Sozialpolitik  

erstellt am
10. 04. 03

 Schüssel: Es wird nicht genügen, Nein zu sagen
Pensionsreform ist absolut notwendige Reform mit Augenmaß
Wien (övp-pd) - "Der Vorwurf, dass wir bei der Pensionsreform zu hart vorgehen, wird doch etwas relativiert, wenn man sich vor Augen führt, dass wir am Beginn dieser Legislaturperiode für Pensionen insgesamt über 30 Milliarden Euro aufgewendet haben, und dass wir am Ende mit all diesen Maßnahmen, die wir uns vornehmen, zweieinhalb Milliarden mehr aufwenden werden", sagte Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel beim Pressefoyer nach dem Ministerrat am Dienstag (08. 04.). Daran könne man sehen, dass das eine Reform sei, die Augenmaß habe und die absolut notwendig sei. Zur Kritik seitens des ÖGB meinte der Bundeskanzler: "Es wird nicht genügen, Nein zu sagen." Die Regierung werde die vorliegenden Entwürfe sicher nicht zurückziehen.

"Ich halte diese Entwürfe für absolut sinnvoll und habe auch noch keinen Alternativvorschlag gehört", sagte der Bundeskanzler. Er glaube, dass die Sozialpartner nicht um die Beantwortung der Frage hinweg könnten, was die Alternative sei, "wenn wir ohnedies mit diesen vernünftigen Reformen am Ende der Periode zweieinhalb Milliarden Euro mehr für die soziale Sicherheit alleine bei den Pensionen aufwenden", so Schüssel.

Auch mit den anderen Parlamentsparteien habe man "in den Eckpunkten, die wir jetzt vorschlagen und die jetzt zur Diskussion stehen, auch weitgehenden Konsens" gehabt. "Wir haben ja nicht drei Monate lang mit allen politischen Parteien sondiert, verhandelt und gesprochen, um Zeit tot zu schlagen, sondern um in der Substanz die wichtigen Themen außer Streit zu stellen", sagte der Bundeskanzler. Er wolle ausdrücklich wiederholen, dass die Anhebung des Frühpensionsalters auf das gesetzliche Alter außer Streit gewesen sei, sowohl mit dem Koalitionspartner FPÖ, als auch mit den Grünen und den Sozialdemokraten. Hierzu zitierte der Bundeskanzler SPÖ- Bundesvorsitzenden Alfred Gusenbauer aus dem "Kurier" vom 17. Jänner 2003, wo sich dieser dazu bekannt habe, die Frühpensionen auslaufen zu lassen.

Auch die lebenslange Durchrechnung sei in den Sondierungen außer Streit gewesen und außerdem von der Pensionsreformkommission im Konsens vorgeschlagen worden. "Das war ein Thema, das auch von den anderen politischen Parteien akzeptiert wurde", so Schüssel. Der Bundeskanzler zitierte hiezu wiederum den SPÖ-Chef, der am 11. Jänner 2003 in der "Presse" sagte: "Ich bin der Meinung, dass wir natürlich in Richtung Lebensarbeitszeit als Durchrechnung gehen müssen."

Auch das Volumen der Pensionsreform sei außer Streit gestanden, "nämlich eine Milliarde Euro bis 2006". Dazu habe Gusenbauer in den "Oberösterreichischen Nachrichten" gemeint, "die erste Frage, die wir außer Streit gestellt haben, ist, dass aus dem Titel 'Steigender Pensionsbedarf' bis 2006 eine Milliarde Euro kommen soll."

"Ich glaube, dass wir insgesamt mit diesen Maßnahmen einen Schritt in die richtige Richtung tun", so der Bundeskanzler. Manche Kritiker sagten zu Recht, dass diese Pensionsreform erst komplett sein werde, wenn wirklich die Harmonisierung aller Systeme erfolgt sei, "und das wird es auch für uns, das ist in der Pensionsreform drinnen", sagte Schüssel. Das werde sehr ernst genommen und unmittelbar nach der Beschlussfassung im Parlament über das Budgetbegleitgesetz zur Pensionsreform auch umgesetzt.

Zur Regelung der Politikerpensionen sagte der Bundeskanzler, es sei "ein 'heiliges Gesetz', dass sich die Regierung nie in die Bezüge- oder Pensionsregelungen der Abgeordneten einmischen soll". Das sei Sache der Volksvertretung. "Ich glaube, das ist der richtige Weg. Das war immer so geplant und ist nicht einfach so vergessen worden. Es war eigentlich bei den internen Besprechungen immer klar, dass die Klubs das eins zu eins in einem hoffentlich breit angelegten Initiativantrag umsetzen sollen", so der Bundeskanzler.

