Länder fordern Vermögensregelung mit dem Bund  

erstellt am
11. 04. 03

Schausberger: Historisches Verfassungsgerichtshoferkenntnis zwingt Bund zu partnerschaftlichen Verhandlungen
Salzburg (lk) - Landeshauptmann Dr. Franz Schausberger macht nun Druck auf den Bund, endlich Verhandlungen bezüglich der Übertragung von Vermögen, das den Ländern zusteht, aufzunehmen. Den Rechtstitel dazu liefert ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom Juni des Vorjahres. Dies machte Schausberger am Donnerstag (10. 04.) April, bei einem Informationsgespräch in Wien deutlich.

Bei dieser Auseinandersetzung geht es um ehemaliges ärarisches Vermögen, also Staatsvermögen, und nicht um das Privatvermögen der Habsburger. Betroffen durch das Verfassungsgerichtshoferkenntnis ist das gesamte Staatsvermögen der Monarchie, betonte Landeshauptmann Dr. Schausberger. Die österreichischen Länder wollen aber die für sie historisch bedeutsamen Teile zurückfordern.

Schausberger ist von den österreichischen Ländern mit den Verhandlungen auf Bundesebene betraut worden. Er mahnt den Bund deswegen zu raschen Verhandlungen, weil er befürchtet, dass durch Vermögensübertragungen an die BIG (Bundesimmobiliengesellschaft) die Länder auf „kaltem Weg enteignet" werden und Landesvermögen zwischenzeitlich veräußert wird. Die ausstehende Vermögensregelung darf nämlich nicht dadurch unterlaufen werden, dass seitens des Bundes zwischenzeitlich Veräußerungen stattfinden und damit die für das Land in Betracht kommenden Vermögen der Teilungsmasse entzogen werden, sagte Schausberger.

Anlass für den neuerlichen Vorstoß des Salzburger Landeshauptmannes war ein vom Land Salzburg beim Verfassungsgerichtshof erwirktes Erkenntnis. Darin hatte der Verfassungsgerichtshof festgestellt, dass es die Vermögensregelung zwischen Bund und Ländern bisher – entgegen der Behauptung des Bundes – nicht gegeben hat. Der Bund ist hinsichtlich dieser Vermögensteile den Ländern gegenüber verantwortlich. Das Erkenntnis fordere den Bund geradezu auf, endlich partnerschaftliche Verhandlungen mit den Ländern aufzunehmen. 1920 sei der Einfachheit halber vom Bund die vermögensrechtliche Auseinandersetzung vertagt worden, wobei „dieses strittige Eigentum" vorläufig dem Bund zur treuhändischen Verwaltung überlassen worden sei, unterstrich der Salzburger Landeshauptmann.

Salzburg will die Festung Hohensalzburg
Wem gehören die Festung Hohensalzburg, das Große Festspielhaus oder der Residenzbrunnen, Liegenschaften der Österreichischen Bundesforste, zahlreiche Bezirksgerichte in Österreich? Mit dem Rechtstitel, welchen das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes dem Land Salzburg bietet, will Schausberger eine rasche Klärung der endgültigen Eigentumsfrage herbeiführen. Das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes stärke die historisch gewachsenen österreichischen Bundesländer in ihrer Stellung gegenüber dem Bund und sei Ausdruck des bundesstaatlichen Prinzips als Grundpfeiler der österreichischen Verfassung, sagte dazu Landeshauptmann Schausberger in diesem Informationsgespräch über Vermögensforderungen der Länder an den Bund in Wien, an dem auch Hofrat Dr. Eduard Paulus, Leiter der Abteilung für Finanzen und Vermögensverwaltung, Hofrat Dr. Ferdinand Faber, Leiter der Fachabteilung Legislativ- und Verfassungsdienst, und Hofrat Dr. Fritz Koller, Leiter des Landesarchivs, teilgenommen haben. Der damalige Wille der Länder, gemeinsam die Republik (Deutsch-)Österreich zu bilden, inkludierte nicht die Übertragung der Vermögenstitel der untergegangenen Monarchie an den Bund, so Schausberger.

Der Salzburger Landeshauptmann zeigte sich enttäuscht über das bisherige Verhalten des Bundes. So seien seine über drei Jahre laufenden Bemühungen um eine Übertragung von wichtigen Denkmälern in der Stadt Salzburg im Sande verlaufen. Dies sei umso unverständlicher als diese Denkmäler, wie der Residenzbrunnen, zwei Pferdeschwemmen oder die Mariensäule auf dem Domplatz, vom Bund nicht verkauft werden können und nur eine finanzielle Belastung darstellen. Für das Land Salzburg seien sie aber von hohem symbolischen Wert. Daher wolle das Land Salzburg, dass das Symbol für das Landesbewusstsein, die Festung Hohensalzburg, in Landesbesitz übergehe.

