Wissenschaft und Technik
der Woche vom 09. 04. bis 15. 04. 2002

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Simulator testet Hüftgelenke
Gerät erfüllt ISO-Norm mit fünf Mio. simulierten Schritten pro Gelenk
Wien (pte) - Forscher der TU Wien haben einen Simulator entwickelt, der nach Bestimmungen der neuen ISO-Norm ISO/FDIS 14242-1 Hüftgelenke testet. Die Gelenke werden im Simulator einer mechanisch-dynamischen Prüfung unterzogen. Ziel ist es, Kinematik und Kinetik der Gehbewegung des Menschen zu simulieren. Die neue Norm ISO/FDIS 14242-1 fordert eine exaktere Simulation in drei Bewegungsachsen. Zwei Test-Stationen stehen an der TU Wien, eine an der LMU in München.
Der Test von künstlichen Hüftgelenken gestaltet sich als schwierig, da neben dem Bewegungsablauf auch die Umweltbedingungen" wie z.B. Körpertemperatur und Drücke, die das Körpergewichtes um ein Mehrfaches übersteigen, rekonstruiert werden müssen. Die ISO-Norm schreibt vor, dass Pfanne und Kugel des künstlichen Hüftgelenks fünf Mio. simulierten Schritten unterzogen werden müssen. Bei einer Tagesleistung von 86.000 "Schritten" dauert das zwei Monate. Die Motoren des Geräts sind daher für 500 Mio. Bewegungszyklen ausgelegt.
Durch den Einsatz von moderner Netztechnologie kann sich der Operator Störungen bequem per SMS am Handy anzeigen lassen und den Simulator via Internet auch fernbedienen. Der PC kann bis zu zwölf Teststationen parallel steuern. Die Schrittsimulation kann frei programmiert werden. Mit entsprechenden Adaptionen hinsichtlich Befestigung der Prüfmuster und Bewegungs- bzw. Belastungsabläufen lassen sich im Simulator sogar Bandscheiben-Implantate testen, so die Entwickler.
Nach Beendigung des Prüflaufes werden die Gleitpaarungen der Norm entsprechend vermessen und der Gesamtabrieb mittels Koordinatenmessmaschine bestimmt. Für die 3-dimensionale Darstellung der Verschleißzonen (Bild) werden "Abriebkarten" erstellt. Diese Methode der Darstellung, ähnlich wie sie aus Atlanten bekannt ist, wurde im Rahmen von zwei Diplomarbeiten am Institut für Photogrammetrie und Fernerkundung generiert. Die Dokumentation des Abriebverhaltens hilft dem Operateur bei der Auswahl eines Gleitpaarungstyps für den Patienten. Aus der Verschleißdokumentation lassen sich Schlüsse auf die biologische Akzeptanz neuer Materialien ziehen.
Das Projekt entspringt der Zusammenarbeit dreier Institute der TU Wien (Computertechnik, Mikro- und Feinwerktechnik sowie Photogrammetrie und Fernerkundung), dem Institut für Physikalische Chemie der Universität Wien, dem Labor für Biomechanik und Experimentelle Orthopädie der Universität München und dem Oxford Orthopaedic Engineering Centre. Die notwendige Koordinationsleistung erbrachte die Biomechanische Forschungs-GmbH (BMF). Gefördert wurde das Projekt vom Wiener Wirtschaftsförderungsfonds (WWFF). Im nächsten Schritt wollen die Forscher eine Online-Verschleißmessung realisieren.

 
Neuartiger Kantenschliff reduziert Verletzungsrisiko beim Skifahren und Snowboarden
Innsbruck/Zürich - Wenn der Berg ruft, dann kommen die Touristen in Scharen: Sechs Millionen stehen an den österreichischen Skiliften, zwei Millionen Einheimische kommen dazu. Doch für manchen endet der vermeintlich erholsame Pistenausflug - vermeidbar - im Krankenhaus. Noch verstärkt durch den Aufschwung der Carving-Technik, führt das Verkanten/Verschneiden mit scharfgeschliffenen Kanten immer öfter zu Bandverletzungen und Unterschenkel-Drehbrüchen. Häufig ziehen sich Stürzende auch schmerzhafte Schnittverletzungen zu.
Auslöser von Ski- und Snowboardunfällen ist in den meisten Fällen die fortschreitende Ermüdung der Pistenathleten. Insbesondere Anfänger bezahlen mangelnde Fahrpraxis mitunter teuer. Auch geübte Skifahrer und Snowboarder überschätzen ihre Kondition. Mehr als 90 Prozent aller Skifahrer verletzen sich, weil sie die Kontrolle über ihre Sportgeräte verlieren.
