Österreich-Konvent  

erstellt am
28. 03. 03

Fiedler erhält Zustimmung von Abgeordneten
Hearing vor Wahl eines neuen Rechnungshofpräsidenten?
Wien (pk) - Rechnungshofpräsident Franz Fiedler müsste als Vorsitzender des geplanten Österreich-Konventes nicht vor Ablauf seiner Amtszeit im Jahr 2004 aus seiner Funktion als Rechnungshofpräsident ausscheiden. Abgeordnete aller vier Fraktionen betonten am Donnerstag (27. 03.) im Rahmen einer aktuellen Aussprache im Rechnungshofausschuss des Nationalrates, dass sie prinzipiell keine Unvereinbarkeit zwischen beiden Funktionen erkennen könnten. Fiedler selbst betonte, es gebe noch keinen konkreten Auftrag an ihn, er sei bisher nur gefragt worden, ob er bereit wäre, den Vorsitz zu übernehmen, wenn er einen Auftrag dazu bekäme. Er sieht jedenfalls keine Schwierigkeiten diese Funktion neben seiner Funktion als Rechnungshofpräsident auszuüben und meinte, es gebe weder eine rechtliche noch eine faktische Unvereinbarkeit. Das Know-how und die Infrastruktur des Rechnungshofes würden vielmehr die beste Grundlage für die Übernahme des Vorsitzes bieten.

Darauf angesprochen, wie groß er die Chancen einschätze, als Vorsitzender des Konvents Zustimmung zu seinen in der Vergangenheit vorgebrachten Anregungen zur Verwaltungsreform und zu entsprechenden Vorschlägen des Rechnungshofes zu erhalten, meinte Fiedler, er gehe sicher nicht mit der Vorstellung in den Konvent, alle seine Vorschläge durchsetzen zu können. Es habe sich in der Vergangenheit aber gezeigt, dass sich eine "starke Argumentation" langfristig doch durchsetze. Als Beispiele nannte er die zunächst von vielen Seiten massiv abgelehnte Übertragung der Bundesstraßen in die Kompetenz der Länder und die Zusammenlegung von Polizei und Gendarmerie.

Was die Nachfolge Fiedlers betrifft, mahnten SPÖ und Grüne die Einbindung der Opposition in das Auswahlverfahren ein. Es täte der Sache gut, wenn es in Bezug auf den neuen Rechnungshofpräsidenten zu einer Mehrparteieneinigung käme und die ausgewählte Person nicht in unmittelbarer Nähe zu einer der Regierungsparteien stehen würde, sagte etwa Ausschussvorsitzender Werner Kogler (G). Es dürfe niemand sein, der aus einem Ministerium komme, "und schon gar nicht aus dem Verteidigungsressort". Schließlich bestehe ein gewisses "Stammkundschaftsverhältnis" zwischen Rechnungshof und Verteidigungsministerium. Ähnlich argumentierte auch SPÖ-Abgeordneter Günther Kräuter. Die Grünen wollten allerdings keineswegs an der formalen Bestellung "herumdoktern", betonte Kogler, sie seien durchaus dafür, dass die Entscheidung über den neuen Rechnungshofpräsidenten wie bisher mit Mehrheit falle.

Seitens der Koalition wurde darauf verwiesen, dass der Bestellung von Rechnungshofpräsident Fiedler 1992 ein Hearing im Hauptausschuss des Nationalrates vorangegangen sei. Sowohl Abgeordneter Nikolaus Prinz (V) als auch Abgeordnete Magda Bleckmann (F) werteten diese Vorgangsweise als gute Variante bzw. durchaus sinnvoll. ÖVP-Abgeordneter Roderich Regler sprach sich allerdings ausdrücklich dagegen aus, der Opposition und damit einer Minderheit des Parlaments die Auswahl des Rechnungshofpräsidenten zu übertragen, schließlich könne man nicht ausschließen, dass eine zum Zeitpunkt der Bestellung in Opposition befindliche Partei nicht bereits ein Jahr später in der Regierung sei.

