Bildung von Sonderclubs bringt Europa nicht weiter
Brüssel (evp-ed) - "Mit dem heute in Brüssel stattfindenden Verteidigungsgipfel Deutschlands,
Frankreichs, Belgiens und Luxemburgs geschieht genau das, was nicht passieren sollte: Ein Aktionismus, der die
europäische Sicherheitsidentität nicht stärkt und für die USA und zahlreiche europäische
Partner als Ohrfeige gesehen werden muss", kritisierte Delegationsleiterin und ÖVP-Europasprecherin Ursula
Stenzel am Dienstag (29. 04.) das Treffen der vier Staats- und Regierungschefs. "Die
Bildung von Sonderclubs bringt uns nicht weiter. In dieser Kernfrage der europäischen Politik kann nach dem
Debakel im Vorfeld des Irak-Krieges nur ein gemeinschaftlicher Ansatz aller EU-Länder die notwendigen Fortschritte
für eine gemeinsame Politik der Europäischen Union bringen", erklärte Stenzel.
Es sei besonders bedauerlich, dass sich gerade Belgien als traditionelle Verfechterin der Gemeinschaftsmethode
aus wahltaktischen Gründen dazu verleiten habe lassen, dieses Treffen zu initiieren. "Heute wird fortgeführt,
was durch den Irakkrieg katalytisch verstärkt wurde, jedoch immer schon unterschwellig vorhanden war: Eine
selektive verstärkte Zusammenarbeit, die nicht zu einere Stärkung der Gemeinschaftsmethode, sondern zu
einer Fragmentierung der EU führt", betonte Stenzel. "Die gewählte Vorgangsweise vermittelt
nicht einen Versuch der Versöhnung, sondern vielmehr den Eindruck einer Zwei-Klassen-Mitgliedschaft, bei der
einige den Ton angeben wollen und andere nicht an den Tisch gebeten werden."
Die Achsenbildung ausgerechnet der Länder, die in der Irak-Krise eine Politik betrieben haben, die das Verhältnis
zu den Vereinigten Staaten sehr belastet habe, sei wenig überzeugend und schade einer gemeinschaftlichen Verteidigungspolitik
mehr als sie nütze. "Wenn die ständige Offenheit für jeden EU-Mitgliedstaat nicht hundertprozentig
sichergestellt ist, muss ein solcher 'Sonderclub' abgelehnt werden. Europa braucht eine gemeinsame Haltung im Bereich
der Außen- und Sicherheitspolitik, keine schädliche Achsenpolitik", forderte Stenzel.
Obschon die im Rahmen dieser Initiative erhobenen Forderungen sehr vage gehalten seien, sei nicht nur eine Abkoppelung
von der NATO, sondern auch der Aufbau kostenintensiver Doppelstrukturen zu befürchten. "Absichtserklärungen
zum Aufbau einer Verteidigungsunion sind überflüssig. Entsprechende Beschlüsse existieren bereits
längst auf EU-Ebene. Der Wunsch nach Einrichtung eines weiteren Militärkommandos zu den bereits vorhandenen
Kommandostrukturen der NATO und der WEU ist abzulehnen", so Stenzel weiter. "Die Gemeinschaftsinstitutionen
der EU und hier insbesondere die Kommission ist aufgefordert, sich nicht die politische Initiative durch einzelne
Mitgliedstaaten aus der Hand nehmen zu lassen. Diesem Treffen muss möglichst bald eine gemeinschaftliche Initiative
entgegengesetzt werden", sate Stenzel abschließend. |