Ferrero-Waldner: österreichische Positionen zu EU-Erweiterung und Konvent  

erstellt am
08. 04. 03

Wien (bmaa) - "Österreich wird jedenfalls alles unternehmen, damit ab 1. Mai 2004 die zehn neuen Mitgliedstaaten der Europäischen Union angehören können," so Außenministerin Benita Ferrero-Waldner am Montag (07. 04.) im Vorfeld der in der nächsten Woche, am 16. April stattfindenden Unterzeichnung des EU-Erweiterungsvertrags in Athen. Der Ministerrat wird morgen die Ermächtigung zur Unterzeichnung dieses Vertragwerkes durch den Bundeskanzler und die Außenministerin beschließen.

"Das positive Ergebnis der beiden ersten Referenden auf Malta und in Slowenien geben Anlass zu der Hoffnung, dass die Menschen auch in den anderen neuen Mitgliedstaaten mehrheitlich für den Beitritt zur Europäischen Union stimmen werden. Ich möchte auch nochmals meine Bewunderung für das einmalige Resultat von 90% Pro-Stimmen in Slowenien hervorheben. Bisher war Österreich mit seinen Zwei Drittel an Ja-Stimmen beim Referendum vom Juni 1994 "Referendums-Europameister", nun ist es Slowenien, so die Außenministerin. Bereits diesen Samstag, am 12. April, seien die ungarischen Wählerinnen und Wähler am Wort. "Ich bin sehr zuversichtlich, dass sich auch in Ungarn eine deutliche Mehrheit für den Beitritt aussprechen wird."

Ferrero-Waldner ging auch darauf ein, dass die Erweiterung 2004 nicht der letzte Schritt des europäischen Friedensprojektes sein wird: "Mit Rumänien und Bulgarien, mit denen noch Verhandlungen geführt werden, wurde eine intensivierte Heranführungsstrategie an den EU-Beitritt beschlossen. Schwerpunkte sind dabei Reformen in der Verwaltung sowie die Umsetzung des Acquis (gemeinschaftlichen Rechtsbestandes) im Bereich Justiz und Inneres. Als Ziel der neuen Wegskizze wurde der Beitritt Rumäniens und Bulgariens im Jahr 2007 verankert."

Auch für die Türkei, sei eine Verstärkung der Heranführungsstrategie festgelegt worden. "Es wurde vereinbart, Beitrittsverhandlungen mit der Türkei dann zu eröffnen, wenn der Europäische Rat im Dezember 2004 auf der Grundlage eines Berichts und einer Empfehlung der Kommission feststellt, dass die Türkei die Kriterien von Kopenhagen erfüllt. Derzeit ist eine Neufassung der Beitrittspartnerschaft mit der Türkei in Diskussion, die sehr realistische Prioritäten umfasst und den - sagen wir es offen - weiten Weg, den die Türkei noch vor sich hat, klar skizziert," so Ferrero-Waldner.

Kroatien das als erster Staat der "neuen Nachbarn" einen Beitrittsantrag - am 21. Februar 2003 - gestellt hat genieße die volle Unterstützung Österreichs, "denn die Bemühungen Kroatiens, wie auch der anderen Staaten der Region, sich an Europa anzunähern, liegen nicht nur im Interesse Österreichs, sondern dienen der nachhaltigen Stabilität unseres gesamten Kontinents und verdienen daher in den kommenden Jahren verstärkt die Aufmerksamkeit und Unterstützung Österreichs wie der gesamten Union," so Ferrero-Waldner.

"Der innerösterreichische Fahrplan zur EU-Erweiterung sieht eine rasche Ratifikation des Beitrittsvertrags vor: "die Regierung wird bemüht sein, dem Parlament den 4500 Seiten umfassenden Beitrittsvertrag noch vor der Sommerpause zu unterbreiten," so die Außenministerin.

Im Hinblick auf den europäischen Konvent ging die Außenministerin insbesondere auf jene Fragen ein, bei denen sich die Interessenlage der großen Mitgliedstaaten anders darzustellen scheint als die der Kleineren: also etwa bei der Organisation des Präsidentschaftssystems im Rat oder bei der Zusammensetzung der Kommission. "Da sind die großen Staaten mit Ideen hervorgetreten, die so gut wie alle anderen derzeitigen und künftigen Mitgliedstaaten als eine Gefährdung des institutionellen Gleichgewichts und des Prinzips der Gleichheit der Mitgliedstaaten ansehen. Und dazu kommt, dass auch der Präsident des Konvents, Giscard D'Estaing, aus seiner Vorliebe für solche Ideen, kein Hehl macht. Die Verbündung der Kleinen ist nur eine Reaktion darauf," so die Außenministerin.

Das Ziel der Besprechung der Außenminister in Luxemburg am 1. April habe im wesentlichen darin bestanden, die Positionen abzugleichen, die die genannten Staaten anlässlich des Zusammentreffens mit Konventspräsidenten Giscard d'Estaing am 16. April in Athen vertreten wollen. In Luxemburg habe Einigkeit darüber bestanden, dass das Treffen am 16. April dazu genützt werden soll, um dem Konventspräsidenten klar die Botschaft zu vermitteln, dass Vorschläge zu einer einseitigen Stärkung des intergouvernmentalen Charakters der Union auf starken Widerstand stoßen. "Giscard d'Estaing soll Athen nicht mit dem Eindruck verlassen, er habe die Unterstützung der "Großen" erhalten, und dies sei ein ausreichendes Mandat, um andere Stimmen im Konvent übergehen zu können," so Ferrero-Waldner.

"In diesem Sinne wollen wir "Kleinen" Einheit demonstrieren und unmissverständlich für unsere Grundsätze eintreten: Gleichheit der Mitgliedstaaten und Beibehaltung des Rotationsprinzips bei der Ratspräsidentschaft, Stärkung der Gemeinschaftsmethode und damit der Europäischen Kommission, kein (hauptamtlicher) Langzeitpräsident des Europäischen Rates, der die Kommission schwächen würde, Zusammensetzung der Kommission auf der Basis der Nizza-Einigung (1 Kommissar pro MS, gleichberechtigte Rotation ab dem 27. MS, keine neuen Institutionen, Schaffung eines europäischen Außenministers durch die Zusammenlegung der Funktionen des Hohen Vertreters Solana und Außen-Kommissar Patten, qualifizierte Mehrheitsentscheidungen im Rat und Mitentscheidung des EP als legislatives Regelverfahren - Ausnahmen nur in gewissen besonders sensiblen und quasi-konstitutionellen Bereichen," ergänzte die Außenministerin.

"Am 14. April steht der Stand der Konventdiskussion auch auf der Tagesordnung des EU-Außenministertreffens. Auch bei dieser Gelegenheit werde ich diese Positionen nachdrücklich vorbringen," so Ferrero-Waldner.
     
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