Fruchtsafthersteller mit Vitamin B  

erstellt am
09. 05. 03

Das Vorarlberger Fruchtsaftimperium Rauch zählt zu den bekanntesten Lebensmittelherstellern in Österreich
Rankweil (twp.at) - Am Anfang stand 1919 eine kleine Lohnmosterei für die Bauern der Umgebung, Jahre später folgten erste Schritte zur Apfelsaft-Produktion für die Region. Mittlerweile haben sich die Dimensionen verschoben. Heute ist die Vorarlberger Rauch Fruchtsäfte GmbH & Co der unbestrittene Fruchtsaftkönig in Österreich. Das Rankweiler Unternehmen verfügt gegenwärtig über eine Abfüllkapazität von 125.000 Litern in Getränkekartons, 300.000 Dosen, 80.000 PET-Flaschen und 40.000 Glasflaschen; nicht pro Tag - pro Stunde.

Mit Marken wie Happy Day und Bravo hat sich Rauch seit Mitte der 70er-Jahre die Führung unter den Fruchtsaftherstellern in Österreich vor Konkurrenten wie Pago und dem ebenfalls in Vorarlberg beheimateten Pfanner erkämpft. In der Zwischenzeit sind Labels wie Sonny, Nativa, Eistee, Green Tea, Fresh, Trinkfrühstück und Isotonic dazugekommen, weitere Produkte sollen im Frühsommer 2003 folgen. Als Pioniertat gilt bis heute die erstmalige Abfüllung von Säften in Kartonverpackungen. Der Marktanteil von Rauch bei alkoholfreien Getränken – dazu zählen etwa Fruchtsäfte, Limonaden, Teegetränke und Energy-Drinks – beläuft sich im Handel auf 16 Prozent. Bei den Fruchtsäften allein kommt Rauch in Österreich Marktforschungsdaten zufolge auf einen Marktanteil von 41 Prozent, bei Eistee klettert diese Zahl auf 76 Prozent.

Produktion in Rankweil, Nüziders und Budapest
Die Zentrale von Rauch befindet sich in Rankweil, produziert wird auch in den Werken in Nüziders sowie seit knapp zehn Jahren in Budapest. Mit fast 1.000 Mitarbeitern und einem Umsatz von 410 Millionen Euro im Jahr 2002 gehört Rauch zu den zehn größten Unternehmen im Ländle. Sein Geschäftsvolumen konnte der Fruchtsafthersteller in den letzten sieben Jahren fast verdreifachen. Verantwortlich dafür ist nicht nur die Übernahme der Fohrenburg-Brauerei in Bludenz im Jahr 1998 und die exklusive Abfüllung des Energy-Drinks Red Bull, sondern auch das verstärkt betriebene Auslandsgeschäft.

Denn auf dem Inlandsmarkt wurde es dem Vorarlberger Unternehmen mit der Zeit zu eng. Der Fruchtsaft-Markt in Österreich ist bei einem jährlichen Pro-Kopf-Verbrauch von knapp unter 40 Litern gesättigt. Nachdem Rauch schon seit Mitte der 60er-Jahre Produkte im angrenzenden Ausland abgesetzt hatte, wurde 1993 in Mailand die erste Auslandsniederlassung gegründet. 1994 folgten das Werk in Budapest und ein Jahr später eine Vertretung in Prag, dann kamen Standorte in der Slowakei, Slowenien, Kroatien, Rumänien und Serbien dazu.

Heute kommt Rauch auf einen Exportanteil von mehr als 53 Prozent, gekauft werden können die Erzeugnisse weltweit in mehr als 50 Ländern. Zu den wichtigsten Märkten zählen Ungarn, Tschechien und Italien. Allein in dem Mittelmeerland setzte Rauch im Jahr 2001 rund 26 Millionen Euro um, Tendenz steigend. Auch im arabischen Raum, insbesondere in Libyen und Saudi Arabien, stehen die Säfte von Rauch in den Verkaufsregalen.

