Zunehmendes Wachstumstempo in Europa
Wien (ihs) - Im Jahr 2001 stagnierte die Weltwirtschaft, wobei sich im Jahresverlauf die Wirtschaftsentwicklung
deutlich abschwächte. Allerdings zeichneten sich im Laufe des Jahres bereits positive Faktoren ab. Die Ölpreise
sind gefallen und die Unternehmenserwartungen haben sich stabilisiert. Die Ereignisse des 11. Septembers haben
die Wirtschaftsbelebung zwar verzögert, haben aber offensichtlich keine dauerhaften negativen Folgen nach
sich gezogen.
In den letzten Monaten sind die vorlaufenden Indikatoren in den Industrieländern aufwärts gerichtet.
In den USA ist die Verbesserung der Stimmung bereits früh und deutlich eingetreten; die Wirtschaftsleistung
ist im 4. Quartal bereits um 0.4 % gegenüber dem Vorquartal gestiegen. Im Euroraum schwächte sich die
Wirtschaftsleistung hingegen noch bis zum Jahresende ab, gegenüber dem 3. Quartal 2001 wurde ein Rückgang
von 0.2 % verzeichnet. Frühindikatoren deuten aber auch für Europa bereits auf eine spürbare Wirtschaftsbelebung
hin.
Die österreichische Wirtschaft ist im Jahr 2001 um 1 % gewachsen. In der zweiten Jahreshälfte betrug
das Wachstum nur mehr 0.2 % gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres. In Einklang mit dem Einbruch des
Welthandels verlangsamte sich das Wachstum der österreichischen Exporte von 12.2 % im Jahre 2000 auf 5.5 %.
Das Wachstum des privaten Konsums hat sich mit 1.3 % gegenüber 2000 halbiert.
Gegeben die internationale Konjunkturentwicklung und das Wachstum der verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte
haben aber Exportentwicklung und Konsumausgaben die Konjunktur noch gestützt. Hingegen sind die Investitionen
mit einem Rückgang von 2.6 % deutlich eingebrochen, worin sich auch die Krise am Bau manifestiert. Bedingt
durch die schwache Inlandsnachfrage verlangsamte sich das Wachstum der Importe auf 3.6 %.
Insgesamt entwickelt sich die internationale Konjunktur sehr ähnlich wie in der Dezemberprognose angenommen.
Die Prognoserisiken haben sich inzwischen tendenziell sogar verringert. Es wird unterstellt, dass sich die gegenwärtigen
Preisauftriebstendenzen beim Rohöl nicht verfestigen. Vor diesem Hintergrund besteht kein Anlass die Wirtschaftsprognose
für Österreich zu revidieren. Im Jahresdurchschnitt 2002 wird ein Wirtschaftswachstum von 1.7 % erwartet;
dürfte sich das Wirtschaftswachstum in Österreich auf 2.5 % beschleunigen.
Der Prognose liegt folgende Einschätzung der außenwirtschaftlichen Lage zugrunde. Die amerikanische
Wirtschaft kehrt auf einen soliden Wachstumskurs zurück und wächst mit 3 % und 3 ¼ % in den nächsten
beiden Jahren. Für die EU wird ein Wachstum von 1 ¾ % bzw. 2 ½ % erwartet. Gestützt von
der guten amerikanischen Entwicklung wird sich auch in Deutschland die Konjunktur beleben, worauf auch die Entwicklung
des IFO-Geschäftsklimaindex hinweist; das Wirtschaftswachstum Deutschlands wird 1 ¼ % bzw. 2 ¼
% betragen.
Der reale private Konsum in Österreich entwickelte sich 2001 mit 1.3 % nur schwach. Ursachen dafür waren
die sehr geringe Einkommensdynamik und die höheren Verbraucherpreise. Für nächstes Jahr ist ein
Konsumwachstum von 1.7 % zu erwarten. Im Jahr 2003 sollte der Konsum wieder um 2.1 % steigen. Nach der kräftigen
Rücknahme der Sparquote im Jahr 2001 um 2 Prozentpunkte, wird die Sparquote in beiden Prognosejahren um jeweils
rund einen ½ Prozentpunkt ansteigen. |
Wie bereits in der Vergangenheit, erwiesen sich die Anlageinvestitionen als sehr konjunkturreagibel. Erstmals seit
1996 ist die Investitionstätigkeit im Vorjahr wieder real zurückgegangen. Insgesamt sind die Bruttoinvestitionen
um 2.6 % geschrumpft, wobei die Ausrüstungsinvestitionen – nach dem ausgezeichneten Wachstum von 11.1 % im
Jahr 2000 – um 0.8 % gefallen sind. Die Krise am Bau manifestierte sich in einer Schrumpfung der Bauinvestitionen
von 2.2 %. Im heurigen Jahr dürfte sich das Investitionsklima wieder verbessern, sodass ein Anziehen der Ausrüstungsinvestitionen
um 3 % erwartet wird. Nächstes Jahr wird sich das Wachstum der Ausrüstungsinvestitionen weiter auf 6
% beschleunigen. Bei den Bauinvestitionen wird heuer mit einem weiteren Rückgang um 1.2 % gerechnet, erst
nächstes Jahr könnte sich die Bautätigkeit wieder etwas beleben (1 %). Insgesamt gesehen sollten
damit die Bruttoinvestitionen im Prognosezeitraum um 1.4 % bzw. 3.4 % wachsen.
