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Institution gegen die Ohnmacht des Einzelnen vor der Verwaltung
Volksanwaltschaft feiert 25. Geburtstag im Parlament
Wien (pk) - Die Volksanwaltschaft als ein Organ des Parlaments, das helfen soll, "das Gefühl
der Ohnmacht des einzelnen gegenüber der Verwaltung" zurückzudrängen (RV 94 d.B., XIV GP) kann
auf 25 Jahre erfolgreiche Tätigkeit zurückschauen. Was lag daher näher, als diese Geburtstagsfeier
im Parlament, dem Haus der Volksvertretung zu begehen.
Diese stand nicht nur im Zeichen ungeteilter Anerkennung der Arbeit der bisherigen VolksanwältInnen, sondern
sollte auch mit einer "Note der Nachdenklichkeit" versehen werden, wie dies Volksanwalt Peter Kostelka
ausdrückte. Die "erwachsen gewordene Volksanwaltschaft" müsse auch in die Zukunft blicken,
und dazu sollen auch die Vorträge der Präsidenten der beiden Höchstgerichte Ludwig Adamovich und
Clemens Jabloner sowie des Präsidenten des Rechnungshofes Dr. Franz Fiedler Anstoß geben.
Peter Kostelka gab zu bedenken, dass eine faire Verwaltung nur dann möglich sei, wenn ihr auch eine Kontrolle
gegenüberstehe. Es gehe darum, dem Bürger die Akzeptanz des Rechtsstaates und seiner Rechtsordnung zu
ermöglichen. Dazu seien der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof genauso berufen wie Rechnungshof
und Volksanwaltschaft, die eine "systemhygienische Kontrolle" durchführten.
Einige Redner blickten kurz auf die parlamentarische Diskussion vor Einrichtung der Volksanwaltschaft zurück,
da damals die Frage im Vordergrund gestanden hatte, ob man in einem Rechtsstaat mit so vielen Rechtsschutzeinrichtungen,
wie den obersten Gerichthöfen und dem Rechnungshof, überhaupt eine neue Einrichtung brauche. Präsident
Adamovich brachte die Antwort insofern auf einen Punkt, als er meinte, dass "Legalität und Billigkeit
durchaus in einen Konflikt geraten" können und auch die perfektesten Rechtsschutzeinrichtungen nicht
geeignet seien, dem Bürger die Angst zu nehmen.
Als Gäste der Feier konnte Nationalratspräsident Fischer unter anderem nicht nur die beiden amtierenden
Volksanwälte Dr. Peter Kostelka und Rosemarie Bauer, sondern auch frühere Volksanwälte begrüßen,
die durch die Qualität ihrer Arbeit dazu beigetragen hätten, dass das, was als Provisorium eingerichtet
worden war, so erfolgreich geworden sei, hob Fischer hervor. Auch der Präsident des Europarates Peter Schieder,
der Dritte Präsident des Nationalrates Werner Fasslabend sowie die beiden Klubobleute Alfred Gusenbauer und
Andreas Khol waren anwesend.
Worte des Dankes und der Wertschätzung entboten überdies die Vizepräsidentin des Bundesrates Anna
Elisabeth Haselbach, Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und Bundespräsident Thomas Klestil. Für die
musikalische Umrahmung des Festes sorgte das Wiener Schrammelsurium.
Fischer: Volksanwaltschaft erfreut sich heute größter Wertschätzung
Als Gastgeber verlieh Nationalratspräsident Fischer seiner besonderen Verbundenheit mit der Volksanwaltschaft
Ausdruck, zumal er damals Vorsitzender des Unterausschusses des Verfassungsausschusses gewesen war, in dem die
Einrichtung einer Volksanwaltschaft diskutiert worden war. Fischer erinnerte sich an die schwierigen juristischen
Fragen, die damals zu klären waren, zumal man mit der Volksanwaltschaft, die es damals nur in Dänemark
gegeben hatte, völliges Neuland betrat. In diesem Zusammenhang hob er insbesondere das Verdienst des damaligen
Rechtsanwaltes Dr. Simon hervor, der nach dem Krieg lange Zeit in Dänemark lebte und nicht zuletzt auch durch
seine publizistische Tätigkeit eine Grundlage für die politische Entscheidung zu dieser Einrichtung gelegt
hatte, die sich heute größter Wertschätzung erfreue.
