EU-Integration der Türkei ist derzeit schwer vorstellbar
Brüssel (epv-pd) - "Für uns als Europäer muss heute die Frage im Vordergrund
stehen, ob wir uns auf Grund unüberwindlicher Differenzen aus der Weltpolitik verabschieden oder ob wir den
Lauf der Weltgeschichte beeinflussen wollen. Wenn wir für letzteres entscheiden, brauchen wir eine Politik,
die es Europa erlaubt in einer multipolaren Politik einer dieser Pole zu sein", sagte die ÖVP-Europasprecherin
Ursula Stenzel vor dem Plenum des Europäischen Parlaments in Brüssel anlässlich einer Debatte mit
Rat und Kommission über den Irak-Krieg. "Erstens brauchen wir dafür eine Neuordnung des transatlantischen
Verhältnisses und zweitens eine Definition derjenigen Aufgabenfelder, auf denen die EU Verantwortung für
ihr sicherheitspolitisches Umfeld übernehmen muss", so Stenzel weiter.
Auf Basis der Beantwortung dieser Fragen sollten die Mittel entwickelt werden, die eine derartige Politik auch
umsetzen können und die von gemeinsamen Interessen aller getragen werde. "Konkret muss zuerst der Nahost-Konflikt
zwischen Israel und den Palästinensern im Sinne der Road-Map und im Rahmen des Quartetts einer Lösung
zugeführt werden", betonte Stenzel. Man werde auch erst nach Beendigung des Irak-Krieges klar sehen können,
wie sich die Türkei in das weltpolitische Koordinatensystem einordnen lässt. "Derzeit verfolgt die
Türkei offenbar sehr eigenständige Interessen einer Regionalmacht. Das lässt es nicht vorstellbar
erscheinen, die Türkei in die Europäische Union integrieren zu können", hob die ÖVP-Delegationsleiterin
hervor. "Fakt ist, wir brauchen eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, die die EU handlungsfähig
macht. Momentan entsteht leider mehr der Eindruck, dass wir nur für Konflikte zahlen müssen, die andere
verursachen."
Es sei müßig heute noch darüber nachzudenken, ob der Irak-Krieg zu verhindern gewesen wäre.
"Ich verstehe aber voll und ganz, wenn viele Menschen in ohnmächtiger Wut gegen diesen Krieg auf die
Strasse gehen, weil sie der Meinung sind, dass Krieg überhaupt kein legitimes Mittel der Politik im 21. Jahrhundert
sein kann", so Stenzel in ihrer Rede. Die kriegsverhindernde Diplomatie sei jedoch im Vorfeld dieser Krise
gescheitert: "Alle friedensichernden Institutionen, die aus den Trümmern des Zweiten Weltkrieges erwachsen
sind, haben Schaden genommen. Das gilt sowohl für die UNO als auch die NATO und die Europäische Union.
Jetzt ist es die Aufgabe der EU, nach innen ihre Einigkeit zu finden, um für die Zeit nach dem Irak-Krieg
diese Einigkeit auch erfolgreich nach außen zum Einsatz bringen zu können", sagte Stenzel abschließend.
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