Aufgrund der nachlassenden Konsumdynamik und der schwachen Investitionstätigkeit hat die Inlandsnachfrage
im Jahr 2001 stagniert. Für die Jahre 2002 und 2003 wird ein Wachstum von 1.3 % bzw. 2.0 % erwartet. Die drastische
Abschwächung der internationalen Konjunktur hat auf die heimische Exportwirtschaft schwächer als erwartet
gewirkt; insbesondere im ersten Quartal war die Außenhandelsintensität noch sehr hoch. Nach 12.2 % im
Vorjahr hat sich die Wachstumsrate der realen Exporte laut VGR im Jahresdurchschnitt 2001 auf 5.5 % abgeschwächt.
Aufgrund der verbesserten Weltkonjunktur wird sich im Jahresverlauf 2002 die Exporttätigkeit beleben, sodass
für den Jahresdurchschnitt ein Wachstum von 5.9 % erwartet wird. Nächstes Jahr wird sich die Exportdynamik
auf 6.8 % beschleunigen. Die Warenexporte steigen im Prognosezeitraum um 6 % und 7.5 %. Sehr positiv entwickelt
sich der Reiseverkehr mit 3.5 % und 3 %. Aufgrund der Stagnation der Inlandsnachfrage ging das Importwachstum 2001
auf 3.6 % zurück. Im Prognosezeitraum werden die Importe aufgrund der Konjunkturverbesserung etwas (5.2 %
und 6 %). Die Warenimporte werden um 5.8 % und 7 % zunehmen.
Damit geht von der Außenwirtschaft weiterhin ein positiver Wachstumsimpuls aus. Die bisher vorliegenden Daten
über die ersten drei Quartale der Leistungsbilanz 2001 weisen einen deutlichen Rückgang des Leistungsbilanzdefizits
aus. Aufgrund der durch die schwache Binnennachfrage ausgelösten geringen Importdynamik, des Wegfalls der
Effekte des Energiepreisanstiegs und der Entwicklung bei der Reiseverkehrsbilanz rechnet das Institut mit einer
kontinuierlichen Verbesserung der Leistungsbilanzsaldos auf 4.9 Mrd. Euro (2001), 4.5 Mrd. Euro (2002) bzw. 4 Mrd.
Euro (2003).
Im Jahresdurchschnitt 2001 belief sich die Inflationsrate auf 2.7 %. Insbesondere in den Bereichen Nahrungsmittel,
Alkohol und Tabak, Gesundheit und Bildung waren deutliche Preisauftriebstendenzen festzumachen. Neben den durch
die BSE-Krise stark gestiegenen Nahrungsmittelpreisen wirkten auch die Erhöhungen von Steuern und Gebühren
(Autobahnvignette, Kfz-Steuer, Studiengebühren) preistreibend. In den letzten Monaten hat sich die Inflation
deutlich abgeschwächt und gegenwärtig bestehen aufgrund der schwachen Konjunktur keine besonderen Preissteigerungsrisiken.
Daher erwartet das Institut weiterhin eine Inflationsrate von 1.8 % für 2002 und 1.6 % für
2003.
Die Arbeitsmarktlage stellt sich weiterhin sehr ungünstig dar. Im ersten Quartal des heurigen Jahres liegt
die Zahl der Arbeitslosen deutlich über dem Vorjahresniveau und die Beschäftigung ist leicht rückläufig.
Erst in der zweiten Jahreshälfte 2002 kann wieder mit einer leichten Belebung am Arbeitsmarkt gerechnet werden.
Nach einem Anstieg der Beschäftigtenzahl von 0.4 % im Jahr 2001, ist für dieses Jahr nur noch mit
0.2 % zu rechnen; erst 2003 wird die Beschäftigtendynamik wieder etwas anspringen (0.7 %). Im Jahresdurchschnitt
2001 ist die Zahl der vorgemerkten Arbeitslosen um 9.500 Personen angestiegen. Diese negative Tendenz wird sich
2002 mit einem Zuwachs von etwa 15.000 Personen fortsetzen. 2003 könnte die Arbeitslosenzahl wieder zurückgehen.
Ausgehend von 6.1 % im Jahr 2001 wird die Arbeitslosenquote in nationaler Definition auf 6.5 % klettern
und könnte 2003 wieder auf 6.1 % fallen. Laut EUROSTAT-Berechnungsmethode erhöht sich die Arbeitslosenquote
von 3.6 % im Jahr 2001 auf 4.0 % in 2002 und beträgt 2003 3.9 %.
Die fiskalpolitische Entwicklung im Prognosezeitraum wird durch den erfolgreichen Budgetkonsolidierungskurs gekennzeichnet.
Insbesondere aufgrund der deutlich höher als erwartet ausgefallenen Steuereinnahmen wurde das Nulldefizit
bereits 2001 erreicht. Mit 45.5 % des Bruttoinlandsprodukts hat die Abgabenquote 2001 einen Höchststand
erreicht. Zur Verbesserung des Wirtschaftsstandortes sollten daher Maßnahmen zur Reduktion der Abgabenquote
gesetzt werden. Für die Jahre 2002 und 2003 erwartet das Institut gegenwärtig ebenfalls ein Nulldefizit.
Hinsichtlich einer Steuerreform im Jahr 2003 sieht das Institut aus budgetärer Sicht gegenwärtig aber
nur einen geringen Spielraum. Dieser Prognose wurde eine Abgabensenkung von insgesamt 1 Mrd. Euro (1. Etappe der
Steuerreform und Lohnnebenkostensenkung) zugrunde gelegt. Ein ausgeglichener Haushalt ist unter diesen Annahmen
nur bei striktester fiskalischer Disziplin möglich.
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