Ferrero-Waldner von Fortschritten in Belgrad "beeindruckt"
Außenministerin unterstützt Aufnahme Jugoslawiens in den Europarat
Belgrad (bmaa) - Konkrete Fortschritte bei der Annäherung Jugoslawiens an die EU sind für
Außeninisterin Dr. Benita Ferrero-Waldner im Hinblick auf die zentrale Rolle, die Belgrad für die Stabilität
der gesamten Balkanregion spielen kann, von "erheblicher Bedeutung". Um sich ein unmittelbares Bild über
den aktuellen Stand des politischen und wirtschaftlichen Reformprozesses verschaffen führte die Außenministerin
in Belgrad heute Gespräche mit Außenminister Goran Svilanovic, mit dem Premierminister der Republik
Serbien, Zoran Djindjic, dem jugoslawischen Premierminister Dragisa Pesic und mit Präsidenten Vojislav Kostunica.
"In Jugoslawien geht es derzeit darum, die - unter aktiver Vermittlung der EU getroffenen - staatsrechtlichen
Vereinbarungen zur Umgestaltung der Bundesrepublik in die "Union Serbien-Montenegro" umzusetzen und so
bald wie möglich mit konkretem Leben zu erfüllen. Dieser neue Staat kann nur dann überleben, wenn
die Menschen in beiden Teilrepubliken sehen, dass ein Zusammenbleiben mehr Vorteile bringt als ein Auseinandergehen.
Aus österreichischer Sicht haben diese Vereinbarungen auch eine gute Basis für eine möglichst frühe
Aufnahme von Verhandlungen zwischen der EU und Jugoslawien/Serbien und Montenegro über ein Stabilitäts-
und Assoziationsabkommen geschaffen", sagte Ferrero-Waldner heute in Belgrad.
Die Außenministerin zeigte sich "beeindruckt", wie viel sich seit der demokratischen Wende Im Oktober
2000 verändert hat. Bemerkenswerte Fortschritte wurden sowohl auf wirtschaftlichem und sozialem als auch auf
politischem Gebiet erzielt. "Österreich ist - ebenso wie seine EU-Partner - bereit, auch weiterhin die
demokratischen Kräfte zu unterstützen, um den Reformprozess weiter voranzutreiben", sagte die Außenministerin
nach ihren Gesprächen.
Die Außenministerin erinnerte auch daran, dass es nun an der Zeit ist, dass die Verfassungskommission die
Arbeit an der Ausarbeitung des Verfassungsentwurfs aufnimmt. "Es wäre erfreulich, wenn dieser Entwurf
bis Ende Juni vorliegen würde, wie dies in der Vereinbarung vorgesehen ist. Es geht hier nicht um ein striktes
Festhalten an Fristen und Terminen. Es geht vielmehr um eine rasche Umsetzung der Vereinbarung, weil jeder Monat,
der ungenützt verstreicht, Reformen verzögert", so Ferrero-Waldner.
Schließlich unterstützte Ferrero-Waldner eine baldige Aufnahme Jugoslawiens in den Europarat. "Ein
Europaratsbeitritt würde einen großen Schritt in Richtung vollständiger Integration in die Europäischen
Strukturen bedeuten".
Im Zuge ihres Aufenthalts in Belgrad traf Ferrero-Waldner außerdem mit der Spitze der serbisch-orthodoxen
Kirche zusammen, zu welcher österreichischerseits durch das Wirken der Stiftung "Pro Oriente" seit
langem enge Kontakte bestehen. Die Außenministerin eröffnete außerdem am Abend ein - von der Stadt
Belgrad und der Österreichischen Botschaft in Belgrad gemeinsam organisiertes - Benefizkonzert von Kammersängerin
Sona Ghazarian im "Sava-Zentrum", zu dem über 2000 Besucher erwartet wurden. Die Reinerträgnisse
dieses Konzerts sind für die Kinder-Universitätsklinik in Belgrad bestimmt.