Das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes habe aber nicht nur Bedeutung für das Land Salzburg, sondern auch für andere österreichische Länder, führte Schausberger weiter aus. Zwei Beispiele dazu: Von den Liegenschaften der Österreichischen Bundesforste entfallen rund je 22 Prozent auf Salzburg, Oberösterreich und Tirol, 16 Prozent auf die Steiermark, 14 Prozent auf Niederösterreich und im Burgenland, in Kärnten, Vorarlberg und Wien liegen die Anteile pro Land unter drei Prozent. Durch die Schließung zahlreicher Bezirksgerichte steht in den nächsten Monaten und Jahren der Abverkauf dieser Gebäude durch die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) an. Auch hier würde Vermögen veräußert werden, bei dem die endgültige Eigentumsfrage nicht geklärt ist, womit den Ländern in unterschiedlichem Ausmaß Vermögen entzogen werden könnte.

Von Mauthausen bis Schloss Ambras
In anderen Bundesländern sind ebenfalls symbolträchtige historische Gebäude in Bundesbesitz. So zum Beispiel die öffentlichen Gedenkstätten in Mauthausen (Oberösterreich), Schloss Hof (Niederösterreich) oder Schloss Ambras, der Hofgarten mit dem Englischen Garten, die Siebenkreuzkapelle und die Hofburg zu Innsbruck (Tirol).

Vermögensregelung steht noch aus
Anlass für das Prüfungsverfahren des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) waren Verkäufe von Grundstücken aus dem Bestand der ehemaligen Bundesforste. Die Salzburger Landesregierung hat dazu die Auffassung vertreten, dass die Bestimmungen, die diese Transaktionen ermöglichen, verfassungswidrig sind. Der VfGH hat die Bestimmungen zwar nicht aufgehoben, trotzdem ist das Erkenntnis für die Länder und den Bundesstaat von historischer Bedeutung. Der VfGH stellte fest, dass es die Vermögensregelung zwischen Bund und Ländern bisher – entgegen der Behauptung des Bundes – nicht gegeben hat. Der Bund ist hinsichtlich dieser Vermögensteile den Ländern gegenüber verantwortlich. Bei Veräußerung von Liegenschaften der ehemaligen Bundesforste muss für diese ein gleichwertiger Liegenschaftsbesitz beschafft werden. Die Länder hätten bei einer solchen Auseinandersetzung zwar keinen rechtlichen Anspruch auf die Übertragung bestimmter Liegenschaftsvermögen. Bei zwischenzeitlichen Liegenschaftsverkäufen aus der Teilungsmasse zu Lasten des Landes wären im Rahmen der Vermögensregelung Ausgleichszahlungen des Bundes an das Land oder andere Instrumente zum Ausgleich in Betracht zu ziehen.

Außerdem muss die Vermögensregelung partnerschaftlich durch Verhandlungen zwischen Bund und Ländern erfolgen. Eine endgültige Vermögensregelung gegen den Willen der jeweiligen Länder ist damit ausgeschlossen. Die Vermögensregelung darf aber auch nicht dadurch unterlaufen werden, dass seitens des Bundes zwischenzeitlich Veräußerungen stattfinden und damit die für das Land in Betracht kommenden Vermögen der Teilungsmasse entzogen werden.

Chronologie der Vermögensauseinandersetzung
Die „Salzburger Vermögensauseinandersetzung" begann am 11. Oktober 1982 mit einem einstimmigen Beschluss des Landtags, der Grundbesitz der Bundesforste soll wieder in das Eigentum des Landes überführt oder vom Land verwaltet werden. Im Jahr darauf informierte der damalige Bundeskanzler Dr. Fred Sinowatz, dass die endgültige Regelung der Eigentumsfrage bereits durch das Finanzverfassungsgesetz 1922 erfolgt sei und er keinen zwingenden Grund für Verhandlungen sehe. Am 19. März 1985 unternahm Landeshauptmann Dr. Wilfried Haslauer einen neuerlichen Anlauf mit ausführlicherem Rechtsgutachten – und gleichem negativen Ergebnis. Sieben Jahre später übermittelte Nachfolger Dr. Hans Katschthaler das Rechtsgutachten des Landes an den Zentralbetriebsrat der Bundesforste.