Haselbach: Volksanwaltschaft braucht ausreichend Personal
Die Vizepräsidentin des Bundesrates Anna Elisabeth Haselbach wies darauf hin, dass die Volksanwaltschaft
zur Zeit ihrer Gründung eine demokratische Hoffnung war, ihre Tätigkeit der demokratischen Erziehung
dient und zur Demokratisierung der Verwaltung führt. Welch großes Vertrauen die Volksanwaltschaft bei
den BürgerInnen genieße, stelle auch die vermehrte Inanspruchnahme ihrer Dienste unter Beweis. Sie appellierte
daher an die Bundesregierung, ausreichend Personal zur Verfügung zu stellen, damit auch in Zukunft die notwendigen
Anpassungen und Herausforderungen bewältigt werden können.
Als Vertreterin der Länderkammer zeigte sie sich zufrieden darüber, dass die Berichte der Volksanwaltschaft
seit fünf Jahren auch im Bundesrat diskutiert werden und bereits sieben Bundesländer die Missstandskontrolle
im Bereich der jeweiligen Landesverwaltung ebenfalls der Volksanwaltschaft anvertraut hätten. Damit sei eine
Klammer zwischen den Gebietskörperschaften geschaffen worden, weshalb es sinnvoll wäre, so die Vizepräsidentin,
auch die Berichte über die Kontrolle in den Ländern dem Bundesrat zuzuleiten. Eine exakte Trennung zwischen
Bundesverwaltung und mittelbarer Bundesverwaltung sei ja oft nur sehr schwer möglich.
Schüssel: Volksanwaltschaft ist wichtiger Mediator
Als Motivation für die Einrichtung der Volksanwaltschaft nannte Bundeskanzler Wolfgang Schüssel
die Tatsache, dass es bestimmte Problemkonstellationen gebe, bei denen eben die rechtsstaatliche Kontrolle der
öffentlichen Verwaltung durch die Höchstgerichte zu kurz greife. Dem engen Kontrollmaßstab des
Rechnungshofes wollte man damals das Bürgerinteresse zur Seiten stellen. Die Volksanwaltschaft habe sich in
diesem Sinne nicht nur als ein Schutzorgan der BürgerInnen entwickelt, sie sei heute mehr denn je Vermittlerin
zwischen Bürgerinteressen und staatlicher Notwendigkeit, das was man heute als Mediator bezeichne. Somit sei
die Einrichtung der Volksanwaltschaft auch als ein Schritt weg vom Untertanenstaat hin zum modernen Staat des Bürgers
zu interpretieren. Höchster Maßstab politischen Handelns müsse das Interesse der BürgerInnen
sein, sagte der Bundeskanzler, wobei es nicht immer leicht sei, gerecht und fair zu handeln. Dazu bedürfe
es einer Balance der verschiedenen Gewalten und der verschiedenen Einrichtungen, die das Bürgerinteresse wahrnähmen.
