Eine Ausstellung des Jüdischen Museums Wien in Zusammenarbeit mit
den Wiener Festwochen
Wien (jmw) - Von 14. Mai bis 21. September 2003 zeigt das Jüdische Museum Wien eine umfassende
Ausstellung, die sich mit einem wesentlichen Aspekt der Geschichte der Musikstadt Wien auseinandersetzt - dem Anteil
der Juden am Wiener Musikleben, sei es als aktive Künstler oder als Publikum. Dies wird anhand einiger Zahlen
deutlich: 1881 geht das Ringtheater in Flammen auf. Über 900 Menschen kommen ums Leben, fast die Hälfte
von ihnen sind jüdischen Glaubens. Jüdisch sind 1895 auch fast ein Drittel der Studenten in manchen Konservatoriums-Klassen.
Musik ist für die Kinder der Einwanderer zu der Sprache der Assimilation geworden. Bald prägen jüdische
Komponisten, Interpreten und Mäzene die Musikkultur Wiens entscheidend mit. Manche wie Mahler und Schönberg
stoßen die Tür in die Moderne auf, andere wie Kálman oder Oscar Straus schreiben mit ihren Operetten
den Mythos der Musikstadt fest.
"quasi una fantasia" wird im Rahmen der Wiener Festwochen 2003 präsentiert. Die Festwochenausstellung
beleuchtet die eingangs skizzierten Entwicklungen, zeigt aber auch die Grenzen der Musik als Sprache der Assimilation
auf. Sie dokumentiert die Vertreibung und Ermordung jüdischer Musiker zwischen 1938 und 1945, fragt nach deren
Schaffen im Exil und fordert zu einem kritischen Rückblick auf die Musikstadt Wien seit 1945 heraus.
Begleitet wird die Schau von einem umfangreichen Musikprogramm an einigen prominenten Musikhäusern (Konzerthaus,
Musikverein, Schönberg Center) und im Jüdischen Museum Wien selbst, wo die Ausstellung auch nach dem
Ende der Festwochen bis 21. September 2003 fortgesetzt wird. Das detaillierte Musikprogramm und ausführliche
Informationen zur Ausstellung sind auf der Homepage des Jüdischen Museums unter www.jmw.at zu finden.
"quasi una fantasia" - Juden und die Musikstadt Wien ist von 14. Mai bis 21. September 2003 im Jüdischen
Museum zu sehen.
Juden und die Musikstadt Wien - ein oft von Klischees überfrachtetes Thema
Jüdische Komponisten, Künstler und Mäzene haben die Entwicklung der Musikkultur und das Image der
Musikstadt Wien in den letzten beiden Jahrhunderten entscheidend geprägt. Diese Blüte der Musikstadt
Wien erfuhr durch den Nationalsozialismus eine entscheidende Zäsur, die in der Vertreibung und Ermordung jüdischer
Komponisten, Musiker, Förderer und Musikliebhaber kulminierte, und deren Folgen für die Entwicklung der
Musikstadt Wien bis zum heutigen Tage spürbar sind. Dies ist das Spannungsfeld, in dem sich die Ausstellung
"quasi una fantasia" im Jüdischen Museum Wien bewegt.
Die Ausstellung beginnt am Vorabend der Moderne (1870) und zeigt, wie Musik zu der Sprache der Assimilation wurde.
Obwohl die Juden aus den Ländern der k.u.k. Monarchie erst 1867 das gänzlich freie Recht auf Niederlassung
in der Stadt Wien erhielten, rekrutierten sich schon bald viele Besucher und Förderer des Konzertlebens und
der Oper zu einem großen Teil aus den jüdischen Bewohnern. Auch bei den professionellen Musikern findet
man viele Juden: In manchen Meisterklassen stammte 1895 beinahe jeder dritte Student am Konservatorium aus einer
jüdischen Familie. Deutlich wird dies bei der Opferbilanz eines singulären Ereignisses in der Kulturgeschichte
Wiens: Als 1881 bei einer Vorstellung von "Hoffmanns Erzählungen" das Ringtheater abbrannte, waren
unter den 900 Todesopfern mehr als 400 jüdischen Glaubens.
1897 wird Gustav Mahler Direktor der Wiener Hofoper, seine Direktion ist ein Markstein der Moderne in der Musik.
Bald werden Komponisten wie Alexander Zemlinsky sowie Arnold Schönberg und seine Schüler das Projekt
der Moderne fortsetzen. Die Ausstellung wird zeigen, dass Juden zwar in der Bewegung der Moderne eine wichtige
Rolle einnahmen, andere hingegen - und sie waren sicherlich zahlenmäßig überlegen - behaupteten
sich in konservativen oder populären Positionen, wie etwa in der Operette.
Ein wesentliches Kapitel wird der Verfolgung und Vertreibung jüdischer Musiker gewidmet sein. Viele von ihnen
setzten in den USA und anderen Exilländern ihre begonnenen Karrieren unter teilweise sehr schwierigen Bedingungen
fort. Ihre Flucht, aber auch ihr Leben und Schaffen im Exil, wie auch ihre weitere Verbindung zur Wiener Musikkultur,
stehen hier im Mittelpunkt.
Ein kritischer Rückblick auf das Wien nach 1945 beschließt die Ausstellung. Hier ist nicht nur die Renaissance
von Gustav Mahler und der Triumph Leonard Bernsteins ein Thema, sondern auch die Tatsache, dass man sich kaum um
die Rückkehr der Vertriebenen bemühte, dafür aber Dirigenten wie Karl Böhm oder Herbert v.
Karajan, die unter den Nazis groß geworden waren, das Musikleben in dieser Stadt bestimmten. Eine zentrale
Rolle innerhalb der Ausstellung wird der heute nur noch in Fachkreisen bekannte Musikwissenschaftler und Gründer
des Wiener Instituts für Musikwissenschaft Guido Adler (1855-1941) einnehmen: Er führt gleichsam als
"Erzähler" durch die Ausstellung.
Das JMW dankt folgenden Firmen und Institutionen für die Unterstützung der Ausstellung oder des begleitenden
Musikprogramms
Ausstellung: Wittmann Möbelwerkstätten, Universal Music Austria
Musikprogramm: Bankhaus Sal. Oppenheim Vienna und Institute for Jewish Music
Arnold Schönberg Center, Wiener Konzerthaus
Medienpartner: Die Presse, Ö1
Das Jüdische Museum Wien (A-1010 Wien, Dorotheergasse 11) ist Sonntag bis Freitag von 10 bis 18 Uhr, an
Donnerstagen von 10 bis 20 Uhr geöffnet. Eintritt: EUR 5/EUR 2,90 ermäßigt. Schulklassen in Begleitung
eines Lehrers haben freien Eintritt und eine kostenlose Führung. Ein umfangreiches pädagogisches Begleitprogramm
zur Ausstellung ist in Vorbereitung (Auskünfte unter Tel.: ++43 / (01) 535 04 31-311 bzw. 312).
Zur Ausstellung erscheint im Wolke-Verlag ein reich illustrierter Katalog mit ca. 200 Seiten und 10 Fachbeiträgen
namhafter Autoren sowie Musikbeispielen auf Audio-CDs. |