Bildungspolitik  

erstellt am
10. 04. 03

 Gehrer: Entlastung ist Signal, sich auf Wesentliches zu konzentrieren
»market«-Umfrage bestätigt, dass zu großer Druck auf Schülern lastet
Wien (övp-pd) - "Wir wollen ein Signal setzen, ein Signal, dass wir uns auf Wesentliches und Wichtiges konzentrieren - deshalb die geplante Stundenentlastung", sagte Bildungsministerin Elisabeth Gehrer am Mittwoch (09. 04.) in Wien. Sie habe nie verheimlicht, dass damit auch die Zielsetzung verbunden sei, die Entwicklung der Personalkosten nicht ungebremst davonlaufen zu lassen.

Im Bildungsministerium habe man, um Rückmeldungen zu den geplanten Maßnahmen einzuholen, eine "market"-Umfrage in Auftrag gegeben. Diese ergebe ganz klar, dass im Moment "zu großer Druck auf den jungen Menschen" laste. "56 Prozent der Befragten bezeichnen die derzeitige Anzahl an Schulstunden als zu viel, unter den befragten Eltern waren es 64 Prozent", so Gehrer. 66 Prozent der Befragten seien der Meinung, man könne bei den Lehrplänen etwas streichen, und 63 Prozent der Befragten "finden, dass es wichtig ist, die Schüler etwas zu entlasten", so die Bildungsministerin.

"Für mich ist das ein Auftrag, zusammen mit der Lehrerschaft und den Bildungspolitikern aller Fraktionen vernünftige Weiterentwicklungen im Schulwesen zu starten", so Gehrer. Nach dem ersten Schritt der inhaltlichen Entlastung durch den Lehrplan '99 und dem zweiten Schritt der zeitlichen Entlastung werde die Zukunftskommission mit der Aufgabe betraut, die Qualität und Leistungsstandards der Schulen zu definieren.

Zu den heutigen Protestaktionen der Lehrergewerkschaft sagte die Bildungsministerin, sie halte nichts davon, Schüler zu Protestmaßnahmen zu motivieren. Die Zielsetzungen der geplanten Reformen sei klar, diese seien einerseits die Entlastung der Schüler, andererseits die dadurch erreichten Einsparungen, "aber bei der Frage, wie wir das Ziel erreichen, bin ich sehr dankbar für vernünftige Vorschläge", schloss die Bildungsministerin.

 

 Niederwieser zu Gehrer: Stundenkürzung reine Sparmaßnahme ohne pädagogisches Konzept
Wien (sk) - SPÖ-Schulsprecher Erwin Niederwieser betonte am Mittwoch (09. 04.) in Reaktion auf die von Bildungsministerin Elisabeth Gehrer erneut vorgebrachten Pläne zur Stundenreduktion, dass es sich dabei um eine "reine Sparmaßnahme ohne pädagogisches Konzept" handle. Da könne man sich auch durch Umfragen nicht "herausreden". "Will man die Schülerinnen und Schüler sowie die Eltern wirklich entlasten - was dringend notwendig wäre - so ist das Beste der Ausbau der ganztägigen Schulformen", erklärte Niederwieser. Die von Gehrer eingesetzte Zukunftskommission stelle sich vor diesem Hintergrund aber als Farce heraus.

Die Zukunftskommission habe die Aufgabe, die künftigen Bildungsziele zu formulieren. Die Kürzungen der Schulstunden würden aber schon jetzt erfolgen, noch bevor die Kommission Ergebnisse bringen konnte. Das beweise, so Niederwieser, "dass es sich bei der Stundenreduzierung Gehrers um die bloße Umsetzung von Budgetvorgaben handelt, keinesfalls aber um eine pädagogisch motivierte Maßnahme".

 

 Rossmann: »AHS-Gewerkschafter agieren mehr als unverantwortlich«
Mißbrauch von Lehrern und Schülern für rein parteipolitische Spielchen - Protestmaßnahmen sind leicht zu durchschauendes populistisches Manöver
Wien (fpd) - Zu den von der AHS-Gewerkschaft heute initiierten Protestmaßnahmen meinte FPÖ-Bildungssprecherin Abg. Mares Rossmann, daß die Gewerkschafter damit die Lehrer für ihre parteipolitischen Spielchen mißbrauchten.