In dieser Balance habe sich die Volksanwaltschaft besonders bewährt. Schüssel dankte den VolksanwältInnen
auch für ihre Mitarbeit und ihre Anregungen im Rahmen der Verwaltungsreform. |
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Klestil: Ordnungsstaat wurde zurückgedrängt
Bundespräsident Thomas Klestil reihte sich ebenfalls unter die Gratulanten für die bisher geleistete
Arbeit und meinte, dass es nach 25 Jahren wichtig und richtig sei, Bilanz zu ziehen. In den siebziger Jahren habe
der Begriff der Demokratiereform in der politischen Diskussion an Bedeutung gewonnen, und die Frage des Verhältnisses
der politischen Macht zum Bürger sei in den Vordergrund getreten. Es habe damals eine Institution gefehlt,
die dem Bürger bei bürgerfernen, unkorrekten Verhalten von Behörden zur Seite gestanden sei, und
damit die Reste des Ordnungsstaates zurückgedrängt habe. Die Volksanwaltschaft könne nun auf ihre
Erfahrungen aufbauen und habe selbst eine Reihe von Vorschlägen erarbeitet, die eine größere Effizienz
der Arbeit ermöglichen sollen.
Adamovich: Grundrechte nicht nur als Sache des Verfassungsgerichtshofes
Die Notwendigkeit für die Einrichtung der Volksanwaltschaft sieht Der Präsident des Verfassungsgerichtshofs
Ludwig Adamovich darin, dass Legalität und Billigkeit durchaus in Konflikt geraten können. Auch ein perfektes
Rechtsschutzsystem sei nicht geeignet, den BürgerInnen Angst zu nehmen. Er sei auch überzeugt, dass Transparenz
nicht viel nütze, außerdem hätten unvermeidliche Formalismen eine abschreckende Komponente. Es
habe deshalb eines neuen Rechtsschutzorgans der besonderen Art bedurft, das elastisch agieren könne und nicht
so sehr dem Formalismus frönen musste.
Adamovich thematisierte insbesondere das Thema Volksanwaltschaft und Grundrechte. Diese seien nicht nur Sache des
Verfassungsgerichtshofes, sagte er, sondern diese gingen jeden an, weshalb es wichtig sei, dass auch die Volksanwaltschaft
diesem Thema besonderes Augenmerk schenke. Dabei stehe der Wert der Menschenwürde im Vordergrund, und zwar
in dem Sinne, dass der Bürger und die Bürgerin als Subjekt anzusehen seien, und nicht als Objekt oder
als ein "Beamtshandelter". Denn das Schlimmste, was passieren könne, sei eine gesetzliche Regelung,
die von der Bevölkerung nicht akzeptiert werde und die die staatlichen Organe nicht im Stande seien durchzusetzen.
Derjenige, der sich daran halte, sei dann nämlich der Dumme, so der Präsident des Verfassungsgerichtshofes,
womit er in erster Linie die Lösung des Problems der Schwarzbauten in den Bundesländern kritisierte,
die bis zu einem bestimmten Zeitpunkt legalisiert wurden. Dies sei nicht im Sinne des Gleichheitsgrundsatzes und
des rechtsstaatlichen Prinzips gewesen.
Adamovich ging auch kurz auf die Bindung von Verfassungsgerichtshof und Volksanwaltschaft ein, zumal diese die
Gesetzmäßigkeit von Verordnungen und Meinungsverschiedenheit mit Bundesregierung und Ministern vor den
Gerichtshof bringen kann. Die Entscheidungen seien nicht immer zur Zufriedenheit der Volksanwaltschaft ausgefallen,
wie beispielsweise hinsichtlich der ausgegliederten Rechtsträger, bemerkte Adamovich. Der Verfassungsgerichtshof
habe jedoch nur auf Grund der Rechtslage entscheiden können, die rechtspolitische Zweckmäßigkeit
des derzeitigen Zustandes sei eine andere Frage, räumte er ein.
Jabloner: Subsidiarität der Kontrolle beibehalten
Der Präsident des Verwaltungsgerichtshofes Clemens Jabloner sah in der Volksanwaltschaft ein komplementäres
Instrument des Rechtsschutzes sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht. Die Verwaltungsgerichtsbarkeit
mit ihren systemeigenen Beschränkungen könne auf den Einzelnen mitunter sehr belastend wirken. Dem gegenüber
habe die Volksanwaltschaft die Möglichkeit, darauf zu achten, dass das Gesollte auch in die Wirklichkeit umgesetzt
wird, sie sei zudem auch ein Mittel, die Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes durchzusetzen.
