Bonn (alphagalileo) - Bei der Produktion von Olivenölen bleiben massenhaft Schalen, Kerne und andere
feste Bestandteile zurück. Entsprechend behandelt, eignet sich dieses als Trester bezeichnete Material zumindest
im Labor ausgezeichnet, um gefährlichen Schadpilzen den Garaus zu machen. Das haben Wissenschaftler der Universität
Bonn festgestellt, als sie nach Möglichkeiten suchten, den lästigen Bioabfall weiter zu verwerten. Das
Projekt wird von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung gefördert.
Die Nachbarn von Olivenbaronen haben es nicht leicht: So gut die fertigen Öle auch schmecken, bei ihrer Herstellung
bleiben massenhaft feste Bestandteile zurück. Und die beginnen nach einer Weile kräftig zu stinken. Das
liegt vor allem am hohen Öl- und Fettgehalt der Reststoffe. Dazu kommt, dass Oliventrester Polyphenole enthält,
die dafür sorgen, dass es nicht bei einem kurzen geruchlichen Intermezzo bleibt: Sie verhindern nämlich,
dass sich im Trester Bakterien und Pilze vermehren und ihn zügig in Kompost verwandeln. „Da haben Sie lange
und intensiv ihre Freude dran“, so Dr. Günther Laufenberg vom Bonner Institut für Lebensmitteltechnologie.
Auf der Suche nach Verwertungsmöglichkeiten kam er zusammen mit seinen Kollegen auf die Idee, aus der Not
eine Tugend zu machen: „Vielleicht eignet sich der polyphenolhaltige Trester als Pflanzenschutzmittel für
den organischen Landbau.“
Gegen manche Pilze aus der Sammlung des Instituts konnten die Forscher mit Flüssigextrakten aus den Olivenresten
schon durchschlagende Erfolge erzielen – darunter beispielsweise der Grauschimmel-Pilz Butrytis cinerea, der gerne
auf alten Erdbeeren schmarotzt, und der Getreideschädling Fusarium culmorum. Auf Kulturplatten mit Tresterextrakt
wachsen beide Pilze erheblich schlechter als unter normalen Bedingungen. Im Sommer sind weitere Feldversuche geplant,
so gegen den Erreger der Kartoffelfäule, der Mitte des 18. Jahrhunderts in Irland mehrere Jahre hintereinander
die komplette Kartoffelernte vernichtete. Eine verheerende Hungersnot mit mehr als einer Million Toten war die
Folge, der einsetzende Massenexodus führte in den Folgejahren zwei Millionen Iren ins „gelobte Land“ – nach
Amerika.
Das wichtigste Polyphenol in der Olive ist das Oleuropein. Es dient der Pflanze als selbstproduzierte Biowaffe
gegen Krankheitserreger. „Wenn wir den Trester einfrieren oder im Gegenteil kurz erhitzen, zerfällt das Oleuropein
in zwei weitere Spaltprodukte, die noch erheblich wirksamer sind“, erklärt Dr. Laufenberg. Vielleicht ist
aber auch die Kombination der drei Substanzen für das gute Ergebnis ausschlaggebend. Die Lebensmitteltechnologen
untersuchen unter anderem, wie sie den Trester behandeln müssen, um den Saft aus den Olivenresten zu einer
möglichst effektiven Waffe zu machen. Außerdem versuchen sie, durch geschickte Extraktionsverfahren
die Polyphenolausbeute zu steigern. „Da gibt es viele Stellschrauben, an denen wir drehen können“, sagt Laufenberg-Mitarbeiter
Robert Pospiech: Die Forscher frieren die braune Masse ein oder kochen sie, um sie dann kräftig mit Ultraschall
durchzuschütteln, oder sie trocknen und zermahlen sie zu feinem Mehl, um sie dann nachher in Wasser oder Alkohol
sanft zu verrühren... Ursprünglich hatten die Bonner Lebensmitteltechnologen mit den stinkenden Trester-Rotten
ganz andere Pläne: „Wir wollten versuchen, daraus Aromastoffe herzustellen.“ Die Arbeit sollten nützliche
Pilze und Bakterien verrichten – ähnlich denen, die aus Weißkohl Sauerkraut machen. Dr. Günther
Laufenberg: „Aber auf dem Oliventrester wuchs einfach nichts.“ |