Die Gewerkschafter, die jetzt gegen den Entwurf einer Kürzung der Unterrichtsstunden Sturm liefen, seien schon sehr lange vom aktiven Unterrichtsgeschehen entfernt, so daß sie gar nicht mehr wissen könnten, was das heutige Bildungssystem eigentlich den Schülern abverlange, meinte Rossmann. Außerdem sei es absurd, daß mit diesem Aktionstag nahezu 38.000 Schulstunden verloren gingen, was weitaus mehr sei, als dies durch die beabsichtigten Reduktionen der Fall sei. Dies sei ein leicht zu durchschauendes populistisches Manöver, das nicht den Interessen von Lehrern und Schülern diene, sondern einzig und allein den parteipolitisch motivierten Interessen der Gewerkschaft. Außerdem sei es ja nicht das erste mal, daß die Gewerkschaften solche Politspektakel ins Leben gerufen hätten, erinnerte Rossmann an viele Schulaktionen während der ersten blau-schwarzen Regierungsperiode.

Rossmann findet es außerdem äußerst unverantwortlich, daß gerade in einer prüfungsintensiven Schulphase, nämlich vor den Osterferien und vor den Maturaterminen, die Unterrichtsstunden ausfallen würden und den Schülern damit ein Bärendienst erwiesen werde. "Die Gewerkschaften sollten sich ein Beispiel an dem Bundesland nehmen, in dem die Freiheitlichen die politische Verantwortung für den Schulbereich haben", so die FPÖ-Bildungssprecherin. In Kärnten werde der heutige 9. April nicht als Aktionstag, sondern einheitlich in Form von maximal dreistündigen Dienststellenversammlungen geführt. Dem Kärntner Landesschulrat sei keine Schule bekannt, an der die Lehrer oder die Direktion versuchten, den Tag für die Schülerinnen und Schüler frei zu geben. "Die Schlagzeile der 'Kleinen Zeitung', daß die Klassen leer bleiben, ist somit völlig unrichtig", zeigte sich Rossmann erfreut. "Neben der Erarbeitung eines Konzepts, um während der Sommerferien Förderunterricht auch in der eigenen Schule anzubieten, ist insbesondere die Forderung so genannter 'Fächerbündelungen' , die es durch entstehende Synergieeffekte ermöglichen sollen, eine Entrümpelung des Lehrplanes zu vereinfachen und somit eine echte Reform des Lehrplanes durchzuführen, eine unserer wichtigsten Vorhaben ", so Rossmann abschließend.

 

 Strukturveränderungen statt Einsparungen in den Schulen
Gehrers offener Brief enthält Halbwahrheiten
Wien (grüne) - Bildungsministerin Gehrer verweist in ihrem offenen Brief an AHS-LehrerInnen darauf, dass in ganz Europa über eine Entlastung von SchülerInnen diskutiert werde. "Richtig ist, dass die Zahl der Normalunterrichtsstunden in Österreich tatsächlich überdurchschnittlich hoch ist. Österreichs SchülerInnen sitzen aber deshalb nicht länger in den Schulen, weil es in bildungspolitisch erfolgreicheren Ländern wie dem PISA-Spitzenreiter Finnland eine weit größere Anzahl an individuellen Förderstunden gibt, die nicht eingerechnet wird", erklärt der Bildungssprecher der Grünen, Dieter Brosz.

Nachhilfe durch Lehrkräfte in den Schulen erhalten im OECD-Durchschnitt 72 Prozent der SchülerInnen, beim Spitzenreiter Finnland 93 Prozent, - in Österreich aber nur 32 Prozent. Österreich liegt dabei an zweitletzter Stelle hinter Deutschland mit 14 Prozent. "Gehrers simple Stundenkürzung ist daher die falsche Antwort auf eine richtige Frage. Österreichs Schulsystem muss rasch reformiert werden. Individuelle Fördermaßnahmen und Wahlmöglichkeiten müssen ausgebaut werden, um die Anzahl schwächerer SchülerInnen zu verringern. In diesem Zusammenhang wäre eine Stundenkürzung sinnvoll, nicht aber als Sparmaßnahme. Gehrer kann ja nicht ernsthaft glauben, dass sich nur durch die Streichung von Stunden etwas verbessert", ergänzt Brosz.

"Vor diesem Hintergrund sind die Protestmaßnahmen der LehrerInnen verständlich. Ich würde mir aber wünschen, dass dabei nicht der Status quo einzementiert wird, sondern Bereitschaft für eine konstruktive Diskussion über strukturelle Reformen signalisiert wird," schließt Brosz.
 
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