Sozialpolitik - Pensionsreform  

erstellt am
24. 04. 03

Kärntner Verfassungsdienst: Entwurf zur Pensionsreform nicht akzeptabel
LH Haider für sozial ausgewogenen Übergang, Beseitigung von ungerechten Pensionsprivilegien und Ausschöpfen von Einsparungspotentialen in Administration
Klagenfurt (lpd) - Deutlich gegen einen Beschluss des vorliegende Entwurfes der Pensionsreform im Ministerrat sprach sich am Mittwoch (23. 04.) abermals Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider im Anschluss an die Regierungssitzung aus. So habe der Verfassungsdienst des Landes eine Stellungnahme ausgearbeitet, die in Wien vorgelegt werde. Kärnten setze sich darin vor allem für einen „sozial ausgewogenen Übergang“ bei der Umsetzung einer Reform, die Beseitigung von ungerechten, auch bereits bestehenden Pensionsprivilegien sowie das Ausschöpfen von Einsparungspotentialen in der Administration der Pensionsversicherung ein.

Außerdem sei die „Diskriminierung“ von Frauen massiv abzulehnen, welche der derzeitige Entwurf in sich berge, sagte der Landeshauptmann. Beschäftigungszeiten in Teilzeitarbeit blieben darin nämlich völlig unberücksichtigt. Durch die Verlängerung des Durchrechnungszeitraumes käme es hier laut Verfassungsdienst zu massiven Pensionskürzungen, welche nicht durch flankierenden Maßnahmen abgefedert würden. Hauptsächlich seien Frauen von diesem Problem betroffen. So sei die Verfassungskonformität des Entwurfes in Frage zu stellen, sowie die Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union zu verneinen, so die Kärntner Verfassungsrechtler.

„Die Notwendigkeit einer Pensionsreform mit dem Ziel der langfristigen Sicherung des Pensionssystems und der Erreichung eines für alle Bevölkerungsgruppen einheitlichen Pensionssystems mit einheitlichen Beiträgen und einheitlichen Leistungen, das mit beitragsorientierten persönlichen Pensionskonten arbeitet“, wird in der Stellungnahme jedoch nicht in Frage gestellt. Haider, der die „Richtigkeit der Kärntner Kritik“ an dem Pensionsreform-Entwurf bestätigt sieht, wird die Stellungnahme auch bei der nächsten Landeshauptleutekonferenz vorlegen. Ziel sei, im Rahmen der Konferenz eine gemeinsame Beschlussfassung über eine Abänderung bzw. Rücknahme des Entwurfs herbeizuführen.

 

 Gusenbauer - SPÖ-Modell ist fair, sicher und gerecht
Wien (sk) - Das SPÖ-Pensionsmodell, das am Mittwoch (23. 04.) im Parteipräsidium einstimmig beschlossen wurde, "ist fairer, gerechter und sicherer" als der Regierungsentwurf, sagte SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer in einer Pressekonferenz im Anschluss an die Sitzung. Gusenbauer stellte zugleich klar, dass die Grundzüge des SPÖ-Modells seit 31. Jänner feststehen; die vergangenen Monate wurden dazu genutzt, um ein in allen Details durchgerechnetes Modell präsentieren zu können. Am kommenden Montag wird die SPÖ ihr Pensionsmodell vorstellen.

Gusenbauer erläuterte noch einmal die Grundzüge des SPÖ-Konzepts: ein einheitliches System ab 1. 1. 2004; dabei werden alte Ansprüche gewahrt, alle zukünftigen Pensionsversicherungszeiten werden nach dem neuen, einheitlichen Pensionsrecht behandelt; so werde ein gleitender Übergang von den bestehenden Sondersystemen zu einem einheitlichen System gewährleistet.

Ferner soll gelten: 80 Prozent Nettoersatzrate bei 45 Versicherungsjahren; dabei sollen alle Versicherungsjahre gleichmäßig bewertet werden, um eine Entwertung früher Versicherungsjahre - so wie dies im Regierungsentwurf der Fall wäre - zu verhindern. Drittens will die SPÖ eine eigenständige Alterssicherung für Frauen. Als vierten zentralen Punkt nannte Gusenbauer den Solidaritätsbeitrag.