Eine - im wahrsten Sinne des Wortes – „einschneidende“ Erfindung scheint die Unfallstatistiken nicht nur positiv zu beeinflussen, sondern dem Skifahren bzw. Snowboarden noch dazu einen gesteigerten Spaßfaktor verleihen zu können. Der 53jährige Schweizer Unternehmer Walter Stucki erdachte einen Kantenschliff für Skier und Snowboards, der nicht nur in etwa zehnmal länger hält als herkömmliche Schliffe, sondern darüber hinaus den so wichtigen Grip deutlich erhöht und gänzlich ohne die scheinbar unabwendbare „Rasiermesserschärfe“ auskommt.
Die renommierte Schweizerische Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu) hat vor kurzem die Eigenschaften der SKIBO-Edge eingehend geprüft und sie mit ihrem begehrten Gütesiegel ausgezeichnet. Das Institut kam zum Schluss, dass die neuartige Kante bei Stürzen die Gefahr von Schnittverletzungen deutlich reduziert und der gute, lang anhaltende Kantengriff den Aktiven weniger Kraftaufwand abverlangt und somit einer fortschreitenden Ermüdung im Laufe eines Ski- oder Snowboardtages entgegenwirkt.
Das vom Tiroler Marketingprofi Marko Fedrizzi vermarktete Kantenschleifverfahren baut den Grip über ein spezielles Kantenprofil auf, das seitlich unter dem Bindungsbereich eingeschliffen wird und bei jedem Ski oder Snowboard – ob alt oder neu – realisierbar ist. Veranschaulicht kann die Wirkung dieser Kante anhand eines gewöhnlichen Brotmessers werden; auch hier ist beim Schneiden primär der „Wellenschliff“ und weniger die Messerschärfe ausschlaggebend. Experten wiesen wiederholt darauf hin, dass messerscharfe Kanten für Normalverbraucher ohnehin viel zu aggressiv im Drehverhalten des Skis bzw. Snowboard wirken und somit das gefährliche Verkanten bzw. Verschneiden begünstigen.
Dr. Markus Reichkendler, Unfallchirurg im Krankenhaus St. Johann in Tirol und Teamarzt beim Österreichischen Ski Verband (ÖSV) sowie beim FC Tirol, betont: „Nachgewiesenermaßen steigt die Unfallhäufigkeit an Nachmittagen wegen zunehmender Ermüdung der Skifahrer und Snowboarder signifikant an. Wenn der neuartige Kantenschliff den Leuten auf der Piste weniger Kraftaufwand abverlangt, kann diese Entwicklung aus ärztlicher Sicht nur begrüßt werden!“

 
Toiletten mit Hirn
"Intelligente Toiletten" für mehr Lebensqualität behinderter Menschen
Wien (tu) - Der tägliche Gang zur Toilette stellt für viele ältere Menschen mit physischer Behinderung ein nahezu unüberwindbares Problem dar. Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft entwickeln nun eine Intelligente Toilette", die diese Menschen von fremder Hilfe unabhängiger machen wird. Ein Forscherteam der Technischen Universität TU) Wien mischt für ein Mehr an Lebensqualität tatkräftig mit.
Soll eine Toilette wirklich "intelligent" sein, dann reicht ihre Flexibilität von der Höhenverstellbarkeit der WC-Muschel bis hin zur Unterstützung beim "Transfer" vom Rollstuhl auf den WC-Sitz. Bei einer Toilette mit Hirn" passt sich jede ihrer einzelnen Komponenten an die unterschiedlichsten Bedürfnisse körperlich beeinträchtiger Menschen an. Große Erleichterung können "intelligente" Toiletten bei jedem Grad der Behinderung bringen, bei einem verstauchten Fuß ebenso wie bei einer vollständigen Lähmung.
Eine Verbesserung der Lebensqualität von Menschen mit physischen Beeinträchtigungen, wozu auch die "Intelligente Toilette" beitragen soll, setzt oftmals komplexes und aufwändiges technologisches Know-How voraus. Nichts desto trotz fließen aber auch neueste Entwicklungen in der Ergonomie, der Gerontologie, der Medizin und den sozialen Wissenschaften mit ein.