Fruchtsäfte und Bier
Der Familienbetrieb Rauch stellt jedoch nicht nur Fruchtsäfte her. Das Unternehmen liefert ebenso Konzentrate und Halbwaren wie etwa für Apfel-, Birnen- und Traubensäfte an internationale Abnehmer. 1998 griff der Fruchtsafthersteller auch erstmals zum Alkohol. Seit damals befindet sich als drittes Geschäftsfeld die Bludenzer Brauerei Fohrenburg im Portfolio der Rauch-Gruppe. Die traditionelle Vorarlberger Brauerei hatte sich gegen eine Hereinnahme der Linzer Brau-Union-Gruppe und für eine Ländle-Lösung entschieden.

Eigene und fremde Marken
Der Konkurrenzdruck im Inland hat nicht nur zur Expansion ins Ausland geführt. Das Unternehmen begann bereits vor Jahren mit dem vierten Geschäftsfeld, der Lohnabfüllung für andere Hersteller und der Produktion von fremden Marken. Der Salzburger Energy-Drink Red Bull gehört wohl zu den bekanntesten Marken in diesem Bereich, die Rauch seit Beginn exklusiv abfüllt. Allein im Vorjahr plante Red Bull in Vorarlberg 1,4 Milliarden Dosen des Muntermachers abfüllen zu lassen, eine Steigerung um fast 40 Prozent gegenüber 2001. Brancheninsider schätzen, dass Rauch mit der Abfüllung für Red Bull nicht viel weniger als 40 Prozent des gesamten Umsatzes erzielt.

Darüber hinaus produziert Rauch für alle namhaften Handelsketten in Österreich deren Eigenmarken. Diese Eigen- oder auch Handelsmarken finden sich bei den beiden Erzrivalen Spar und dem zur deutschen Rewe-Gruppe gehörenden Billa genauso wie beim Diskonter Hofer. Dort stehen sie mit Namen wie Spar Orangensaft, Clever oder Direkt-Saft Blutorange und Direkt-Saft Orange in den Regalen. Seit April 2003 produziert Rauch nach Brancheninformationen auch die Eistee-Eigenmarke Clever von Billa, die im Werk Budapest abgefüllt wird.

Dieser wachsende Geschäftszweig geht jedoch nicht nur auf die Eigeninitiative von Rauch zurück. Wie viele andere Lebensmittelhersteller muss auch er dem Druck der großen Handelsketten nachgeben, die ihre Regale zunehmend mit eigenen, günstigeren Handelsmarken füllen wollen.

Kapazitätserweiterungen in Vorarlberg
Im Sommer 2002 befanden sich Rauch und Red Bull auf der gemeinsamen Suche nach einem Produktionswerk in der Schweiz. Um diese Pläne ist es ruhig geworden, weder Rauch noch Red Bull wollten auf Anfrage nähere Details bekannt geben. Branchenkennern zufolge sollen die Pläne auf Eis gelegt worden sein.

Mit ein Grund dafür seien die Expansionspläne am Standort Nüziders sein. Bereits im Vorjahr begann Rauch mit dem Bau einer rund drei Millionen Euro teuren Kläranlage für das Werk. Seit 2000 wurden insgesamt 60 Millionen Euro in den Standort investiert. Damit nicht genug: Im Dezember 2002 erstand das Unternehmen um 4,2 Millionen Euro die 15.000 Quadratmeter große Liegenschaft des in den Konkurs geschlitterten Stahl- und Anlagenbauers Meyer samt Produktionshalle. Der Vorteil dieser Akquisition: Das Gelände befindet sich in unmittelbarer Nachbarschaft zum Rauch-Standort und war von diesem nur durch eine Mauer getrennt.

Ebenfalls neben dem Rauch-Werk in Nüziders liegt ein Gebiet, für dessen Verkauf an Rauch die Gemeinde Ludesch heuer durch eine Rückwidmung von Grünland grünes Licht gab. Derzeit laufen die Verkaufsverhandlungen mit den etwa 15 Eigentümern rund um das vier Hektar große Gelände. Mit dieser Erweiterung verfügt Rauch auch über einen direkten Zugang zum Wasserreservoir beim sogenannten Hängenden Stein, das für die Produktion genutzt werden kann.