Zum Solidaritätsbeitrag stellte Gusenbauer klar: Nach Vorstellung der SPÖ sollen das zehn Prozent jenes Teils der Pension, der über der ASVG-Höchstpension (derzeit 2364,49 Euro), sein.

Außerdem hält die SPÖ daran fest, das ArbeitnehmerInnen mit 45 Jahren Beitragszeiten ohne Verluste in Pension gehen können. Im Übrigen soll das Pensionsantrittsalter bei 65 Jahren liegen. Ein Heranführung des tatsächlichen Antrittsalters an das gesetzliche sei ein Ziel der SPÖ. Die sofortige Abschaffung der Frühpension lehnt die SPÖ aber ab; bei der derzeit sehr hohen Arbeitslosigkeit, sei es "absurd, die Arbeitslosigkeit künstlich in die Höhe zu treiben", sagte Gusenbauer. Er glaubt, dass es möglich ist, innerhalb von drei Jahren den von ihm genannten Schwellenwert von 200.000 Arbeitslosen zu erreichen, um mit einer Anhebung beginnen zu können, erklärte Gusenbauer.

Gusenbauer fasste zusammen: Die SPÖ ist "die einzige Partei", die ein durchgerechnetes Pensionsmodell vorlegen könne; das SPÖ-Modell sei "ambitioniert, fair und gerecht". Weder von den Regierungsparteien noch bei den Grünen könne vergleichbares gesagt werden.

 

 Lopatka: Chaos wird in der SPÖ zum Programm!
Haider und Burgstaller contra Gusenbauer
Wien (övp-pk) - "Was Alfred Gusenbauer als eigenes Modell zur Pensionssicherung vorlegt, ist weder neu noch besonders originell - dennoch schafft er es nicht einmal, diese halbherzigen Versuche eines eigenen Pensionsmodells in seiner eigenen Partei durchzubringen", sagte ÖVP-Generalsekretär Abg.z.NR Dr. Reinhold Lopatka am Mittwoch (23. 04.). Offenbar seien die Gräben innerhalb der SPÖ schon so tief, dass Gabi Burgstaller und Erich Haider keinen Sinn mehr darin sehen, an den Pensionsplänen ihres Vorsitzenden persönlich mitzuarbeiten", sagte Lopatka.

"Offenbar genießt der SPÖ-Chef nicht einmal mehr in der eigenen Partei Vertrauen. Wie ist es sonst zu erklären, dass die oberösterreichische SP-Landespartei das Konzept der eigenen Bundesspitze ablehnt?", so Lopatka. "Wenn in der SPÖ jeder seiner eigenen Wege geht - die einen wollen streiken, die anderen ein Volksbegehren, Dritte wiederum eine Volksabstimmung - wird das Chaos immer mehr zum Programm der SPÖ!"

Gusenbauer habe vor einigen Tagen angekündigt, ein "auf Punkt und Beistrich durchgerechnetes" Modell präsentieren zu wollen. "Ganz so perfekt kann dieses Modell aber nicht sein. Auf Übergangsfristen im Entwurf wurde laut Haider vergessen", sagte der ÖVP-Generalsekretär. "Die SPÖ verliert in der Sozialpolitik jetzt endgültig jegliche Glaubwürdigkeit und das notwendige Verantwortungsbewusstsein. Zur Sicherung unserer Pensionen braucht es verantwortungsvolles, nachhaltiges Handeln, und nicht die Kopf-in-den-Sand-Haltung der SPÖ", schloss Lopatka.

 

Progressiven Solidarbeitrag von PensionistInnen vorstellbar
Öllinger: Für völlige Rücknahme des Regierungsentwurfs - Reform bis Ende 2004 ausarbeiten
Wien (grüne) - Die Grünen können sich einen Solidarbeitrag bereits bestehender Pensionen, die über der ASVG-Höchstpension liegen, vorstellen. Dieser sollte progressiv gestaltet sein, bei zwei Prozent beginnen und bei den Höchstpensionen mit umgerechnet über 7.300 Euro monatlich auf rund 15 Prozent steigen, erklärte der Grüne Sozialsprecher Karl Öllinger gegenüber der APA. Generell wäre es aber besser, jetzt den gesamten Pensionsentwurf der schwarz-blauen Regierung zurück zu ziehen und dann bis Ende 2004 eine Reform auszuarbeiten, unter Einschluss aller Parteien und Interessensorganisationen.