 

 Gusenbauer will "öffentlichen Druck" gegen die schwarz-blauen Pensionsreformpläne machen
Wien (sk) - "Dieser größte Vertrauensbruch im Pensionssystem darf nicht ungesühnt bleiben", gab sich SPÖ-Bundesparteivorsitzender Alfred Gusenbauer bei der FSG-Bundesfrauenkonferenz am Dienstag (08. 04.) kämpferisch, und kündigte an, bis zum Ende der Begutachtungsfrist "öffentlichen Druck" zu erzeugen, damit die Regierung ihren Vorschlag zur Pensionsreform zurückziehe. Entgegen "diesem Pfusch", der in die falsche Richtung gehe, sprach sich Gusenbauer für ein "einheitliches Pensionssystem, das alle Menschen umfasst", aus. Besonderes Augenmerk richtete Gusenbauer auf die Situation der Frauen, welche von den schwarz-blauen Pensionsvorschlägen "am allermeisten betroffen" seien, da sich jede Art der Erwerbsunterbrechung dabei voll durchschlage. Gehe es nach Schwarz-Blau, werden die Frauenpensionen, die ohnehin schon zu gering seien, noch weiter dramatisch absinken.

"Menschen, die ein Leben lang gearbeitet haben, gebührt eine Pension und keine Sozialhilfe", empörte sich Gusenbauer über die schwarz-blauen Pensionspläne, die mit einer Kürzung von bis zu 40 Prozent der heutigen Pensionen "eine Art von Aussteuerung" seien. Eine Reform des Pensionssystems, die allen Österreichern, ob jung oder alt, faire Perspektiven biete, sei keine sozialdemokratische Wunschvorstellung, sondern durchaus finanzierbar, stellte Gusenbauer klar - dann nämlich, wenn es eine hohe Beschäftigung gebe. Anders als bei der Bundesregierung, die tatenlos zusehe, wie die Arbeitslosigkeit zunehme, steht die Beschäftigungs- und Wachstumspolitik bei der SPÖ an "erster Stelle auf der Tagesordnung".

Die Pensionen müssen nicht nur heute und in Zukunft finanzierbar sein, sondern sie müssen auch die Kapazität haben, soziale Ungerechtigkeiten abzufedern und auszugleichen, kam Gusenbauer auf die näheren Ziele einer SPÖ-Pensionsreform zu sprechen. Konkret wies Gusenbauer dabei auf die Invaliditätspension hin. Weitere Prinzipien einer SPÖ-Reform seien "gleiche Leistung für gleiche Beiträge", "jedes Jahr zählt", "eine andere Bewertung von Kindererziehungszeiten", "und nicht zuletzt Verlässlichkeit". Indem die Regierung dieses letzte Prinzip verletze, stelle sie den Generationenvertrag in Frage.

"Offensichtlich ist nicht jeder Mensch gleich viel wert", wies Gusenbauer auf die bestehenden Ungleichheiten bei den staatlichen Zuschüssen zu den Pensionen hin. Wogegen der Zuschuss für die ASVG-Versicherten nur 15 Prozent betrage, zahle der Staat im öffentlichen Bereich satte 50 Prozent und bei den Bauern sogar 70 Prozent. "Ich bin niemanden etwas neidig", so Gusenbauer, aber es könne nicht angehen, dass in dem Bereich mit der höchsten Deckungsgrundlage nun am schärfsten eingegriffen werde.

Anders als die Bundesregierung, welche für die zentralen Lebensfragen der Menschen, wie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, bloße Ignoranz übrig habe, wollte Gusenbauer dieser Thematik einen hohen Stellenwerte einräumen - und wies dabei im Besonderen auf die positive Rolle der Ganztagsschulen hin. Mit nur drei Prozent Ganztagsschulen sei Österreich das absolute Schlusslicht in Europa, gab Gusenbauer zu bedenken. Dies sei insofern fatal, da dadurch die soziale Ungleichheit eher zu- als abnehme, viele Frauen nicht die Chance auf Beschäftigung haben und vielen Kindern dieses erwiesenermaßen erfolgreiche Modell vorenthalten bleibe.

 

 Schender: »Auch in bestehende Pensionen eingreifen!«
Bestehende Privilegien der Beamten müssen weg
Wien (fpd) - "Ich begrüße die Pensionsreformpläne der Bundesregierung als ersten mutigen Ansatzpunkt und fordere das unbeirrte Vorantreiben der Reform. Die Verantwortung für eine gesicherte Zukunft und ein gerechter Generationenvertrag machen diese Schritte unumgänglich", so der Bundesobmann des Ringes Freiheitlicher Jugend Mag. Rüdiger Schender.

"Es ist eine sofortige Angleichung der unterschiedlichen Pensionssysteme notwendig. Daher erscheint es mir insbesondere unverständlich, warum bestehende Privilegien und Begünstigungen im Bereich der Beamtenpensionen nicht nachhaltiger einer Überprüfung und Korrektur unterzogen werden", so Schender weiter.

Weiters wird eine stärkere Berücksichtigung der tatsächlichen Beitragsjahre anstelle eines fixen Pensionsantrittsalters und die besondere Berücksichtigung der Anzahl der aufgezogenen Kinder und von Kindererziehungszeiten angeregt.