Gerade die Förmlichkeit der Verwaltungsgerichtsbarkeit eröffne, wie Jabloner betonte, ein weites Feld
für die Volksanwaltschaft, um mildernd und ausgleichend zu wirken. Was die Kompetenzen der Volksanwaltschaft
betrifft, plädierte Jabloner allerdings dafür, die Subsidiarität der Kontrolle der Volksanwaltschaft
aufrechtzuerhalten. Mit Nachdruck sprach er sich gegen eine verfahrensbegleitende Kontrolle, aber auch gegen eine
Nachbewertung von Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes durch die Volksanwaltschaft aus. |
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Fiedler: Unabhängigkeit ist wesentliches Element für Kontrolle
Rechnungshofpräsident Franz Fiedler bezeichnete die Unabhängigkeit als das wesentliche Element
einer Kontrolleinrichtung im Rechtsstaat und fügte an, für die Volksanwälte sei diese Unabhängigkeit
in vorbildlicher Weise gegeben. Auf den Rechnungshof treffe dies nicht unbedingt zu, zumal sein Präsident
jederzeit mit einfacher Mehrheit durch das Parlament seines Amtes enthoben werden könne, bemerkte Fiedler
kritisch.
Einen Unterschied zum Rechnungshof ortete Fiedler auch bei der Prüfungskompetenz. So haben die Ausgliederungen
der letzten Jahre zu einem Verlust an Kontrollrechten durch die Volksanwaltschaft geführt. Die Volksanwaltschaft
sollte ihre Prüfungskompetenz auch für die ausgegliederten Rechtsträger wahren können, wie
dies derzeit schon beim Rechnungshof der Fall sei, regte Fiedler an. Im Übrigen übte der Rechnungshofpräsident
Kritik an dem Umstand, dass Volksanwaltschaft und Rechnungshof, die zwar Organe der Legislative sind, nach wie
vor keinen offenen Zugang zu allen Ausschüssen des Parlaments haben.
Kostelka: Volksanwaltschaft wird Menschenrechtsbericht vorlegen
Der Vorsitzende der Volksanwaltschaft Peter Kostelka unterstrich, die Aufgaben der Volksanwaltschaft reichen
über jene der Verfassungs- und Verwaltungsgerichtsbarkeit hinaus. Sache der Volksanwaltschaft sei es, Missstände
aufzuzeigen und eine Diskussion darüber zu erzwingen, aber auch der Billigkeit zum Durchbruch zu verhelfen.
Kostelka qualifizierte die Volksanwaltschaft als Institution des Soft Law, die auf die Kraft ihrer Argumente und
ihr politisches Ansehen baue und deshalb auch stark öffentlichkeitsorientiert sei. Aus diesem Grund hielt
Kostelka die Auftrittsmöglichkeit der Volksanwaltschaft im Fernsehen für besonders wichtig.
Ein besonderes Anliegen des Vorsitzenden ist die Intensivierung der Gespräche mit dem Parlament, insbesondere
mit den Fachausschüssen. Ziel müsse der Schritt vom Einzelfall in den allgemeinen Bereich sein. Kostelka
kündigte in diesem Sinn die Vorlage eines jährlichen Menschenrechtsberichtes durch die Volksanwaltschaft
an, in den menschenrechtsrelevante Fälle aus der Prüfungstätigkeit aufgenommen werden. Er erwartete
sich davon ein spezifisches Grundrechts-Screening. Weiters trat Kostelka für die Ausweitung der Prüfkompetenz
der Volksanwaltschaft auf die ausgegliederten Rechtsträger ein und regte zudem die Möglichkeit der Anfechtung
von Gesetzen durch die Volksanwaltschaft an. |
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