Ein Solidarbeitrag, wie es jetzt in der Volkspartei erstmals von Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl angesprochen wurde, sei auch in den Koalitionsverhandlungen zwischen Grünen und ÖVP besprochen worden. Die ÖVP habe das aber immer abgelehnt. Jetzt zeige sich immer klarer, dass der Standpunkt der Grünen richtig sei. Allerdings dürfte ein derartiger Solidarbeitrag bei Höchstpensionen nicht dem Budget von Finanzminister Karl-Heinz Grasser zugeführt, sondern müsste für entstehende Härten bei Übergangsregelungen aufgewendet werden. "Egal in welcher Form es kommt, es gilt ja, Härten abzufedern, die bei jedem Übergang auftreten". Daher sollten derartige Gelder in einem Fonds veranlagt werden, auf den der Finanzminister keinen Zugriff habe.

Zu bedenken sei bei den Solidarbeiträgen, die ja Beamte und Politiker treffen würden, dass Beamte derzeit schon einen Pensionssicherungsbeitrag bezahlen müssten. Und zwar nicht nur jene Beamte, die über der ASVG-Höchstpension verdienten. Generell verwies Öllinger auch darauf, dass zwei Prozent der Pensionisten mit den höchsten Einkommen vom Pensionsvolumen genau so viel verbrauchen wie die untersten 30 Prozent der Pensionsbezieher.

 

Sozialpartner bereit, bis Ende September 2003 Pensionsreform vorzulegen
Wien (wko / oegb) - Der Österreichische Gewerkschaftsbund und die Wirtschaftskammer Österreich sind bereit, bis 30. 9. 2003 ein mittel- und langfristiges Pensionskonzept für alle Bevölkerungsgruppen zu erstellen. Das ist das wichtigste Ergebnis des Gesprächs zwischen Spitzenvertretern von Arbeitnehmern und Arbeitgebern vom Mittwoch (23. 04.).

Mit der Selbstverpflichtung, noch im Herbst des heurigen Jahres ein umfassendes Pensionsreformkonzept vorzulegen, welches eine Wirksamkeit ab 2004 gewährleistet, wird sichergestellt, dass eine Pensionsreform nicht auf die lange Bank geschoben wird.

WKÖ-Präsident Christoph Leitl: "Dieser ambitionierte Zeitplan bedeutet keine Verzögerung gegenüber den Vorschlägen der Regierung, sie bringen vielmehr eine qualitative Verbesserung. Wir streben einen breiten Konsens an. In einem kleinen Land wollen wir nicht gegeneinander arbeiten, sondern Kräfte bündeln."

ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch betonte: "Diese Reform muss die Lebensstandard-Sicherung durch das Prinzip des Umlageverfahrens, die Gerechtigkeit zwischen den Generationen und auch die Solidarität zwischen den einzelnen Gesellschaftsgruppen sicherstellen."

Beide wiesen darauf hin, dass mit ihrem Vorschlag die "Sozialpartner der Regierung die Hand entgegenstrecken". Es liege nun an der Regierung das Angebot anzunehmen.

Als Ziele für eine gemeinsam zu erarbeitende Pensionsreform wurden von den Vertretern der Arbeitnehmer und Arbeitgeber folgende Grundsätze festgelegt:

  • Die mittel- und langfristige Sicherung der Pensionen in Österreich;
  • In einem harmonisierten System mit Perspektiven insbesondere auch für die jüngere Generation;
  • Mit Vertrauensschutz, damit der Generationenvertrag erhalten bleibt;
  • Mit Übergangsregelungen, die den Erhalt des Lebensstandard und der Kaufkraft sichern;
  • Mit stärkerer Berücksichtigung der Übernahme familiärer Aufgaben, insbesondere von Frauen.

Um diese Ziele in einem breiten gesellschaftlichen Konsens zu verwirklichen, sind die Sozialpartner bereit, aktiv und konstruktiv mitzuwirken, und ersuchen noch während der Begutachtungsfrist um ein Gespräch mit Bundeskanzler und Vizekanzler mit dem Ziel, die parlamentarische Entscheidung nicht vor dem 30. 9. 2003 zu treffen.

     
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