Zürich (alphagalileo) - Viele der von uns verwendeten Materialien haben magnetische Eigenschaften.
Der Magnetismus kommt dabei dadurch zustande, dass sich ein Teil der Elektronen des Materials quasi als Mini-Magnete
geordnet ausrichtet und so im Material ein magnetisches Moment aufbaut. Aus der Forschung resultieren ständig
neue magnetische Materialien mit verbesserten Eigenschaften für technische Anwendungen. Besonders intensiv
ist heute die interdisziplinäre Forschung von Physikern und Chemikern auf dem Gebiet der molekularen Magnete.
Dazu gehört Thallium-Kupfer-Trichlorid. In dieser Verbindung sind die magnetisch aktiven Kupferatome paarweise
angeordnet und untereinander mit antiparalleler Ausrichtung der magnetischen Momente gekoppelt. Diese Kopplung
führt dazu, dass diese Verbindung natürlich nicht magnetisch ist, aber beim Anlegen eines äusseren
Magnetfeldes eine ungewöhnliche Art magnetischer Ordnung einsetzt. Diesen Befund kann man mit der konventionellen
Magnetismustheorie nicht erklären, wohl aber mit einem theoretischen Ansatz basierend auf dem Phänomen
der Bose-Einstein-Kondensation.
Bose-Einstein-Kondensat in magnetischer Verbindung nachgewiesen
Forschende am Laboratorium für Neutronenstreuung der ETH Zürich und des Paul Scherrer Instituts (PSI)
und am Chemie-Departement der Universität Bern haben nun mittels Neutronenstreuexperimenten umfangreiche Untersuchungen
der Verbindung Thallium-Kupfer-Trichlorid durchgeführt. Dabei zeigte sich, dass beim Anlegen eines äusseren
Magnetfelds der Charakter des energetisch tiefsten Anregungsastes ändert und eine lineare Beziehung zwischen
Impuls und Energie aufweist. Diese war theoretisch für die Bose-Einstein-Kondensation vorhergesagt worden.
Dieser erstmalige experimentelle Nachweis der Bose-Einstein-Kondensation in einer magnetischen Verbindung, der
in der Ausgabe vom 1. Mai 2003 des Wissenschaftsmagazins «Nature» beschrieben wird, ist ein weiterer
Meilenstein eines in den Anfängen nicht voll erkannten, aber äusserst wichtigen physikalischen Phänomens.
Bose-Einstein-Kondensation – wichtiges physikalisches Phänomen
Die Bedeutung der Bose-Einstein-Kondensation wurde in Fachkreisen lange nicht erkannt und eher als theoretische
Übung eingestuft. Erst mit der Entdeckung der Supraflüssigkeit in Helium-4 wurde die Fachwelt auf die
Bose-Einstein-Kondensation aufmerksam, welche das viskositätsfreie Verhalten von flüssigem Helium-4 unterhalb
einer Temperatur von 2,17 Kelvin erklärte. 1996 wurde der Physik-Nobelpreis an David M. Lee, Douglas D. Osheroff
und Robert C. Richardson für die Entdeckung der Supraflüssigkeit in Helium-3 vergeben. Die Bose-Einstein-Kondensation
ist auch die Basis für das Verständnis der Supraleitung, die in der Theorie von John Bardeen, Leon N.
Cooper und Robert Schrieffer (Physik-Nobelpreis 1972) auf der durch Gitterschwingungen induzierten Paarung von
Elektronen beruht. Erst in den letzten Jahren haben Steven Chu, Claude Cohen und William D. Phillips (Physik-Nobelpreis
1997) Methoden entwickelt, einzelne Atome auf tiefste Temperaturen abzukühlen, mittels Laserlicht einzufangen
und damit – in Koexistenz mit gewöhnlichen Atomen – eine Art Superatome herzustellen, deren aussergewöhnliche
Eigenschaften auf Grund intensiver Untersuchungen von Eric A. Cornell, Wolfgang Ketterle und Carl E. Wieman (Physik-Nobelpreis
2001) ebenfalls auf der Bose-Einstein-Kondensation beruhen. |