Zur Frage der Übernahme des Vorsitzes im geplanten Österreich-Konvent durch Fiedler sagte Regler, eine Unvereinbarkeit mit der Funktion des Rechnungshofpräsidenten sei sicher nicht gegeben. Für die FPÖ meinte Abgeordnete Bleckmann, ihre Partei sehe in der Frage der Vereinbarkeit "nicht so sehr das große Problem", auch die SPÖ hält nach Aussage von Abgeordnetem Kräuter ein Nebeneinander beider Funktionen für möglich. Ausschussvorsitzender Werner Kogler (G) begrüßte die Doppelfunktion sogar ausdrücklich, weil, wie er sagte, ein Thema im Konvent auch Verwaltungsvereinfachungen und Effizienzsteigerungen in der Verwaltung sein sollten.

Weiteres Thema der aktuellen Aussprache war die Prüfung der Beschaffungsvorgänge in Bezug auf den geplanten Ankauf von Abfangjägern durch den Rechnungshof. Zu Beginn der Sitzung war F-Abgeordneter Detlef Neudeck zu einem der Schriftführer des Ausschusses gewählt worden. Ein Antrag der SPÖ, heute bei der Anhörung von Auskunftspersonen die Öffentlichkeit zuzulassen, blieb in der Minderheit.  

 

Fischer: Nicht »trödeln« - Konvent rasch umsetzen
Fischer mahnt bei Nachfolge von Fiedler: RH-Präsident soll unabhängig sein
Wien (sk) - Wie der stv. Bundesparteivorsitzende der SPÖ, Heinz Fischer, in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem SPÖ-Europasprecher Caspar Einem am Donnerstag (27. 03.) betonte, sei der parteiübergreifenden Überzeugung folgend nicht weiter zu "trödeln", sondern rasch ein Konvent für eine staatsrechtliche Reform einzusetzen. Bezüglich der Nachfolge von Rechnungshofpräsident Franz Fiedler mahnte der Zweite Nationalratspräsident die Einhaltung eines "Mindestmaßes an politischer Kultur" ein, was bedeutet, dass eine "qualifizierte und unabhängige Persönlichkeit", die "Eigenständigkeit" garantiere, ernannt werden sollte.

Es zeichne sich auf europäischer Ebene ab, dass ein Konvent das geeignete Instrument zur verfassungs- und staatsrechtlichen Willensbildung sei. Auch in Österreich herrsche übereinstimmende Zustimmung, dass ein Konvent einzusetzen sei, um sich unter anderem mit den Fragen der Kompetenzverteilung und der Kontrolle auseinanderzusetzen.

Es sei allerdings abzusehen, dass die Zeit knapp werden wird. Fischer verwies darauf, dass die Ergebnisse bis 2004 vorliegen sollten und Konsensbeschlüsse Zeit in Anspruch nehmen werden. Konkret sollte ein Gründungskomitee über die genaue Zusammensetzung des Konvents entscheiden, dem sechzig "hochqualifizierte" Vertreter unter anderen des Bundes, der Körperschaften, der Städte, der Gemeinden, der Parteien und des Rechnungshofes angehören sollen. Bezüglich einer Vorsitzführung von RH-Präsident Franz Fiedler erklärte Fischer, dass die SPÖ sich "eine solche Lösung vorstellen" könne, dagegen gebe es "keinen Einwand". Allerdings betonte Fischer in Anspielung auf die Regelungen zur Bezügefortzahlung für Ex-Minister, dass der Konvent nicht als "Abschiebelade für unangenehme Dinge" missbraucht werden soll.

Fischer erklärte, dass die Amtsperiode von Rechnungshofpräsident Franz Fiedler im Herbst ausläuft und spätestens im Frühjahr eine Entscheidung über die Nachfolge zu treffen sei. Er verwies auf die Bedeutung dieses Amtes und dass es eine Persönlichkeit einnehmen sollte, der keine gesicherte Affinität zur Regierung zugeschrieben werden kann. "Die Qualität dieser wichtigen Einrichtung, des Rechnungshofes, hängt damit zusammen, wer diese Institution führt." Hierbei ginge es "um politisches Fingerspitzengefühl dafür, was geht und was nicht geht", wie Fischer betonte. Er erinnerte auch daran, dass "zu der Zeit, als die SPÖ das bestimmen konnte", Tassilo Brösike (FPÖ) zum Präsidenten des Rechnungshofes gewählt wurde. Fischer betonte allerdings, dass die SPÖ nicht auf einen SPÖ-nahen Kandidaten abziele.

