Fremdwährungskredite sind besondere Form der Währungsspekulation  

erstellt am
24. 04. 03

OeNB Vize-Gouverneurin Tumpel-Gugerell stellt neue OeNB-Studie zu Struktur und Risiken von Fremdwährungskrediten in Österreich vor
Wien (oenb) - „Fremdwährungskredite sind eine besondere Form der Währungsspekulation“, brachte die Vize-Gouverneurin der Oesterreichischen Nationalbank die Hauptaussage einer soeben erschienenen Studie der OeNB mit dem Titel "Struktur und Risiken von Fremdwährungskrediten" auf den Punkt. Anhand von praktischen Beispielen mit Daten von Wechselkurs- und Zinsentwicklungen der Vergangenheit zeigte die Vize-Gouverneurin, dass das Engagement in Fremdwährungskrediten seit Mitte der 1990er Jahre zu Gewinnen, aber auch zu Verlusten von bis zu 50% der aufgenommenen Kreditsumme geführt habe. "Wir sehen es daher als unsere Aufgabe als Oesterreichische Nationalbank an, über die mit Fremdwährungskrediten verbundenen Risiken aufzuklären", warnte Tumpel-Gugerell vor einem weiteren Zuwachs der Fremdwährungsausleihungen in Österreich.

Österreich nimmt im internationalen Vergleich eine herausragende Stellung in Bezug auf das Engagement in Fremdwährungskrediten ein. Während der österreichische Anteil am gesamten im Euroraum (aus Gründen statistischer Verfügbarkeit alle folgenden Bezugnahmen auf den Euroraum ohne Luxemburg und Griechenland) aushaftenden Kreditvolumen im Jahr 2002 nur 3,2% ausmachte, betrug der Anteil an den Fremdwährungskrediten 17,9%. 36,7% aller in Schweizer Franken vergebenen Kredite entfielen im Euroraum auf Österreich. Fast die Hälfte (48,9%) aller Yen-Kredite im Euroraum wurden in Österreich vergeben. Gemessen am Volumen nehmen die Frankenkredite mit 55% vor den Yen-Krediten (37%) den wichtigsten Platz bei den Fremdwährungskrediten in Österreich ein.

Betrug das gesamte Volumen an Fremdwährungskrediten 1996 noch rund 11 Mrd. Euro, so stieg dieses Volumen bis Jänner 2003 auf 44,5 Mrd. Euro an, was einem Wachstum von mehr als 400% innerhalb von sieben Jahren gleichkommt. Im Jänner 2003 hatten Unternehmen Fremdwährungskredite im Ausmaß von 24,3 Mrd. ausständig - das entspricht 19,1% der gesamten Unternehmenskredite in Österreich -, auf private Haushalte entfielen 16,6 Mrd. Euro oder 25% der gesamten Privatkredite. Im Gegensatz zu den Privaten verfügen zumindest größere Unternehmen jedoch über Risikomanagementsysteme, die die Abschätzung möglicher Risiken von Fremdwährungskrediten erleichtern. Insgesamt sind in Österreich derzeit fast 300.000 auf Fremdwährung lautende Kredite ausständig.

Tumpel-Gugerell wies darauf hin, dass mit der Aufnahme von Fremdwährungskrediten (im Vergleich zu gleichartigen Eurokrediten) oft auch zusätzliche Kosten, wie Konvertierungskosten, die Kosten aus der Führung eines zusätzlichen Fremdwährungskontos sowie höhere Sicherheitenaufschläge bei Hypothekarkrediten verbunden sind.

Die Risiken betreffen bei Fremdwährungskrediten sowohl den Kreditnehmer wie auch den Kreditgeber. Der Kreditnehmer ist dabei in erster Linie von Wechselkursveränderungen getroffen, aber auch vom sogenannten Tilgungsträgerrisiko. Das Tilgungsträgerrisiko ergibt sich aus den vielfach angebotenen Ansparmodellen, die bei Fälligkeit des Kredits zu dessen Tilgung herangezogen werden sollen. Entwickelt sich dieses Ansparmodell nicht entsprechend den Erwartungen, muss der Kreditnehmer für den entstandenen Fehlbetrag aufkommen. Neben dem Wechselkursänderungs- und dem Tilgungsträgerrisiko besteht für den Kreditnehmer noch das Zinsänderungsrisiko der Fremdwährung im Vergleich zu den Eurozinsen.

Für Kreditgeber (meist Banken) besteht bei Fremdwährungskrediten ein erhöhtes Ausfallsrisiko, aber auch ein sogenanntes Klumpenrisiko - insbesondere, wenn der Anteil der Fremdwährungsausleihungen am gesamten Kreditvolumen der Bank groß ist. Das Klumpenrisiko der Bank ergibt sich daraus, dass viele verschiedene Fremdwährungskreditnehmer von denselben Risiken (z.B. Wechselkursveränderungen) getroffen werden und damit gleichzeitig ausfallen könnten. Darüber hinaus besteht für Banken, die Fremdwährungskredite vergeben, ein Refinanzierungsrisiko, ein Wechselkursrisiko (offene Devisenpositionen bei Kreditausfällen), ein erhöhtes operationales Risiko sowie ein Reputationsrisiko, wenn viele Kreditnehmer einer Bank von möglichen Nachteilen von Fremdwährungskrediten getroffen werden und sich nicht ausreichend davor gewarnt fühlen.

Abschließend betonte Tumpel-Gugerell, dass die Oesterreichische Nationalbank weder die Absicht habe, noch über die geeigneten Instrumte verfüge, die Vergabe von Fremdwährungskrediten zu unterbinden. Vielmehr solle die Veröffentlichung der OeNB-Studie zu diesem Thema eine Unterstützung bei der Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung bieten und die möglichen Folgen, die ein Engagement in Fremdwährungskrediten mit sich bringen kann, offen legen. Die Studie ist auf der Internet Homepage der Oesterreichischen Nationalbank (www.oenb.at) verfügbar.
     
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