Außenministerin fordert volle Kooperation mit Haager Tribunal
Ein weiteres Thema der Gespräche von Außenministerin Ferrero-Waldner in Belgrad war die Lage
im Kosovo. "Meines Erachtens nach besteht zum jetzigen Zeitpunkt kein Anlass zu einer Diskussion über
den endgültigen Status des Kosovo. In jedem Fall muss eine künftige Lösung im Rahmen der UN-Sicherheitsratsresolution
1244 gefunden werden. Jetzt sollten wir uns auf die Schaffung von Demokratieverständnis, auf die Verbesserung
der wirtschaftlichen Situation, die Durchsetzung von Rechtsstaatlichkeit sowie die Schaffung von normalen Lebensbedingungen
für alle ethnischen Gruppen im Kosovo konzentrieren", sagte Ferrero-Waldner heute nach ihren Gesprächen
in Belgrad.
Nach den Worten der Außenministerin muß es nun in erster Linie zu einer Verbesserung der Sicherheitssituation
kommen, um den kosovo-serbischen Flüchtlingen eine Rückkehr in den Kosovo zu ermöglichen. In diesem
Zusammenhang ist für die Außenministerin die volle Implementierung des Gemeinsamen UNMIK-Belgrad Dokuments,
das letzten November von Haekkerup und Vize-Premierminister Covic unterzeichnet wurde, unerlässlich. |
Thema der Gespräche der Außenministerin in Belgrad war auch die Zusammenarbeit zwischen Jugoslawien
und dem Internationalen Strafgericht in Den Haag. "Die volle Kooperation mit dem Haager Tribunal ist Teil
der völkerrechtlichen Verpflichtungen nicht nur Jugoslawiens, sondern auch anderer Staaten der Region. Österreich
ist sich dessen bewusst, dass die Zusammenarbeit mit ICTY ein politisch heikles Thema ist. Aber ich bin auch davon
überzeugt, dass langfristig nur durch die Individualisierung von Schuld eine Versöhnung zwischen den
Völkern der Region möglich sein wird", so Ferrero-Waldner.
In diesem Zusammenhang verwies Ferrero-Waldner darauf, dass sich gerade auch Österreich dessen bewusst ist,
dass die Aufarbeitung der dunkelsten Kapitel der eigenen, jüngeren Geschichte "ein schwieriger und bisweilen
schmerzhafter Prozess ist". "Ein Land muss sich aber entschieden mit diesen Kapiteln auseinandersetzen,
um mit voller Kraft, gemeinsam mit seinen Nachbarn und anderen Freunden in der internationalen Gemeinschaft den
Weg in eine gemeinsame Zukunft gehen zu können", sagte die Außenministerin.
Ferrero-Waldner unterstrich vor Journalisten in Belgrad auch, dass in den Jahren 2000 und 2001 10% aller in Jugoslawien
getätigten Auslandsinvestitionen von österreichischen Unternehmen kamen. Österreich liegt damit
nach Deutschland und Italien an 3. Stelle. Im Rahmen der Ostförderung des Außenministeriums wurde überdies
der Schwerpunkt auf die Bereiche Erziehung, Wassermanagement und Menschenrechte gelegt. Insgesamt sind für
2002 für Jugoslawien Projektmittel in der Größenordnung von 3 Mio. Euro reserviert. Davon sollen
auf Serbien 1,7 Mio.Euro, auf Montenegro 0,6 Mio.Euro und auf den Kosovo 0,7 Mio. Euro entfallen.
Die Außenministerin wird noch heute Abend in Mostar mit dem neuen Hohen Beauftragten für Bosnien und
Herzegowina, Lord Ashdown, zusammentreffen und morgen in Sarajevo Gespräche mit dem Vorsitzenden des Staatspräsidiums
Belkic, mit Außenminister Lagumdzija, Premierminister Mikerevic, Föderations-Präsidenten Halilovic
und Föderations- Vizepräsidenten Filipovic führen.
Im Hinblick auf die Bedeutung, die den Entitätsregierungen aus der Sicht österreichischer Investoren
gerade auch im wirtschaftlichen Reformprozess zukommt, wird Ferrero-Waldner morgen neben Sarajewo, wo die gesamtstaatlichen
Organe und die Regierung der Bosniakisch-Kroatischen Föderation ihren Sitz haben, auch Banja Luka, die Hauptstadt
der Republika Srpska, besuchen und dort mit Premierminister Ivanic zusammentreffen. In Banja Luka wird sie auch
eine Ausstellung des Österreichischen Hilfswerkes eröffnen und einen Vertrag zur F Flüchtlingsrückkehr
in Bosnien und Herzegowina unterzeichnen.
|