Kardinal Hans Hermann Groër verstorben  

erstellt am
25. 03. 03

Kardinal Schönborn: »Unbeschadet der Schatten die Leistungen würdigen«
- Trauergottesdienst am 4. April im Wiener Stephansdom.
St. Pölten (kath.net / PEW) - Das Trauergeläut der Pummerin verkündete am Montagmorgen (24. 03.), dass der Wiener Alterzbischof, Kardinal Hans Hermann Groër, verstorben ist. Kardinal Groër starb im St. Pöltner Krankenhaus. Er stand im 84. Lebensjahr.
Groër wurde am 13. Oktober 1919 in Wien geboren. 1­929 übersiedelte die Familie in die Tschecho­slowa­kei und kehrte zehn Jahre später wieder nach Wien zurück, wo sie in der Dom­gasse, im Pfarrgebiet von St. Stephan, wohnte. Trotz Übersiedlung der Eltern nach Brünn besuchte Hans Groër zunächst das Bundesgymnasium in Wien 13, dann das in Hollabrunn, wo er am 2. Juni 1937 mit Auszeichnung maturierte. Seine Berufsentscheidung war relativ früh gefallen: Mit 14 Jahren trat er ins Knabenseminar Hollabrunn der Erzdiözese Wien ein.

Anschließend studierte er an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien und erhielt am 19. Oktober 1941 die Weihe zum Diakon. Im November desselben Jahres wurde er zur Luftwaffensanität im Heimatdienst eingezogen, schied aber 1943 aus gesundheitlichen Gründen wieder aus. Am 12. April 1942 empfing er aus der Hand Kardinal Innitzers die Priesterweihe; die Primiz feierte er eine Woche später im Stephansdom. Zunächst begann Groër seine priesterliche Tätigkeit als Pfarrvikar in Petronell, nach einem längeren Genesungsurlaub in Bad Vöslau, wo er bis 1946 blieb. Bis 1952 wirkte er als Studien­präfekt im Hollabrunner Knabenseminar. 1949 promovierte er zum Doktor der Theologie (mit der Dissertation "Die reale 'objektive' Gegenwart Gottes in der gerechten Seele aufgrund der Sendungen der göttlichen Personen"). Nach Ablegung der Lehramtsprüfung (1951) war er Religionsprofessor und Studentenseelsorger am Hollabrunner Bundesgymnasium (1952-1976), in den Jahren 1959 bis 1963 auch Kaplan der Stadtpfarre.

Groërs besonderes Interesse galt immer schon dem Laienapostolat. Als Geistlicher Leiter der laienapostolischen Bewegung "Legio Mariae" trug er ab 1962 zunächst für den Bereich Hollabrunn, ab 1970 für ganz Öster­reich (ca. 30.000 Mitglieder) die Verantwortung. Im selben Jahr übernahm er die Redaktion der Monatszeitschrift "Regina Legionis". Groër gründete auch Pfadfindergruppen, wurde 1963 Niederösterreichischer Landeskurat des Pfadfinderinnenverbandes, später Bundeskurat.

Sein weiteres Wirken bestimmte schließlich der bei Hollabrunn gelegene alte Marien­wallfahrtsort Roggendorf. Die Wallfahrt war - wie viele andere - dem Josephinismus zum Opfer gefallen und vollkommen in Vergessenheit geraten. Nach Restaurie­rung des aus dem 15. Jahr­hundert stammenden, auf Leder gemalten Gnadenbildes wurde dieses am 14. September 1969, dem Fest der Kreuzerhöhung, neu geweiht. Dabei schlug Groër den Gläubigen vor, eine Wallfahrt neuen Typs zu beginnen: An jedem Dreizehnten sollten die Pilger - in Er­innerung an die von 13. Mai bis 13. Oktober 1917 erfolgten Marienerscheinungen im portugiesischen Fatima - nach Roggendorf kommen, um für Festigung im Glauben, für die Erneue­rung der Kirche, für Priester- und Ordensberufe und den Frieden in der Welt zu beten. Diese Monatswallfahrt wurde zu einer festen Einrichtung. Groër wollte sie von Anfang an als "Wall­fahrt für die Kirche" verstanden wissen, die von Kardi­nälen, Bischöfen, Äbten etc. aus Öster­reich und aller Welt geleitet wird. Seit 1971 trägt die kleine Gemeinde den Namen "Maria Roggendorf". Am 6. August 1988 wurde diese Kirche vom Heiligen Vater zur Basilica minor erhoben.

Von Maria Roggendorf, wo er als Wallfahrtsdirektor (1970 bis 1986) tätig war, sind viele wichtige Impulse für das kirchliche Leben ausgegangen. In mehr als 200 Orten entstanden ähnliche Monatswallfahrten, aus denen auch zahlreiche Priester- und Ordensberufungen hervorgingen. 1976 ist Groër selbst in das Noviziat der Benediktiner in Göttweig eingetreten. Am 8. September 1980 legte er seine feierliche Profess ab. Das von ihm als P. Hermann errichtete Haus St. Josef in Maria Roggendorf war zunächst Superiorat, später Priorat. Die Gründung des Zisterzienserinnenklosters Ma­rienfeld kann wohl als schönste, auch wahrnehmbare Frucht seines Wirkens in Maria Roggendorf gewertet werden. Ausschließlich durch Spenden aus dem Volk ermöglicht, erhielt das Kloster mit Kirche am 14. November 1982 die Weihe. Seit damals wirkte Groër auch als Spiritual in Marien­feld.