Die Landesregierung beschloss am 19. September 2000, dass ein Verkauf wesentlicher Teile der Flächen der Bundesforste durch den Bund eine Verfassungsklage nach sich ziehen werde. Eine Novelle im Bundesforstegesetz zur Ermöglichung des Verkaufs der Flächen, Schutz vor Verkauf sensibler Flächen wie Quellgebiete, Gletscher, wurde im Herbst 2000 nachträglich eingebaut. Im Dezember 2000 wird ein Verkaufsbeschluss im Budgetbegleitgesetz des Bundes gefasst. Am 13. Juli 2001 erfolgten die Anträge des Landes Salzburg an den VfGH. Vier Monate später kam es zur Gegenäußerung der Bundesregierung und im Jänner 2002 zur Stellungnahme des Landes zur Äußerung des Bundes. Im Mai und Juni des Vorjahres gab es intensive mündliche Verhandlungen, seit 29. Juni 2002 liegt das Erkenntnis des VfGH vor.

Als erste Maßnahme setzte das Land Salzburg eine Arbeitsgruppe zur Vorbereitung der Verhandlungen mit dem Bund ein, die die in der Vermögensregelung aus Landessicht einzubeziehenden Vermögensteile feststellen soll. Bei der Landeshauptleutekonferenz im Oktober 2002 wurde das Thema während der Vorsitzperiode Schausbergers eingebracht und festgelegt, dass Salzburg die Federführung bei den Verhandlungen mit dem Bund übernimmt. Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel machte alle Ressorts auf das Erkenntnis aufmerksam.

Salzburg will 23 historische Gebäude zurück
Mittlerweile wurde mit der Erhebung des Umfanges für das in Frage kommende Vermögen folgender Vermögensgruppen begonnen. Die Vermögensgruppe 1 beinhaltet Liegenschaften der Österreichischen Bundesforste. Hier fordert das Land Salzburg die Naturalrestitution, d. h. die Rückgabe von rund 207.000 Hektar, von der Bundesregierung.

Die Vermögensgruppe 2 umfasst historische Gebäude. Derzeit sind die Erhebungen für die Stadt Salzburg abgeschlossen. 98 Objekte, die sich im Besitz der Bundesimmobiliengesellschaft befinden, wurden überprüft. Davon sind 23 Gebäude übrig geblieben: Winterresidenz samt Wallistrakt (Franziskanergasse 1), Residenz Toskanatrakt (Churfürststraße 1), Landesschulratsgebäude (Mozartplatz 8, 9, 10), Fürst Schwarzenberghaus (Kaigasse 17), Alte Universität (Universitätsplatz 1), Großes Festspielhaus (Hofstallgasse 1), Bundeshandelsakademien und Bundeshandelsschulen (Johann Brunnauer-Straße 2, 4, 6), Bundesgebäudeverwaltung II (Fürstenallee 21), Justizgebäude (Rudolfsplatz 2), Naturwissenschaftliche Fakultät (Hellbrunnerstraße 32a, 34), Teil des Donnenbergparks (Zufahrt über Fürstenallee 8), Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen (Georg Wagner-Gasse 4, 6, 8), „Das k.k. Bezirksgerichtsgebäude" (heute Universitätsdirektion; Kapitelgasse 6), Fürst-Salm-Haus (Kapitelgasse 5), Graf-Firmian-Haus (Kapitelgasse 7), „Das k.k. Tabakmagazinsgebäude" (heute Universitätsdirektion; Kapitelgasse 4), Residenzbrunnen, Residenz-Neugebäude (Mozartplatz 1), Kapitelschwemme, Hofstallschwemme auf dem Karajanplatz, Marienstatue auf dem Domplatz, Festung Hohensalzburg und die Unternehmensleitung Bundesforste (Paracelsusstraße 4). Demnächst sollen die historischen Gebäude in den Bezirken erhoben werden.

Restitutionsforderung möglich
Die Vermögensgruppe 3 umfasst die Kulturgüter, die in die Untergruppen Urkunden, Akten und Archiv-Handschriften, Bücher und Manuskripte sowie Kunstgegenstände (Archäologische Objekte, Gemälde, Plastiken, Münzen etc.) aufgeteilt sind. Bei den Urkunden, Akten und Archiv-Handschriften sollen zunächst Reproduktionen übergeben werden, anschließend stehen Verhandlungen über die Originale an. Forderungen an die Bundesregierung sind hier jederzeit möglich. Bei Büchern, Manuskripten und Kunstgegenständen sind Erhebungen des Umfanges in Vorbereitung.

In der Vermögensgruppe 4 sind sonstige Liegenschaften, die seit 1920 nicht mehr im Besitz des Bundes sind, aufgelistet. Nach Abschluss der Erhebungen für das Land Salzburg kann sich Landeshauptmann Franz Schausberger eine Restitutionsforderung vorstellen.
     
zurück