„Der Auferstandene ist nicht an Erklärungen des römischen Lehramtes gebunden“ – Evangelisches
Abendmahl ohne Einschränkungen und Defizite
Wien (epd Ö) - In einem Hirtenbrief an alle Pfarrgemeinden hat der evangelisch-lutherische Bischof
Mag. Herwig Sturm zur Eucharistie- Enzyklika von Papst Johannes Paul II. Stellung genommen. „Der Auferstandene
ist frei; er ist auch an Erklärungen des römischen Lehramtes nicht gebunden“, heißt es in dem Hirtenbrief,
der am kommenden Sonntag Quasimodogeniti in den evangelischen Gottesdiensten verlesen werden soll.
In der päpstlichen Enzyklika werde neben „vielen tiefen und schönen Gedanken“ über das heilige Abendmahl
der römisch-katholische Standpunkt vertreten, dass im evangelischen Abendmahl „vor allem wegen des Fehlens
des Weihesakramentes die ursprüngliche und vollständige Wirklichkeit des eucharistischen Mysteriums nicht
gewahrt“ sei. Daraus folgere der Papst, dass weder eine Teilnahme evangelischer Christen an einer katholischen
Eucharistiefeier noch die Teilnahme von Katholiken am evangelischen Abendmahl erlaubt sei.
Dagegen hält der lutherische Bischof fest: „Wenn wir das heilige Abendmahl gemäß der Einsetzung
durch unsern Herrn Jesus Christus im Wortlaut der Bibel und im Vertrauen auf die Verheißung des Auferstandenen
miteinander feiern, dann ist Jesus Christus gegenwärtig im Brot und im Wein ohne Einschränkung und ohne
Defizite.“
Die evangelische Synode, das höchste gesetzgebende Gremium der evangelischen Kirche, habe bereits vor 15 Jahren
die Gastbereitschaft zum heiligen Abendmahl erklärt. „Nicht wir, die Pfarrer oder die Gemeinden, sind die
Einladenden, sondern Jesu Christus lädt ein an seinen Tisch, und jeder ist willkommen, der diese Einladung
dankbar annimmt und das Brot des Lebens sowie den Kelch der Versöhnung mit uns teilt“, zitiert Sturm aus dem
Synodenwort.
Dass nach dem biblischen Zeugnis dem evangelischen Abendmahl nichts zur vollen Gültigkeit fehlt, unterstreicht
auch der niederösterreichische Superintendent Mag. Paul Weiland in seinem Hirtenbrief an alle Pfarrgemeinden
seiner Diözese. Deshalb sehe die evangelische Kirche auch keinen Grund, getauften Christen anderer Konfessionen
die eucharistische Gastfreundschaft vorzuenthalten. „Wo die Gegenwart von Jesus Christus bezeugt wird, dort ist
Abendmahlsgemeinschaft möglich, ohne dass vorher eine volle Übereinstimmung im Amts- und Kirchenverständnis
erreicht sein muss oder die eigene Identität der Kirche verraten wird“, schreibt Weiland. Die Kirche Jesu
Christi gründe im Wort des dreieinigen Gottes. Das lebendige Wort könne nicht eingesperrt werden, es
dränge zur Entfaltung und zur Entwicklung. Immer aber sei es zu prüfen am Fundament „Jesus Christus“.
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