuständigkeit
des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie.
Neu ist darüber hinaus, dass die Bundesregierung künftig in Einzelfällen den zuständigen Minister
ermächtigen kann, bestimmte Aufgaben selbständig wahrzunehmen, mit denen aufgrund gesetzlicher Vorschriften
eigentlich die Bundesregierung selbst betraut ist. Bei entsprechender Ermächtigung kann der Minister bis auf
Widerruf in den jeweiligen Angelegenheiten ohne vorherigen Ministerratsbeschluss aktiv werden. Ziel dieser Maßnahme
ist es, unerwünschte Verzögerungen dringlicher Maßnahmen hintanzuhalten, Verwaltungsabläufe
zu vereinfachen und die Bundesregierung zu entlasten. Angelegenheiten, die der Bundesregierung durch verfassungsgesetzliche
Bestimmungen zur Besorgung übertragen sind, können allerdings nicht einem einzelnen Minister überantwortet
werden.
Schließlich sind noch Übergangsbestimmungen für die Personalvertretung in einzelnen Ressorts vorgesehen,
die mittels des heute vorgelegten Abänderungsantrages noch weiter präzisiert wurden.
Im Rahmen der Diskussion kritisierten sowohl SPÖ als auch Grüne die Eingliederung des Unabhängigen
Bundesasylsenats in das Innenministerium. So wies etwa Zweiter Nationalratspräsident Heinz Fischer (S) auf
"Hilferufe" des UBAS gegen diesen Schritt hin. Es gehe nicht nur um das Budget, sagte Fischer, sondern
um die Unabhängigkeit der Senatsmitglieder. Es komme auch keiner auf die Idee, beispielsweise den Verfassungsgerichtshof
im Bundeskanzleramt anzusiedeln. Ähnlich argumentierten auch die Abgeordneten Johannes Jarolim (S), Eva Glawischnig
(G) und Johann Maier (S). Jarolim sprach von einem "nahezu absurden rechtstaatlichen Schritt", Maier
verwies darauf, dass auch die Datenschutzkommission nicht dem Innenministerium, das am meisten sensible Daten verwalte,
untergeordnet sei.
Diese Argumentation wurde von Vertretern der Koalitionsparteien zurückgewiesen. Sie verstehe, dass der Leiter
des UBAS um sein Budget kämpfe, sagte Abgeordnete Ulrike Baumgartner-Gabitzer (V), diese Frage dürfe
aber nicht mit der Frage der Unabhängigkeit vermischt werden. Das sei unzulässig. Staatssekretär
Franz Morak machte geltend, dass die Unabhängigkeit des Bundesasylsenats bestmöglich gewährleistet
und verfassungsmäßig garantiert sei. Sowohl er als auch die Abgeordneten Baumgartner-Gabitzer, Maria
Fekter (V) und Helene Partik-Pable (F) verwiesen auf andere Behörden, die ebenfalls beim sachlich zuständigen
Ressort angesiedelt sind. Partik-Pable meinte, die Opposition höre in der Frage der Unabhängigkeit des
UBAS "das Gras wachsen", das Innenministerium habe überhaupt keine Möglichkeit, in die Unabhängigkeit
der Mitglieder einzugreifen.
Seitens der SPÖ bedauerte Zweiter Nationalratspräsident Fischer darüber hinaus, dass es im Zuge
der Novellierung des Bundesministeriengesetzes zu keiner Bündelung der Forschungskompetenzen gekommen ist.
Zudem meinte er, dass die Liste der Staatssekretäre, wäre man nach sachlichen Kriterien vorgegangen,
zumindest anders ausschauen hätte müssen.
Abgeordneter Maier kritisierte die Zersplitterung des Konsumentenschutzes und verwies auf die unterschiedlichen
Zuständigkeiten für Nahrungsmittelkontrolle, Gentechnik, Futtermittel und andere für Konsumenten
wichtige Bereiche. Abgeordneter Jarolim beklagte, dass das Wirtschaftsministerium nach wie vor gleichzeitig für
Wirtschaft und Arbeit zuständig ist und rechnete vor, dass mit den Ausgaben für die beiden zusätzlichen
Staatssekretäre 40 Einfamilienhäuser gebaut werden könnten.
Abgeordnete Glawischnig (G) vermisst generell eine Orientierung der neuen Kompetenzverteilung an den EU-Strukturen.
Ihrer Meinung nach müsste man sich mittelfristig überlegen, hier eine gewisse Einheitlichkeit anzustreben.
Kompetenzzersplitterungen ortet sie nicht nur im Bereich der Forschungsagenden, sondern auch im Bereich Soziales,
wo es ihr zufolge undurchschaubare Zuständigkeiten gibt. Als nach wie vor massiven Kritikpunkt der Grünen
nannte Glawischnig außerdem die Zusammenlegung der Bereiche Landwirtschaft und Umwelt.
Ein von Glawischnig eingebrachter Abänderungsantrag zielte darauf ab, den unabhängigen Bundesasylsenat
im Bundeskanzleramt zu belassen und jenen Passus zu streichen, wonach die Regierung künftig Vollziehungskompetenzen
an einzelne Minister übertragen kann. Dieser Antrag blieb bei der Abstimmung jedoch in der Minderheit.
Abgeordnete Baumgartner-Gabitzer (V) sieht, wie sie sagte, in der geplanten Kompetenzaufteilung innerhalb der Regierung
einen guten Rahmen für die Umsetzung des Regierungsprogramms. Die vorgesehene Aufteilung der Forschungskompetenzen
hält sie für gerechtfertigt, da Forschung ihr zufolge auch international verstärkt von der Wissenschaft
zur Wirtschaft wandert.
Abgeordnete Partik-Pable (F) hielt fest, die Opposition müsste eigentlich froh sein, dass es nunmehr eine
eigene Frauenministerin gebe.
Staatssekretär Franz Morak verteidigte die Schaffung zweier zusätzlicher Staatssekretariate und gab zu
bedenken, dass die Zahl der Ministerien bereits bei der letzten Regierungsbildung auf das Minimum gesenkt worden
sei. Nicht zuletzt in Anbetracht der zunehmenden Abwesenheiten von Regierungsmitgliedern wegen Verhandlungen auf
EU-Ebene hält er es für zielführend, sie durch Staatssekretäre zu entlasten.
Was die Kompetenzzersplitterung im Bereich Forschung und Entwicklung betrifft, trat Morak für eine verstärkte
Koordination der zuständigen Ressorts ein, mit einer Verschiebung der Kompetenzen "auf einen Schlag"
hätte man seiner Meinung nach aber übereilt gehandelt. Die Zusammenlegung der Agenden für Wirtschaft
und Arbeit in ein Ressort hat sich Morak zufolge bewährt.
In Bezug auf eine entsprechende Frage von Abgeordneter Glawischnig teilte Morak mit, dass die Bereiche Konsumentenschutz
und Kartellrecht nicht unter den Kompetenzbereich "Wettbewerbskontrolle" fallen, der vom Bundeskanzleramt
in das Wirtschaftsministerium wechselt. |