Was die technologischen Herausforderungen betrifft, so kommen berührungslose "smart card"-Technologien mit Lese- und Schreibfähigkeit genauso zum Einsatz wie Sprachsteuerung, Bewegungssteuerung und Sensorsysteme, Robotertechnik und mathematische Modellierungen. Paul Panek von der Forschungsgruppe für Rehabilitationstechnik "fortec" an der Technischen Universität (TU) Wien: "Man muss sich das so vorstellen: Schon beim Betreten der Toilette stellt sich diese automatisch auf die von der jeweiligen Person als optimal erachteten Höhe ein, schwenken - falls benötigt - Griffe und Haltestangen hervor, unterstützen Toilettensitz und flexibel steuerbare Haltestangen gebrechliche ältere Personen sowohl beim Niedersetzen als auch beim Aufstehen, beim Transfer vom Rollstuhl auf die Toilette und zurück. Nach dem Verlassen der Toilette sorgt ein vollautomatisches Reinigungssystem für optimale Hygiene, und die vielen nützlichen Hilfssysteme der intelligenten Toilette fahren wieder in einen unauffälligen Ruhezustand, in dem sie wie eine "normale" Toilette aussieht."
Das Projekt wird von der EU im 5. Rahmenprogramm 2002 - 2004 teilgefördert. Derzeit wird an Computersimulationen der neuartigen Toilette sowie an umfangreichen Befragungen von Anwendern gearbeitet.

 
Internationale Alpenkonventions-Tagung in Innsbruck
Umweltdachverband trägt mit Konferenz dem "Jahr der Berge" Rechnung
Innsbruck (pte) - Vom 18. bis 20. April findet im Innsbrucker Kongresshaus die internationale Tagung über die Zukunft der Alpen statt. In Form einer dreitägigen internationalen Veranstaltung werden im Beisein von nationalen und internationalen Politikern, Wissenschaftern und Vertretern von NGOs die Entwicklungen im Alpenraum diskutiert. Der Umweltdachverband will mit dieser Tagung einen wegweisenden Beitrag zur anstehenden Umsetzung der Alpenkonvention sowie zum Internationalen Jahr der Berge 2002 leisten.
"Bedrohungsszenarien für Mensch und alpine Umwelt sowie Herausforderungen für die Politik sollen ebenso aufgezeigt werden wie neue Entwicklungschancen für die Zukunft des alpinen Lebens- und Wirtschaftsraumes", so Franz Maier, Geschäftsführer des Umweltdachverbandes zu pressetext.austria. "Die Tagung soll auf internationaler Ebene einen Beitrag leisten, Alpen-Informationen auszutauschen, das Netzwerk der Alpenakteure zu verdichten und damit den Boden für die Durchführungsprotokolle der Alpenkonvention zu bereiten", so Maier.
Vor der UNO-Vollversammlung im Dezember 2001 betonte Österreichs Vertreter den großen Stellenwert der Berge, da rund zwei Drittel der Gesamtfläche Österreichs unter die EU-Definition "Berggebiet" fallen. Darüber hinaus haben beinahe die Hälfte der 2.351 Gemeinden Österreichs in diesem Gebiet ihren Lebens- und Wirtschaftsraum. Für mehr als drei Mio. Menschen kommt der Erhaltung dieser Siedlungsgebiete besondere Bedeutung zu. "Das macht deutlich, dass Wirtschaft, Politik und Kultur in Österreich stark von den Besonderheiten der Bergregionen bestimmt sind", so Maier. Die Land- und Forstwirtschaft, kulturelle Eigenheiten, die Verkehrsplanung und –entwicklung, die Energiewirtschaft, Natur- und Umweltschutz, Wasserwirtschaft und vieles mehr sind eng mit den Bergregionen verbunden.
"Der heimische Alpenraum zählt zum beliebten Urlaubsziel für in- und ausländische Touristen und stellt für die ansässige Bevölkerung nicht nur eine wichtige Existenzgrundlage dar, sondern gerät in Folge auch ins Spannungsfeld zwischen wirtschaftlicher Nutzung und Schutzansprüchen eines empfindlichen Ökosystems", meint der Geschäftsführer. Das Internationale Jahr der Berge werde als willkommene Gelegenheit gesehen, die Aufmerksamkeit auf die spezifische Situation von heimischen Berggebieten und die Notwendigkeit ihrer nachhaltigen Entwicklung zu lenken, Erfahrungen in diesem Bereich auszutauschen und Partnerschaften sowie Kooperationen auf allen Ebenen aufzubauen. Ein Beispiel für die Zusammenarbeit über die Grenzen hinweg ist die von acht europäischen Ländern unterzeichnete Alpenkonvention, die am 6. März 1995 völkerrechtlich in Kraft trat. Die Alpenkonvention bezieht sich auf einen Raum, der 43 Regionen und 5.800 Gemeinden umfasst und von rund 13 Millionen Menschen bewohnt und intensiv genutzt wird. Die Konvention und ihre Durchführungsprotokolle wollen Ökologie, Ökonomie und die sozialen Bedürfnisse der Bevölkerung in die richtige Balance bringen und eines der empfindlichsten Groß-Ökosysteme Europas durch eine sektorübergreifende, ganzheitliche Politik nachhaltig schützen.