Das Netzwerk
Brancheninsider und sogar Mitbewerber attestieren der Familie Rauch hervorragende Marktkenntnisse und Unternehmerqualitäten. Dies beweist unter anderem ein österreichweites Bonitäts-Ranking des Kreditschutzverbandes von 1870, in dem Rauch vor zwei Jahren mit ausgezeichneter Bonität auf Platz sechs landete.

Ein weiteres Kennzeichen der Familie Rauch und bereits Firmentradition ist die beinahe lückenlose Verschwiegenheit gegenüber der Öffentlichkeit. Angaben zum Unternehmen beschränken sich fast immer auf Grunddaten wie Umsatz, Mitarbeiter und teils bereits veröffentlichte Marktanteile, Statements gibt es wenn überhaupt nur zu allgemeinen Themen. Franz und Roman Rauch sind für Journalisten nur selten persönlich zu sprechen, meistens gibt Prokuristin Daniela Kapelari Auskunft.

Auf der anderen Seite zeigen die Fruchtsafthersteller aber einen starken Durst nach Informationen aus Politik, Interessenvertretungen, Finanzwirtschaft und anderen Unternehmen. Diese erhalten sie aus mehreren Repräsentationstätigkeiten und gut dotierten Aufsichtsratsfunktionen. Kenner des Unternehmens verweisen darauf, dass der wirtschaftliche Erfolg von Rauch auch vor diesem Hintergrund gesehen werden muss.

So ist Roman Rauch Vizepräsident der Vorarlberger Industriellenvereinigung, der freiwilligen Interessenvertretung der Industrie. Sein Bruder Franz agiert als Vizepräsident und Finanzreferent des gesetzlichen Pendants, der Wirtschaftskammer Vorarlberg. Darüber hinaus ist Franz Rauch auch Vizepräsident und Finanzreferent des Wirtschaftsbundes Vorarlberg.

Aufsichtsrat bei der größten Bank in Österreich
Interessenvertretungen sind jedoch nur ein Weg, um bei für Wirtschaft und Unternehmen wichtigen Entscheidungen mit dabei zu sein. Deshalb haben Franz und Roman Rauch darüber hinaus die Türen zur Finanz- und Versicherungswirtschaft weit offen stehen. So sitzt Franz Rauch seit dem Frühjahr 2003 im Aufsichtsrat der Bank Austria Creditanstalt, dem größten Finanzinstitut Österreichs. Die Bank Austria wurde mit der Creditanstalt vor wenigen Jahren verschmolzen. Franz Rauch saß bereits dort vor Jahren im Aufsichtsrat.

Gleichzeitig ist Franz Rauch auch Mitglied im rund 150 Mitglieder zählenden Verein der Anteilsverwaltungssparkasse der Ersten Österreichischen Sparkasse. Auch wenn die beiden Finanzinstitute Erste Bank und Bank Austria Creditanstalt die härtesten Konkurrenten um die Marktführerschaft in Österreich sind, so müssen sich diese Tätigkeiten laut Insidern nicht gegenseitig ausschließen. Denn dieser ehrenamtliche Verein hat auf die Geschäfte der börsenotierten Erste Bank keinen offiziellen Einfluss.

Darüber hinaus kontrolliert Franz Rauch als Aufsichtsrat den Vorstand der börsenotierten Generali Holding Vienna AG. Das Versicherungsunternehmen mit einem Prämienvolumen von fast einer Milliarde Euro kommt in Österreich nach eigenen Angaben auf einen Marktanteil von 15 Prozent. Mehr um das unternehmerische Risiko dreht sich alles bei der Hypo Unternehmensbeteiligungen AG und deren Tochter, der Hypo Beteiligungs AG. Diese unter anderem der Hypo Vorarlberg gehörenden Firmen sind auf Risikokapitalfinanzierungen und Unternehmensbeteiligungen spezialisiert. Auch deren Geschäft wird vom jüngeren Bruder Roman Rauch als Aufsichtsrat mit beaufsichtigt. Zu guter Letzt sitzt dieser in gleicher Position in der Dornbirner Competence Investment AG, die unter anderem Biotechnologie-Center auf eigenes Risiko errichtet und dafür Mieter oder Käufer sucht.

