Europa überwindet seine Teilung - EU-Erweiterungsrunde besiegelt  

erstellt am
18. 04. 03

Zehn neue Mitglieder lassen EU auf 450 Mio. Menschen wachsen
Athen (aiz.info) - Europa hat seine Jahrzehnte lange politische Teilung endgültig überwunden. Die Europäische Union (EU) besiegelte dazu am Mittwoch in Athen die größte Erweiterungsrunde ihrer Geschichte. Die 15 EU-Staaten und die zehn neuen Mitglieder unterzeichneten in einer feierlichen Zeremonie die Beitrittsverträge am Fuße der Akropolis - dem Symbol der demokratischen Vergangenheit Griechenlands. Einhellig würdigten die 25 Staats- und Regierungschefs das Ereignis als historisch. Die zehn neuen Mitglieder lassen die EU auf einen Wirtschaftsraum mit 450 Mio. Menschen wachsen.
Estland, Lettland, Litauen, Polen, Tschechien, die Slowakei, Ungarn, Slowenien, Malta und Zypern treten der EU offiziell am 01.05.2004 bei. Bis dahin müssen die nationalen Parlamente die Verträge ratifizieren. Es stehen auch noch Referenden in einzelnen Beitrittsstaaten aus. Die zehn Staaten nehmen künftig an allen EU-Beratungen teil, wenn auch noch ohne Stimmrecht.

"Ein historischer Tag für Europa"
Viele Staats- und Regierungschefs verglichen die Vertragsunterzeichnung mit dem Fall des "Eisernen Vorhangs". Der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder würdigte den Mut der Völker Ost- und Mitteleuropas auf dem Weg zur Demokratie. "Europa ist für Deutschland und die Deutschen weit mehr als nur ein Markt", sagte Schröder. "Erst heute ist die Berliner Mauer wirklich eingestürzt", sagte der amtierende niederländische Regierungschef Jan-Peter Balkenende. Auch der griechische Ministerpräsident Kostas Simitis sprach wie viele seiner Kollegen von einem historischen Tag, der das endgültige Aus für die Trennung zwischen dem Westen und dem Osten Europas bedeute. Der britische Regierungschef Tony Blair bezeichnete die Beitrittsverträge als grundlegende Erklärung für die Einheit in Europa.

Spidla: "Erweiterungsvertrag schließt ein blutiges Kapitel"
Stellvertretend für viele seiner Kollegen aus Ost- und Mitteleuropa sagte der tschechische Ministerpräsident Vladimir Spidla: "Der Vertrag schließt ein Kapitel unserer gemeinsamen Geschichte. Ein blutiges Kapitel." Der ungarische Ministerpräsident Peter Medgyessy meinte, dass nun das "lange, traurige und ungerechte Jahrhundert des zweigeteilten Europa" zu Ende gehe. Anerkennung zollte er auch den Regierungen der Mitgliedsländer für ihre "edle Entschlossenheit", die die Neuvereinigung Europas ermöglichte. Der slowenische Staatspräsident Janez Drnovsek sagte, dass der Weg des gemeinsamen Europa "nicht einfach" sei. Manchmal bleibe das europäische Projekt stehen und alte Reflexe würden erwachen. "Aber nichts kann dieses Projekt stoppen", betonte Drnovsek.

Auch die Staats- und Regierungschefs der "alten" EU erinnerten an das Leid der Staaten Ost- und Mitteleuropas unter kommunistischer Herrschaft. Der dänische Regierungschef Anders Fogh Rasmussen nannte den Ungarn-Aufstand von 1956 und den Prager Frühling von 1968, die blutig niedergeschlagen worden waren. "Lassen sie mich Ihnen Tribut zollen - Sie haben harte Arbeit geleistet", wandte sich Rasmussen an die Völker der neuen Mitglieder. Der spanische Regierungschef José Maria Aznar sagte: "Wir beenden heute einen Prozess, der 1989 mit dem Fall der Berliner Mauer und der totalitären Regime begonnen hat."

Chirac: Politisches Projekt Europa auf neue Grundlage stellen
Der französische Staatspräsident Jacques Chirac hob hervor, dass die EU auf der Weltbühne deutlich an Gewicht gewinnen werde. "Wenn wir diesen historischen Augenblick zu nutzen wissen, um das politische Projekt Europas auf eine neue Grundlage zu stellen, wird diese Erweiterung gelingen", sagte Chirac.

Prodi: Friede und Demokratie für alle Europäer
Auch EU-Kommissionspräsident Romano Prodi rief zur Dankbarkeit an die zehn neuen Mitglieder auf. Lange vor dem Fall der Berliner Mauer hätten sie bereits ihr Verlangen danach gezeigt, in Frieden und Demokratie mit den anderen Europäern zu leben. Die Erweiterung um die zehn Länder ebne zugleich den Weg für den für 2007 vorgesehenen Beitritt Bulgariens und Rumäniens. Über Verhandlungen mit der Türkei solle im kommenden Jahr entschieden werden.
     
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