Auf seine Initiative geht auch das Aufbaugymnasium der Erzdiözese Wien in Holla­brunn zurück, das er von 1974 bis 1986 als Direktor leitete. Wegen seiner Verdienste um die Seelsorge im Weinviertel wurde er 1960 zum "Erzbischöflichen Konsistorialrat", 1962 zum "Monsignore" ernannt. 1973 erhielt er den Berufstitel "Oberstudienrat", 1985 "Hofrat", 1977 das "Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Niederösterreich".

Am 15. Juli 1986 wurde Groër von Papst Johannes Paul II. zum Erzbischof von Wien berufen, am 14. September, dem Fest der Kreuzerhöhung, im Dom zu St. Stephan geweiht. Am 29. Juli 1987 erhielt er vom Heiligen Vater das Pallium, am 29. Mai 1988 die Berufung ins Kardinalskollegium (Kreierung am 28./29. Juni 1988 in Rom). Von 13. Mai 1989 bis 6. April 1995 war Hans Hermann Groër Vorsitzender der Österreichischen Bischofskonferenz. Mit Vollendung seines 75. Lebensjahres erklärte der Kardinal am 13. Oktober 1994 dem Heiligen Vater erstmals seine Bereitschaft zum Rücktritt vom erzbischöflichen Dienstamt (gemäß dem CIC). Nach Annahme derselben legte er nach 9 Jahren seines Wirkens das Amt des Wiener Ordinarius mit 14. September 1995 zurück. Vom 1. September 1996 bis 5. Jänner 1998 hatte Groër das Amt des Priors von St. Josef in Maria Roggendorf inne.

"Unbeschadet der Schatten gilt es in der Stunde des Abschieds, die Leistungen des Priesters und Bischofs zu würdigen", sagte Kardinal Christoph Schönborn am Montag im Hinblick auf den Tod seines Amtsvorgängers, Kardinal Hans Hermann Groër, im Gespräch mit "Kathpress". Kardinal Groër habe als Seelsorger und Mann der Kirche Großes geleistet. Der Wiener Erzbischof, der sich am Montag noch in Rom aufhielt, sagte wörtlich: "Angesichts des Todes dürfen die schmerzlichen Fragen der Vergangenheit vertrauensvoll in Gottes Hand gelegt werden. Das gilt für Kardinal Groër wie für jeden Christen. Was uns bleibt, sind Dankbarkeit für das Positive, das er geleistet hat, und fürbittende Erinnerung".

Kardinal Schönborn verwies auf den jahrzehntelangen Einsatz Groërs für die Erneuerungsbewegung "Legion Mariens", die in Österreich durch diesen Einsatz immer ihre jugendliche Frische bewahrt habe. Besondere Bedeutung habe auch Groërs Wirken in der Wallfahrtsbewegung: "Er wollte - ganz im Sinn des Gedankens der pilgernden Kirche - eine Wallfahrt für die Kirche, für ihre innere Erneuerung. Dieses Konzept verwirklichte er ab 1969 in Maria Roggendorf. Von dort breitete sich der Gedanke der Monatswallfahrt im ganzen mitteleuropäischen Raum aus".

Das wahre Herzensanliegen Groërs sei aber die Weckung, Förderung und Begleitung geistlicher Berufungen gewesen. In diesem Zusammenhang seien vor allem die Erneuerung bzw. Gründung der Zisterzienserinnenklöster Gwiggen und Marienfeld und des Benediktinerklosters in Maria Roggendorf zu nennen. Groër habe aber auch viele Menschen persönlich als Seelsorger begleitet, die ihm noch heute in Dankbarkeit verbunden seien; dafür gebe es bewegende Zeugnisse: "Er hatte Sensibilität und ein offenes Herz für persönliche und soziale Notsituationen".

Das Wirken Groërs als Erzbischof und Kardinal sei in einen schwierigen, ja turbulenten Zeitabschnitt gefallen, betonte Kardinal Schönborn. Trotz aller Schwierigkeiten sei es Groër gelungen - etwa durch das Wiener Diözesanforum - Vertrauen zu gewinnen und Impulse für die pastorale Erneuerung, wie er sie verstand, zu geben. Schon vor der "Wende" habe Groërs Interesse auch der kirchlichen Situation in den kommunistisch beherrschten Ländern gegolten: "Nach 1989 hat er dann insbesondere den Wiener Nachbardiözesen im Osten und Norden tatkräftig beim Wiederaufbau geholfen". Auch mit einzelnen Repräsentanten der Orthodoxie - vor allem mit dem serbischen Patriarchen Pavle I. und dem rumänischen Patriarchen Teoctist I. - sei Groër freundschaftlich verbunden gewesen.

Abschließend meinte Kardinal Schönborn: "Kardinal Groër hat mich als seinen Weihbischof vorgeschlagen; ich durfte ihm einige Jahre zur Seite stehen. Die Ereignisse von 1995 waren für uns alle eine harte Prüfung. Ich lade alle ein, sich der Fürbitte für Kardinal Groër anzuschliessen, so wie wir alle auch für uns selbst dereinst auf Fürbitte hoffen".

Der offizielle Trauergottesdienst für Kardinal Groër wird am Freitag, 4. April, um 19 Uhr im Wiener Stephansdom stattfinden. Hauptzelebrant ist Kardinal Christoph Schönborn. Der Gottesdienst wird genau am Termin der Herz-Jesu-Messe für April gefeiert; die Herz-Jesu-Messe findet jeweils am ersten Freitag im Monat statt. Die Herz-Jesu-Messe geht auf die Visionen der Mystikerin Marguerite- Marie Alacoque zurück; diese Visionen sind vom Vertrauen auf die göttliche Barmherzigkeit geprägt. Die Einführung der Herz-Jesu-Messe im Stephansdom war eines der Herzensanliegen Kardinal Groërs gewesen.
     
zurück