Unabhängigkeit des WIFO muss gewahrt bleiben
Obwohl das Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) in einer gewissen Nähe zu den Sozialpartnern stehe, habe es sich immer Unabhängigkeit bewahrt. Fischer appellierte, dass penibelst darauf geachtet werden müsse, dass es in Folge kritischer Aussagen dieses Institutes nicht zu Kürzungen kommt und die "Strategie der finanziellen Leine" angewendet werde.

Irak - dieser Krieg ist falsch und schädlich
Bezüglich des Irak-Krieges betonte Fischer, dass "kein Kriegstag vergehen darf, ohne dass versucht wird, den Stimmen der Vernunft zum Durchbruch zu verhelfen". In die gestern im Parlament von den vier Parteien beschlossenen Resolution sind "wesentliche Vorschläge der SPÖ" und auch ein Punkt der Grünen zu den Kurden miteinbezogen worden. Trotzdem ging der stv. SPÖ-Vorsitzende weiter und erklärte: "Ich spitze das noch weiter zu und sage: Dieser Krieg ist falsch, dieser Krieg ist schädlich, dieser Krieg kann nicht gut geheißen werden und wirft uns beim Aufbau einer internationalen Rechtsordnung wesentlich zurück."

 

LH Haider: Gegen Tabuthemen bei Verfassungskonvent
Parlament soll Deregulierungsinitiative starten – Leistungsfähigkeit von Institutionen soll überprüft werden
Klagenfurt (lpd) - Der geplante österreichische Verfassungskonvent dürfe keine Themen tabuisieren, vielmehr sollten vorweg einige wenige Entscheidungen, wie etwa die Abschaffung des Schulproporzes, ausser Streit gestellt werden, forderte Landeshauptmann Jörg Haider bei einer Staatsreform-Enquete des Kärntner Landtages am Donnerstag (27. 03.), zu der Landtagspräsident Jörg Freunschlag Rechtsexperten und zahlreiche Vertreter öffentlicher Institutionen willkommen heißen konnte. Der Konsens etwa über die Abschaffung des Proporzes im Schulbereich würde den Weg für wichtige Verbesserungen für Schulen freigeben, so Haider. Gerade auch im sozialen Bereich müßten die Themen aufgegriffen und diskutiert werden.

Der Landeshauptmann erwartet sich weiters vom Parlament, einmal über Deregulierungsschritte nachzudenken. Es sollte ernsthaft darangegangen werden, die Gesetzesflut einzudämmen. Auch in Kärnten laufe ein Deregulierungsprojekt mit großem Erfolg.

Es müsse auch unabhängige Institutionen geben, die die Leistungsfähigkeit von Einrichtungen wie etwa Sozialversicherungen prüfen und evaluieren und Änderungsbedarf feststellen. Es sollte nicht so sein wie beim Rechnungshof, der rückblickend feststellt, was alles hätte besser gemacht werden sollen. So gebe es beispielsweise eine Bankenaufsicht als eigenes Organ, doch dieses sei nicht leistungsfähig. Es sei nicht auf das Bankenkartell (Lombard-Club) draufgekommen, dazu habe es der EU bedurft, so Haider.

Insgesamt erwarte er sich vom Verfassungkonvent nicht sehr viel, sagte Haider. Es herrsche in allen Bereichen eine große Mutlosigkeit. Die Politik hinke den realen Lebensverhältnissen hinterher. Über wichtige Kernthemen werde nicht geredet. So seien beispielsweise für die EU-Erweiterung keine Vorbereitungen getroffen worden.

Verfassungsexperte Heinz Mayer betonte, dass die Bundesstaatsreform dringend notwendig sei und sie nicht allein aus der Sicht der Kosten gesehen werden dürfe. Er fürchtet, dass der Verfassungskonvent ein Begräbnis erster Klasse werden würde. Förderalismusexperte Peter Bußjäger sprach sich gegen Zentralisierung der Gesetzgebung beim Bund aus. Die regionalen Gestaltungsspielräume dürften nicht verloren gehen. Bernhard Raschauer plädierte für eine Reduzierung der Verwaltung und Aufgabenabbau. Die Regelungsdichte sei international einzigartig, kritisierte er. Der Bundesstaat sei ein Kunstwerk, aber es müsse nicht der barocke der Gegenwart sein. Professor Herbert Haller von der Wirtschaftsuniversität Wien sagte, dass die Landesgesetzgebungen voneinander mehr lernen sollten.
   

     
     
       
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