WKÖ startet Informationskampagne über Road Pricing – »Bewusstseinsbildung für
die Politik und Informationen für die Betriebe«
Wien (pwk) - Die Wirtschaft bejaht das Road Pricing, fordert aber eine faire Umsetzung. Die weit
über dem Niveau der europäischen Konkurrenz liegenden Mautsätze (Österreich 27 Cent, Deutschland
15 Cent) drohen zuzüglich zu den bestehenden Sondermauten aus Österreich eine Hochkosteninsel im europäischen
Verkehr zu machen. Damit trifft das ab Jahresbeginn 2004 zu erwartende Road Pricing längst nicht allein das
Transportgewerbe, sondern wird zu einer Frage des gesamten Wirtschaftsstandortes, erklärte WKÖ-Genralsekretär.Stv.
Reinhold Mitterlehner Freitag (02. 05.) im Gespräch mit Journalisten: "Es
geht um Konkurrenz- und Transportprobleme, die schwerwiegende Folgen für die verschiedensten Branchen, insbesondere
in Industrie, Gewerbe und Handwerk, mit sich bringen".
Die Wirtschaftskammer Österreich startet deshalb unter dem Motto "Road Pricing - Ja, aber fair!"
eine breit angelegte Informationskampagne, die einerseits der Politik die drohenden Nachteile für den Wirtschaftsstandort
vor Augen führt, andrerseits auch die bisher noch nicht involvierten Betriebe ausführlich über die
kommenden Belastungen informiert. Im Zentrum der "Bewusstseinkampagne" werden, so Mitterlehner, die von
der Wirtschaft im Gegenzug zur Mauteinführung verlangten Entlastungen - Senkung der Kfz-Steuern, ersatzlose
Abschaffung der Doppelmauten und Einführung eines Öko-Bonus für abgasarme Lkw - stehen.
Österreich liegt europaweit nicht nur bei den Mautsätzen, sondern auch bei der Kfz-Steuer mit 4.080 Euro
mit großem Abstand an der Spitze (Deutschland: 1.521 Euro). Eine Senkung auf das EU-Minimum von 700 Euro
würde die heimische Wirtschaft um rund ein Sechstel des Mautaufkommens entlasten. "Wir sind für
faire Umsetzungen. Wenn schon eine fahrleistungsabhängige Maut, dann darf es bei uns nicht zusätzlich
die höchsten fixen Steuerlasten in Europa geben", betont Mitterlehner.
Vergleicht man die gesamte Lkw-Abgabenlast (Maut, Möst, Kfz-Steuer) in der EU ab 1.1.2004, so liegt Österreich
mit 41,7 Cent pro km (Annahme: 4-Achser-Lkw der Klasse EURO III mit 30 l/100 km bei 75.000 km pro Jahr) auch hier
deutlich an der Spitze, gefolgt von Deutschland mit 30,7 Cent. Die genannte Reduktion der Kfz-Steuer würde
die Grundbelastung von 41,7 auf 36,7 Cent verringern. Die Jahreskosten der Maut selbst liegen in Österreich
(bei 80.000 km) bei 22.000 Euro (Deutschland: 12.000 Euro).
Praktische Beispiele für die drohenden schweren Beeinträchtigungen zeigten im Gespräch mit den Journalisten
DI Alfons Dachs-Wiesinger, Leiter der Abteilung Transportlogistik bei Magna Steyr Fahrzeugtechnik, und Erich Glaser,
Geschäftsführer von Spar St. Pölten, auf. Dachs-Wiesinger befürchtet schwere Beeinträchtigungen
der Wettbewerbsfähigkeit durch eine erwartete Steigerung der Transportkosten um rund 20 Prozent. Dies bedeutet
für das Unternehmen konkret Mehrkosten von 13 Mill. Euro. Die durch die Randlage betroffene steirische Industrie
würde damit einen zusätzlichen Wettbewerbsnachteil erleiden. Glaser wies darauf hin, dass 65 Prozent
aller gefahrenen Kilometer Road Price-pflichtig sind. Hier gebe es kaum mehr einen Spielraum ("es ist uns
leider nicht möglich, überall hin Gleise zu legen"). Das Road Pricing würde außerdem
den Diskontern Vorteile verschaffen, da diese kaum Retourfahrten mit Mehrweggebinden haben. Dies führt, wie
Mitterlehner bemerkte, zu Nachteilen für den Wehrweg-Handel und damit zu einem zusätzlichen Zielkonflikt.
Doz. Stephan Schwarzer, Leiter der Abteilung für Umwelt-, Infrastruktur- und Energiepolitik in der WKÖ,
berichtete über die aktuellen Pläne der EU-Kommission zur Wegekostenrichtlinie. Demzufolge soll noch
im Juni ein konkreter Gesetzesvorschlag zur Tarifizierung des Verkehrs vorgelegt werden (die Realisierbarkeit dieses
Zeithorizonts scheine allerdings fraglich). Weiters hat Verkehrskommissarin Loyola de Palacio soeben einen Richtlinienvorschlag
zur Harmonisierung der Mauterfassungssysteme präsentiert. Dieser beruht auf dem Grundsatz "Ein Vertrag
pro Kunde, ein Gerät pro Fahrzeug" spätestens ab 2012. Ab 2008 soll jedes neue Mautsystem satellitengestützt
arbeiten.
Wie Mitterlehner hervorhob, kommt eine Informationskampagne zum Thema Road Pricing gerade zum richtigen Zeitpunkt.
Denn in den Sparten Transport und Verkehr, Industrie und Handel bestehe, internen Umfragen zufolge, noch großer
Informationsbedarf. "Präsentiert man die Lösungsvariante der Wirtschaftskammer, so macht sich hohe
Zustimmung breit. Mehr als drei Viertel der Unternehmen aus der genannten Zielgruppe stehen unseren Entlastungsvorschlägen
positiv gegenüber", fasst Mitterlehner zusammen.
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