"Auch der Eingriff in bestehende Pensionen darf kein Tabuthema darstellen. Der Solidaritätsgedanke aller Generationen ist ein Gebot der Gerechtigkeit. Daher fordert der Ring Freiheitlicher Jugend insbesondere bei hohen Pensionen, wie etwa bei Politiker- und Beamtenpensionen, sowie bei Beziehern von Mehrfachpensionen die Einführung eines Solidaritätsbeitrages", so Schender abschließend.

 

 Pensionensreform Raubzug auf Kosten jüngerer Versicherter
Öllinger: Grüne für Scheibner-Vorschlag bei PolitikerInnen-Pension
Wien (grüne) - Sozialsprecher Karl Öllinger wirft der Regierung bei der geplanten Pensionsreform einen "Raubzug auf Kosten der jüngeren Versicherten" vor. In einer Pressekonferenz sprach Öllinger am Mittwoch (09. 04.) von einer inakzeptablen Vorgangsweise, schon Ende April nach nur vierwöchiger Begutachtung in einem "Ho-Ruck-Verfahren" einen Regierungsentwurf vorlegen zu wollen, der keine Harmonisierung und keine Reform für die PolitikerInnen vorsehe. Statt der derzeitigen PolitikerInnenpensionen würde Öllinger eine Pensionskassenregelung befürworten.

Dem Vorschlag von FPÖ-Klubobmann Herbert Scheibner, wonach die PolitikerInnen alle ihre bisher eingezahlten Beiträge herausnehmen könnten und diese in eine Pensionskassa einzahlen sollten, kann Öllinger einiges abgewinnen. Für neu anfallende Pensionen sollte es damit keine PolitikerInnenpension mehr geben. Das Pensionsantrittsalter sollte nach den Vorstellungen der Grünen wie im ASVG auf 65 Jahre angehoben werden. Eine Harmonisierung der PolitikerInnenpensionen an das ASVG mit Steigerungsbeträgen, Durchrechnung und Abschlägen hält Öllinger für "undenkbar".

Öllinger sieht bei den PolitikerInnenpensionen dennoch einen "dringenden Anpassungsbedarf". Er verwies darauf, dass einerseits die überwiegende Anzahl der derzeitigen Regierungsmitglieder einen doppelten Anspruch hätte. Andererseits würden die Abgeordnetenjahre nicht nur für eine Abgeordnetenpension angerechnet, sondern auch für eine MinisterInnenpension. Einen Anspruch auf die alte PolitikerInnenpension haben nach Angaben Öllingers nicht nur 21 Abgeordnete, wie sein Kollege Peter Pilz vermutet hatte, sondern 27 Personen. Dazu kämen über 40 PolitikerInnen, die dafür optionsberechtigt gewesen seien. Von den Grünen hätten zwei Abgeordnete Anspruch auf die alte PolitikerInnenpension - nämlich Pilz und Andreas Wabl. Optiert für das alte System habe kein Grüner Abgeordneter, sagte Öllinger.

Der Sozialsprecher verwies darauf, dass einE PolitikerIn nach dem alten System nach nur zehn Jahren knapp 3.000 Euro brutto Pension bekomme. Als Beispiele nannte er die ÖVP-Politiker Günter Stummvoll und Josef Höchtl, die in etwa 24 Jahren rund sieben Millionen Schilling einbezahlt hätten. Wenn sie daraus auch nur 20 Jahre lang eine Pension beziehen, würden sie dafür 28 Mill. S erhalten. Ein ASVG-Versicherter mit der Höchstpension von 2.364 Euro brutto müsse hingegen in 45 Jahren insgesamt sechs Mill. S einzahlen, um daraus 20 Jahre lang insgesamt neun Mill. S zu bekommen. "Das sind Relationen, die nicht vertretbar sind."

Für den ASVG-Bereich konstatierte Öllinger einen "Raubzug einer Raubritterregierung". Er verwies darauf, dass im Gegensatz zum Begutachtungsentwurf in einem früheren Ministerialentwurf die Aufwertung der früheren Beitragsjahre mit der Erhöhung der Löhne und Gehälter vorgesehen gewesen sei. Dass für den Herbst schon die nächste Reform angekündigt ist, hält der grüne Sozialsprecher für eine "Chuzpe".

Für diese nächste Reform befürchtet Öllinger "weitere Bösartigkeiten auf dem Rücken der Betroffenen". Das dafür geplante beitragsorientierte Pensionskonto würde eine Leistungsminderung um 30 bis 40 Prozent bedeuten. Der Bundeszuschuss würde damit wegfallen - mit Ausnahme der Abgeltung für Ersatzzeiten.

Eine Zustimmung der Grünen zu einer Volksabstimmung hält Öllinger zwar "im Prinzip" unter bestimmten Voraussetzungen für "denkbar". Das sei derzeit aber nur eine "rein fiktive Frage". Das Thema sei eigentlich schon gestorben, weil FPÖ-Chef Herbert Haupt erklärt habe, die Volksabstimmung nur mit Zustimmung der ÖVP zu machen. Öllinger forderte die FPÖ auf zu klären, was sie im Parlament tun wolle: "Stimmt sie dafür oder nicht."
     
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