Sein Bruder Franz Rauch wiederum ist mit dem zur Spar-Gründerfamilie gehörenden Hans Drexel als Aufsichtsrat bei der Vorarlberger OTAG Oberflächentechnik AG tätig. Zu dieser Unternehmensgruppe gehört der Hohenemser Oberflächenveredler Collini. Weil sich in der Wirtschaft ohne Strom kein Rädchen dreht, hat das Fruchtsaftimperium Rauch auch in der Vorarlberger Energiewirtschaft ein Wörtchen mitzureden. Franz Rauch sitzt seit mehreren Jahren in den Aufsichtsräten der unter ein Dach gestellten Vorarlberger Kraftwerke AG und Vorarlberger Illwerke AG. Die wiederum erzeugen nicht nur Strom, sondern sind auch an einer Reihe von Entsorgungs- und Umwelttechnik-Firmen mehrheitlich beteiligt.

Einen informativen Nebenjob hat Franz Rauch jedoch verloren. Aufgrund des Rotationsprinzips in der Österreichischen Industrieholding AG ist der Fruchtsaftindustrielle im Sommer 2002 als Aufsichtsrat ausgeschieden. Die ÖIAG managt die Staatsbeteiligungen an Unternehmen wie der Telekom Austria, Voestalpine, der Fluglinie AUA oder dem Erdöl- und Erdgaskonzern OMV. Rauch war im ÖIAG-Aufsichtsrat für Fluglinien zuständig. Das Ende der Rheintalflug als eigenständige Marke konnte er jedoch nicht verhindern.

Wiener Immobilienfirmen und ein Schigebiet
Die branchenfremden Engagements der Brüder Rauch beschränken sich größtenteils auf die Tätigkeit als Aufsichtsräte. Doch es gibt ein paar Ausnahmen: So ist der Fruchtsafthersteller auch Mitbesitzer eines Schigebiets, denn die Rauch Fruchtsäfte GmbH ist mit 33,6 Prozent der mit Abstand größte Gesellschafter der Sonnenkopfbahn GmbH im Vorarlberger Klostertal. Diese Gesellschaft wiederum ist mit 50 Prozent an den Klostertaler Bergbahnen beteiligt, die das Schigebiet Sonnenkopf betreiben.

Ein weiteres Engagement von Franz und Roman Rauch liegt dort, wo man nicht mehr Schifahren kann, nämlich am anderen Ende der Republik in Wien. In der Bundeshauptstadt besitzen die Brüder mit prominenten Vertretern der österreichischen Wirtschaft mehrere Immobilienfirmen wie die Mc Beth-, die Mc Mahon- und die Kiranda Immobilienverwertung GmbH. Zu den Miteigentümern zählen Guido Schmidt-Chiari, der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Creditanstalt, sowie Luis und Hans Drexel, deren Familie den österreichischen Handelsriesen Spar mitbegründet hat. Die Herren Drexel sowie Franz und Roman Rauch sind zwar in der Zwischenzeit als persönliche Gesellschafter dieser Gesellschaften ausgeschieden. Dafür treten jetzt mehrere Privatstiftungen als Eigentümer auf, die ihre Begünstigten nicht preisgeben. Eine davon ist die Rätikon-Privatstiftung. Ihre Geschäftsanschrift: Fohrenburgstraße 4 in Bludenz, dem Standort der 1998 von Rauch übernommenen Fohrenburg-Brauerei.

Der begeisterte Jäger
Bei soviel Geschäft bleibt nur wenig Zeit für Erholung und Freizeit. Ein Steckenpferd hat sich Franz Rauch aber seit langem bewahrt: Der begeisterte Jäger ist Jagdpächter im Laternsertal bei Rankweil. Doch die Jagdpacht ist auch bei dieser Leidenschaft nicht der einzige Nebenjob: Franz Rauch ist nämlich seit mehreren Jahren Landesjägermeister-Stellvertreter in Vorarlberg. (gübi)
     
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