Wien (wwf) - Zwei Seeadler, ein Kaiseradler, ein Rotmilan, vier Bussarde und ein Uhu, das ist die traurige
Bilanz illegaler Giftleger in den letzten Wochen. Im nördlichen Weinviertel und im Seewinkel haben Giftleger
eine Katastrophe im Greifvogelschutz verursacht. Jahrelange Bemühungen und erste Erfolge im Schutz von Greifvögeln
sind damit gefährdet.
Nachdem im Winterhalbjahr 02/03, sowie auch im letzten Winter nur wenige Hinweise auf Giftfälle bei der Gift-Hotline
- die der WWF zusammen mit den Vier Pfoten betreibt - einlangten, schien es, dass das illegale Auslegen von Carbofuran
stark zurückgegangen ist. Umso entsetzter waren WWF und BirdLife, als innerhalb der letzten Wochen neun Greifvögel,
darunter so seltene Arten wie See- und Kaiseradler, vergifteten Ködern zum Opfer fielen. Damit sind in den
letzten 14 Jahren fast 20 Seeadler in Ostösterreich vergiftet worden. „2001 hatten wir seit 50 Jahren wieder
die erste Brut eines Seeadlers in Österreich. Die Giftköder sind derzeit eine der Hauptursachen, warum
unser Wappentier in Österreich nur sehr schwer Fuß fassen kann“, analysiert die Seeadlerexpertin Jutta
Jahrl vom WWF.
Carbofuran ist ein hochwirksames Nervengift, das im Ackerbau Verwendung findet. Zweckentfremdet reicht allerdings
ein Gramm, um einen Menschen zu töten. Bei einem Greifvogel ist eine weitaus geringere Dosis letal. „Kurz
nach der Aufnahme des Gifts ist ein Vogel in der Regel bereits flugunfähig, und ein qualvoller Todeskampf,
begleitet von Muskelkrämpfen und Atemlähmung beginnt“, schildert Gerhard Loupal von der Veterinärmedizinischen
Universität in Wien und Präsident von BirdLife Österreich. „Diese zweckentfremdete Verwendung von
Carbofuran ist mit Sicherheit Tierquälerei in höchstem Maße“, stellt der Pathologe weiters fest.
Auch der Kaiseradler brütet seit wenigen Jahren wieder in Österreich - nachdem er fast 200 Jahre lang
ausgestorben war. „Neben dem Vergiftungsopfer im nördlichen Weinviertel, wurde ein weiterer Kaiseradler im
Nationalpark Neusiedlersee-Seewinkel angeschossen aufgefunden“, ist Andreas Ranner von BirdLife entsetzt.
Neben den Jagdgesetzen, die ganz klar die Verwendung von Gift verbieten, gibt es auch internationale Rechtsnormen,
in denen Österreich zum Schutz dieser seltenen Greifvogelarten verpflichtet ist. So sind See- und Kaiseradler,
Uhu sowie der Rotmilan durch die EU-Vogelschutz-Richtlinie und die Berner Konvention geschützt. Darüber
hinaus ist Österreich durch die „Rio-Konvention“ (Übereinkommen über die biologische Vielfalt) zur
Erhaltung seiner Biodiversität verpflichtet.
„Die Verwendung von Gift gegen Greifvögel und Beutegreifer ist eine Schande für den Artenschutz“, ist
WWF Präsident Helmut Pechlaner entsetzt. Der WWF wird daher im nächsten Winterhalbjahr eine massive Kampagne
gegen die illegale Giftlegerei durchführen und fordert die Jägerschaft auf, diese zu unterstützen.
Insbesondere ist eine Intensivierung der Aufklärungsarbeit innerhalb der Jägerschaft notwendig. Zur Wiedergutmachung
ist die Jägerschaft weiters aufgerufen, aktiv Maßnahmen zum Seeadlerschutz durchzuführen.
Das Auslegen von Gift ist kein Kavaliersdelikt. Sollte ein Täter gefasst werden, kann es daher nicht bei einer
Verwaltungsstrafe nach dem Jagdgesetz bleiben. Der Tatbestand der Tierquälerei (§ 222 STGB) muss ernst
genommen und entsprechend geahndet werden.. BirdLife und der WWF fordern darüber hinaus, dass derartig gravierende
Eingriffe in die Biodiversität Österreichs nach dem Strafgesetz strafbar gemacht werden sollen. |